Gate-Adressen
Photos: Bei allen Bildern handelt es sich um Screenshots aus der Serie "Stargate Universe."
Totgesagte leben länger: Nach unzähligen Staffeln "Stargate SG-1" und "Atlantis" kommt mit dem Raumschiffabenteuer im weiten Universum der dritte Aufguß des Erfolgsrezepts. Chris Haderer weiß, was Sie ab Februar auch auf RTL2 erwartet. 13.01.2010
Wenn es eine Science-Fiction-Serie gibt, die es mit dem "Star Trek"-Multiversum aufnehmen kann, dann ist es "Stargate". Die auf den Kinofilm von Roland Emmerich aus dem Jahr 1994 folgende Stammserie "Stargate SG-1" brachte es in den Jahren 1997 bis 2006 auf immerhin zehn Staffeln und 214 Episoden - im Gegensatz zum Raumschiff Enterprise, das zwischen 1966 und 1969 "nur" 79 Folgen in drei Staffeln einflog. Ungeschlagen ist "Star Trek" lediglich bei den Spin-off-Serien und den darauffolgenden Kinofilmen. Hier hat "Stargate" derzeit nur zwei Fernsehfilme ("Stargate: The Ark of Truth" und "Stargate Continuum") vorzuweisen. Dazu kommen noch fünf Staffeln der eher Fantasy-orientierten Serie "Stargate Atlantis", die es zwischen 2004 und 2008 auf 100 Episoden in fünf Staffeln brachte, sowie die neue, vor einigen Monaten in den USA gestartete Reinkarnation "Stargate Universe" (die nach zehn Episoden zur Zeit bis April ein Mid-season-Nickerchen hält).
Anders als in den beiden Vorläufern geht es in "SGU" nicht ums unerschrockene Entdecken, sondern um das nackte Überleben. Dementsprechend düster ist die Stimmung der ersten sechs Episoden. Sie erinnert ein bißchen an "Firefly", mehr aber noch an das Serien-Remake von "Battlestar Galactica". Bei aller Liebe zum Realismus gelingt es den Produzenten Brad Wright und Robert C. Cooper aber, den Bogen nicht zu überspannen: "SGU" ist eine "dunkle" Serie, vermeidet jedoch Trostlosigkeit und ist daher massentauglicher als "Galactica".
Kameraführung, Licht und ein bisweilen etwas in die Länge gezogener Hang zum Dramatischen distanzieren den neuen Ableger von seinen Eltern. Die Charaktere sind zwar recht bunt und breitenwirksam zusammengewürfelt, haben aber etwas gemeinsam: keiner fühlt sich zum Helden geboren, und jeder hat eine (bislang nur angedeutete) Geschichte und und jede Menge Wehwehchen (vermutlich eine typische Krankheit der ersten Season). Außerdem erleben wir erstmals im Stargate-Universum "Beinahe-Sex-Szenen" - was genauso ungewöhnlich ist wie der zugegeben etwas entmutigende Ausgangspunkt am Ende der dreiteiligen Pilotfolge: An Bord eines alten Antiker-Raumschiffes gefangen, entfernt sich eine Gruppe von Menschen immer weiter von der Erde, ohne Möglichkeit zur Rückkehr.
Das Setup: Eli (David Blue), ein junger Computerfreak, erzielt bei einem Online-Game den Highscore. Daraufhin tauchen General O´Neil (Richard Dean Anderson) und Dr. Rush (Robert Carlyle) bei ihm auf und bitten ihn um Mitarbeit. Das Game war darauf ausgerichtet, Talente beim Entziffern der Antiker-Sprache sowie bei deren technischer Umsetzung zu erkennen. Eli wird mit der "Hammond" zu einem 27 Lichtjahre entfernten Stützpunkt gebracht. Dort soll er Rush dabei unterstützen, mit einem speziellen Stargate eine aus neun Cheffrons bestehende Gate-Adresse aus der Antiker-Datenbank anzuwählen (Gate-Adressen bestehen bei Stargate aus sieben Cheffrons; die Pegasus-Galaxis in "Atlantis" hatte eine achtstellige Adresse). Durch seine Lage auf einem speziellen Planeten handelt es sich um das einzige Stargate in der Galaxis, das genug Energie zum Anwählen eines neunten Cheffrons aufbringen kann. Das Experiment gelingt erst beim zweiten Anlauf, als der Stützpunkt gerade unter Beschuß steht (vermutlich von der Lucian Aliance, einer Gruppe von Schmugglern und Söldnern, die mit gekaperten Goa´uld-Raumschiffen auf Tour ist).
