Stories_Rokko´s Adventures im EVOLVER #74
The answer, my friend ...
Welches Geheimnis sich hinter den Geschehnissen auf der Skinwalker Ranch im Bundesstaat Utah verbirgt, werden wir wohl nie erfahren. Daniel Krčál hat es jedoch keine Ruhe gelassen - und so ging er für Team Rokko auf Forschungsreise in Sachen Skinwalker: Mythen, Verschwörungen und Fakten.
29.08.2014
Rokko´s Adventures ist - so steht es im Impressum - eine "unabhängige, überparteiliche sowie übermenschliche Publikation" und "setzt sich mit Leben, Kunst, Musik und Literatur auseinander". Der EVOLVER präsentiert (mit freundlicher Genehmigung) in regelmäßigen Abständen ausgewählte Beiträge.
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Verfluchtes indianisches Land, eine Ranch, die ihre Besitzer durch allerlei Spuk fast in den Wahnsinn treibt, und eine mysteriöser Milliardär, der UFO-Technologie an sich reißen will. Willkommen am zur Zeit wahrscheinlich berühmtesten paranormalen Hotspot der Welt: der Skinwalker Ranch. Lesen Sie hier den ersten Teil.
Die Gormans gibt es wirklich und sie heißen Shermans. Die NIDS-Wissenschaftler sind im großen und ganzen die üblichen Verdächtigen, wenn es um die Erforschung des Übersinnlichen geht - etwa der legendäre UFO-Forscher Jacques Vallée, der bestätigt, daß unerklärliche Dinge geschahen, sich aber sonst strikt an Bigelows Schweigepakt hält. Gleich vier der Involvierten sind dafür bekannt, maßgebliche Akteure bei geheimdienstlichen und militärischen Programmen zur Nutzbarmachung paranormaler Phänomene gewesen zu sein: Christopher Kit Green, Eric Davis, Harold E. Puthoff und John B. Alexander (dessen Geschichte im Film "Männer, die auf Ziegen starren" erzählt wird). Davis bestätigt die telepathische Attacke. Er sei mit all seinen Sinnen wie eingefroren gewesen, während aus dem Nebel, den er als multiple Intelligenz empfunden habe, eine Vielzahl an Stimmen in seinen Kopf gedrungen sei. Alexander geht in seinem 2011 erschienen Buch "UFOs - Myths, Conspiracies and Realities" auf die Skinwalker Ranch ein und verrät zwei interessante Details zum Kamera-Vorfall. Auf den Bändern, die den Vorfall hätten zeigen müssen, sind Kühe zu sehen, die unaufgeregt weitergrasen, was dafür spricht, daß tatsächlich niemand zugegen ist. Andererseits ergaben die Untersuchungen, daß die Kabel mit einem rostigen Gegenstand zerschnitten wurden, was wiederum menschlich klingt. Doch im Bruchteil einer Sekunde und ohne gefilmt zu werden?
Ein Buch, auf das sich "Hunt For The Skinwalker" bei der Beschreibung von Utah als UFO-Hotspot bezieht, ist das 1974 erschienene "The Utah UFO Display" von Frank B. Salisbury. In Utah, so sagt man, habe mindestens die Hälfte der Bevölkerung schon ein UFO-Erlebnis gehabt; selbst in den Berichten der spanischen Eroberer gibt es UFO-Beschreibungen. Doch darüber geredet wird in dem mormonisch geprägten Land höchstens hinter vorgehaltener Hand. Dem Lehrer Joseph Junior Hicks gelang es kraft seiner lokalen Eingebundenheit, dennoch viele zu einer Aussage zu bewegen. Mehr als 400 Fälle hat Salisbury für sein Buch aufgegriffen und erweitert. In der Neuauflage von 2010 fügte er ein Kapitel hinzu, in dem er der Faktenlage rund um die Skinwalker Ranch nachgeht. Nicht alles, was in "Hunt For The Skinwalker" steht, scheint ganz korrekt zu sein.
So wird behauptet, die Ranch sei jahrelang unbewohnt und noch länger schon allseits bekannter Hotspot gewesen. Auch seien alle Fenster und Türen des Wohnhauses mit massiven Schlössern abgesichert und dicke Hundeketten bei den Eingängen angebracht gewesen. Außerdem habe der Mietvertrag einen obskuren Grabeverbot-Passus beinhaltet; und tatsächlich, immer wieder, so behauptet das Buch, seien bei Arbeiten im Erdreich paranormale Aktivitäten getriggert worden. Der Schwager der Vorbesitzerin, Garth Myers, widerspricht alldem. Bis zuletzt habe seine Schwägerin dort gewohnt und nur einen dreibeinigen Hund gehabt. Nie habe sie - oder zu Lebzeiten ihr Mann Kenneth - ihm auch nur andeutungsweise von seltsamen Erlebnissen berichtet. Und im Mietvertrag seien bloß Ölrechte geregelt gewesen. Allerdings, räumt Salisbury ein, ist Myers ein Skeptiker, der alles, was mit UFOs oder Paranormalem zu tun hat, rigoros ablehnt, und es könnte immerhin sein, daß ihm genau deswegen nie etwas erzählt wurde.
Salisbury gelingt auch ein kurzes telefonisches Interview mit dem medienscheuen Terry Sherman. Bezüglich der Vorgeschichte der Ranch bestätigt dieser Garth Myers Version. Außerdem habe er bis zu dessen Erscheinen nichts vom Buch gewußt, George Knapp habe ihn nur einmal kurz angerufen, aber keine weiterführenden Fragen gestellt. Grundsätzlich stimme aber, was im Buch steht, wenn auch manche Ereignisse recht verfremdet dargestellt und andere wieder komplett weggelassen worden seien. Daß ihm auch Nachbarn von außersinnlichen Erlebnissen erzählt hätten, bestätigt Tom.