Als sich die "Hammond" der Übermacht beugen muß und der Planet kurz vor der Explosion steht, flüchtet die Besatzung des Stützpunkts zusammen mit diplomatischen Besuchern durch das Stargate. Allerdings hat Rush die Zielprogrammierung geändert und statt der Erde die ominöse Antiker-Adresse eingegeben. Dadurch erreichen die Flüchtenden keinen Planeten, sondern - wie sich herausstellt - das unbemannte Antiker-Raumschiff "Destiny." Vor Tausenden von Jahren gestartet, ist es mehrere Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt und katalogisiert die Welten entlang seiner Flugbahn. Das Stargate-Team hat weder die Möglichkeit, die vorgegebene Programmierung zu ändern, noch durch das Gate zur Erde zurückzukehren. Und die Zeit wird knapp: Da die "Destiny" nicht für eine Besatzung gebaut wurde, fehlen dem Lebenserhaltungssystem die notwendigen Ressourcen. Als Gaststar mit an Bord - allerdings nicht an Bord des Schiffs, sondern als Mitglied des Stargate-Kommandos auf der Erde - ist Lou Diamond Phillips, der nicht immer als Sympathieträger durch die Handlung schreitet. Aber in "Stargate Universe" ist vieles nicht so, wie es auf den ersten Blick scheint.
In den ersten Folgen von "SGU" steht das Überleben der neuen "Destiny"-Besatzung im Vordergrund. Immer, wenn ein Planet in Reichweite kommt, aktiviert die Steuerung des Raumschiffs das Stargate. Dem Team bleiben dann ein paar Stunden, um auf der jeweiligen Welt nach Ressourcen zu suchen. Ähnlich elementar wie die Umgebung ist auch die Titelgebung der ersten Episoden: "Air", "Darkness", "Light" und "Water" geben den Handlungsfaden vor, der zwar aus in sich abgeschlossenen Einzelfolgen besteht, die jedoch nahtlos aufeinanderfolgen. "Another bad day for us", sagt Colonel Everett Young (Louis Ferreira). Wer auf einem intergalaktischen Forschungskreuzer eingesperrt ist, der mit Überlichtgeschwindigkeit ins Nirgendwo fliegt, hat halt keine besonders guten Karten.
Von der Timeline her ist "SGU" nach den beiden anderen Serien und den TV-Filmen angesiedelt. Dafür sprechen mehrere Indizien. So heißt beispielsweise das Erdschiff, mit dem Eli zum Stützpunktplaneten gebracht wird, "Hammond." In der "SG-1"-Serie hieß der Befehlshaber des Stargate Centers General George Hammond (Don S. Davis). In der letzten Folge von "Atlantis" ("Enemy at the Gates") wiederum erzählt Carter (Amanda Tapping) davon, daß Hammond an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben sei und man ein soeben fertiggestelltes Raumschiff nach ihm benannt habe. Zweites Indiz: Auch wenn die Rolle von O´Neil nicht wirklich klar wird - er ist die Dienstleiter nach oben gefallen und agiert nun als Drei-Sterne-General. Allerdings ist er nicht mehr im Stargate-Center im Cheyenne Mountain Complex tätig, sondern im Pentagon. Darüber hinaus ist weder von einer Bedrohung durch die Ori die Rede (die ohnehin schon im TV-Film "The Ark of Truth" beseitigt wurde) noch von den Wraith oder der aus einem Paralleluniversum in die hiesige Pegasus-Galaxis gefunkten Position der Erde (wie es in "Las Vegas", der vorletzten Atlantis-Episode, geschah). Auch der Verbleib der zur Erde heimgekehrten Stadt Atlantis wird in "SGU" nicht angesprochen - er wird vermutlich im angekündigten TV-Film "Stargate Extinction" geklärt.
Wie es in einer ersten Season meist der Fall ist, müssen sich die Zuschauer mit den Darstellern erst anfreunden, wobei die Rollen noch nicht wirklich gefestigt sind und die Charaktere zum Teil wie rudimentäre Golems durchs Dekor laufen. Das Zielpublikum muß neu definiert werden, da die üblichen Stargate-Verdächtigen "SGU" wegen des düsteren Untertons und der relativ humorlosen Machart nicht zwangsläufig mögen werden. Die Produktion an sich wirkt, als wäre sie mit einem ordentlichen Budget ausgestattet, und der Rahmen birgt tatsächlich viel Platz für neue Ideen. Von daher ist auch ein Vergleich mit "Babylon 5" zulässig. Auch die von Michael Strazynski erdachte Serie versuchte die Grenzen des Genres auszuloten - und ist darüber hinaus ein leuchtendes Beispiel für eine gelungene Filmsprache. Das ist die Richtung, in die auch "SGU" gehen will, so es der Serie gelingt, eine eigene Identität zu entwickeln, bevor sie langweilig wird. Doch auch die ersten Staffeln von "SG-1" und "Atlantis" waren keine reinen Stimmungskanonen, ebensowenig wie "Star Trek: The Next Generation" oder "Star Trek: Voyager."
Nach den ersten zehn Folgen von "SGU" steht die neue Crew der "Destiny" so gut wie am Anfang. Einige der Systeme des Antiker-Schiffs können kontrolliert werden (darunter auch ein Shuttle für lauschige Ausflüge in die nähere Umgebung); daß die Reise aber immer weiter von zu Hause wegführt, ist nicht zu ändern. Völlig von der Erde abgeschnitten ist die unfreiwillige Besatzung allerdings nicht: Schon recht bald entdeckt Dr. Rush ein Antiker-Kommunikationsmittel, mit dem die Passagiere Menschen auf der Erde psychisch "übernehmen" können - und umgekehrt (das Antiker-Handy kam bereits in "SG-1" im Ori-Zyklus zum Einsatz). Prompt entwickeln sich dadurch jede Menge Intrigen, da die Stargate-Offiziere auf der Erde andere Pläne mit der "Destiny "haben als deren neue Besatzung. Am Ende der zehnten Folge kommt es zur ersten großen Konfrontation, und Rush wird von Young allein auf einem fremden Planeten zurückgelassen, während das Alien-Schiff bereits Kurs auf ein neues Ziel genommen hat.
Die Galaxis ist nicht genug - und wie es Mitte der ersten Season aussieht, befindet sich die "Destiny" auf Erfolgskurs. In den USA starten mit Anfang April weitere zehn Folgen der ersten Season; für eine zweite Season wurde bereits grünes Licht gegeben. Im deutschsprachigen Raum wird "SGU" ab Februar vom Privatsender RTL2 ausgestrahlt. Ob die Serie das "SG-1"- und "Atlantis"-Stammpublikum erreichen wird, ist allerdings fraglich und wird nicht zuletzt von einer einigermaßen vernünftigen Synchronisation abhängen. Der düstere Grundtenor, in dem sich Wortwitz und Humor respektvoll im Hintergrund halten, muß sich erst durchsetzen - allerdings ist "SGU" auch das erste vom Kern der Serie fast unabhängige Spin-off.
Bleibt zu hoffen, daß die Kinderkrankheiten jeder Serie schnell auskuriert sind und die Drehbuchautoren nicht mit abgedroschenen Lösungen (wie Wundern, außerirdischen Interventionen oder sonstigem Telenovela-Kitsch) auffahren. Obwohl - das wird vermutlich nicht geschehen, da sich "Star Gate Universe" im Gegensatz zu den anderen Serien viel zu ernst nimmt. Ein bißchen will sie sein wie das wirkliche Leben, in dem die Guten nicht nur gut und die Bösen nicht nur böse sind ...
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Kommentare_
Nun, da darf man ja gespannt sein. "Stargate", in seiner billigen Machart durchaus charmant, könnte wieder etwas mehr Tempo vertragen. Der ironisch-amüsanteste Charakter ist schließlich ausgerechnet der stets kühle Colonel O'Neill (wenngleich ich ihn immer noch als "McGyver" sehe .... ach ja, die Jugend).
Daß es "Stargate" als einzige mit "Star Trek" aufnehmen könnte, darf allerdings nicht unwidersprochen bleiben.
Leztere verhungerte in "The Next Generation" trotz eines tadellosen Starts (und des hervorragenden Captain Jean-Luc Picard) letztlich als Nachmittags-Psychoratgeber für Hausfrauen (schiache Weiber und depperte Kinder - was, zum Teufel, hat das auf der Enterprise verloren?! Schlimm genug, daß derlei Gezücht im brunzlangweiligen "Raumschiff Voyager" sein Unwesen trieb. Ewig schade, daß der letzten "Enterprise" das Geld ausging: für den ekelhaften Hund von Captain Jonathan Archer entschädigten T'Pols Dutteln jederzeit - den witzigen Dr. Phlox nicht zu vergessen; und die Handlung spielte herrlich absurde Stückeln).
Als würdigere Konkurrenz zu "Star Trek" sehe ich "Andromeda" (ist ja auch auf Roddenberrys Mist gewachsen); aber das ist den Meisten wohl zu komplex. Gar nicht erst zu reden vom grandiosen "Lexx - The Dark Zone" .... das spielt jedoch in einer anderen Liga.
Mit freundlichen Grüßen
Alban Sturm
Um Mißverständnissen vorzubeugen: mit "ekelhaftem Hund" meinte ich oben selbstverständlich nicht den von Scott Bakula sympathisch und glaubwürdig verkörperten Captain, sondern jenen käsefressenden Pinschpudeldackel, dessen Ausdünstungen selbst die vulkanische Subkommandrice die Contenance verlieren lassen.
Alban Sturm
@Alban Sturm: Sie sollten mehr an die frische Luft gehen...
Als Sci-Fi-Dauerseher (wer frische Luft will, macht dabei das Fenster auf) fühlte ich mich nach Andromeda und Stargate stets wie nach jenem Whopper, den ich nach langem Transport vor dem Verzehr in der Mikrowelle aufgewärmt, dort vergessen und dann letztlich dann doch erkaltet verzehrt habe.
Keine Frage, Stargate und Andromeda haben immerhin den schon erwähnten Charme des billigen. Die Serien sind trotzdem schwer auszuhalten und man muss schon schwer SF-abhängig sein, um sich diesen durch und durch unglaubwürdigen Mist zu drücken. Gerade Andromeda „komplex“ zu nennen ist in etwa so, als würde man Twitter für einen philosophischen Diskurs halten. Kevin Sorbo ist nun sicher kein Klaus Maria Brandauer, aber im Vergleich zum Drehbuch und Dialog-Niveau bietet er Marlon Brando. Die einzig interessanten Figuren waren Rem Bev und Trance Gemini, und aus denen machte man wenig bis nichts. Und, okay, die blonde Prügelmieze war ganz nett anzusehen. Zugebeben also, die Serie war nicht völlig mies … aber es bleibt ein Stoff, den man sich nur reinziehen kann, wenn man Grippekrank im Bett liegt und die Dilithium-Kristalle des Denkens auf 20 Prozent gesunken sind. Und erst, wenn man Andromeda durch hat und immer noch krank ist, dann kommt Stargate in Frage.
Eine wahre Unverschämtheit ist es, in diesem Zusammenhang auf „Firefly“ zu verweisen, einem Lichtblick inmitten protoplasmatischer Einheitsbreie. Richtig gut wird ja auch Firefly dank teils schlechter Besetzung leider nie, aber im Vergleich ist es mutig und innovativ, wenn auch freilich nicht so mutig wie das stellenweise leider abgrundtief trashige „Lexx“, das es bereits nach der Miniserie verdient hätte, von fähigeren Regisseuren mit etwas mehr Budget fortgesetzt zu werden. Diese PAL-Bluescreen-Videotricks aus der Mottenkiste: würg! Man darf hoffen, dass einer, der wirklich was von Düsternis versteht, diesen teilvisionären Schund irgendwann auf eine neue Ebene hebt. Aber ich fürchte, dass passiert nur in der Dark Zone.
Über was könnte ich noch ungefragt meinen Kommentar streuen? Mir fällt nichts mehr ein. Ich werde also mal SGU austesten. Und wehe, das hat keinen Taug, dann komm ich wieder!