Einer dieser Nachbarn ist John Garcia, in "Hunt For The Skinwalker" Mr. Gonzales genannt. Seit den 1970ern ortsansässig, will er schon Seltsames gesehen haben, als noch die Myers auf der Ranch lebten ( etwa ein hausgroßes UFO), glaubt aber nicht, daß diese davon etwas mitbekommen hätten. Charles Winn, ein anderer Nachbar, erzählt Salisbury, daß ihn 1997 - also, als NIDS schon involviert war - eines Nachts ein lautloser Lichtball gejagt habe. Er habe sich nur durch einen Sprung in den Wassergraben retten können, und dann sei das Licht direkt auf einen Felsen zugeflogen und habe sich, gleich einem Hologramm, in Luft aufgelöst. Ihm zufolge habe Kenneth Myers tatsächlich immer wieder bekundet, daß man nicht zu tief graben dürfe, weil sonst üble Dinge geschähen. Und daß weiß-blaue Lichter in seine Schränke hineinfliegen würden, weswegen er extra Schlösser montiert habe.
Es gibt aber auch noch andere, die sich abseits von Robert Bigelows Einfluß der Erforschung von Ranch und Umgebung verschrieben haben.
Christopher O´Brien kannte den Fall noch vor NIDS und beanstandet chronologische Fehler in "Hunt For The Skinwalker". Er hat schon Paranormales rund um die Ranch erlebt - Orbs oder versagende Elektrogeräte beispielsweise.
Ryan Burns vermutet, daß die paranormale Aktivität durch geologische Besonderheiten (beispielsweise das weltweit einzige Vorkommen natürlichen Gilsonits) und Hochspannungsleitungen, die direkt neben der Ranch verlaufen, verstärkt wird. Er selbst habe schon einmal einen Riesenwolf beobachtet, der sich in eine Hyäne verwandelt hat. In der Gegend gebe es alte indianische Petroglyphen, die UFOs zeigen. Orbs seien den Bewohnern seit jeher als ghost lights bekannt. Es gebe auch Sichtungen von klassischen Aliens, und J. Allen Hynek habe in der Region für das "Project Blue Book" Entführungen durch Außerirdische untersucht. Schwarze Fluggefährte - Dreiecke, Helikopter und eine Art bodenabsuchende Drohne - würden ständig gesichtet; seiner Meinung nach ein Zeichen für militärische Aktivitäten. Außerdem würden, dem Beispiel Bigelows folgend, jede Menge Privatleute weitere Ranches als vermeintliche Hotspots aufkaufen, deren bewaffnete Securities wahllos Autofahrer anhielten und bedrohten. Burns Beobachtungen von seltsamen Tieffliegern und dubiosen Privatarmeen könnten aber natürlich auch auf Drogengeschäfte hinweisen; immerhin gibt es in "Hunt For The Skinwalker" eine kurze Erwähnung regen Schmuggelflugverkehrs. Ganz aktuell ist es Burns gelungen, das immer wieder auftretende Tunnelphänomen mitsamt daraus herausfliegenden Lichtern zu filmen (auf YouTube unter "Skinwalker Ridge portal" zu finden).
Ryan Skinner war einmal mit einer Gruppe in Richtung Ranch unterwegs, als sie die Lichter eines Polizeiautos sahen und eine roboterartige, fremdsprachige Stimme hörten. Doch das vermeintliche Vehikel verschwand plötzlich lautlos und hinterließ keine Reifenspuren, nichts. Ein anderes Mal sei ein Orb wenige Meter vor ihm gelandet und daneben wie aus dem Nichts ein Wolf aufgetaucht. Skinner vermutet, daß irgendetwas die Angst der Menschen aberntet.
Dann gibt es die Aussagen eines sich Chip nennenden anonymen Zeugen. Er hat angeblich 2009, also lange nach dem offiziellen Ende der Untersuchungen, als Teil eines ca. 60 Leute starken Teams als Security auf der Ranch gearbeitet. Er habe sich gewundert, warum die Securities Waffen tragen mußten, denn unliebsame Besucher - meist wagemutige Teenager - hätte man auch so vertreiben können. Immer wieder hätten sich die Wachhunde grundlos verängstigt und unterwürfig auf den Boden gelegt, und wenn er dann Fotos geschossen habe, seien Orbs darauf zu erkennen gewesen. Einmal habe sich sein Radio im abgesteckten und batterielosen Zustand eingeschaltet. Er habe einen Trupp recht unmotivierter Wissenschaftler auf der Ranch gesehen und dann wieder Gerüchte gehört, daß hohe Militärs zur Besichtigung dagewesen und durch irgendetwas dermaßen erschreckt worden seien, daß sie nicht wiederkamen. Er habe sich wie ein Versuchskaninchen gefühlt; Bluttests und MRI-Scans seien gemacht worden, ohne daß den Betroffenen die Ergebnisse gezeigt wurden. 2010 seien alle wieder entlassen worden, das Gehalt sei von der NSA gekommen. Sind Chips Behauptungen, sofern sie stimmen, ein Hinweis auf eine geheimdienstlich unterstützte Neuuntersuchung der Ranch?
Der Physiker Jack Sarfatti ist für die Verbreitung eines Gerüchts verantwortlich, wonach ein Kampf zwischen Bigelows Sicherheitsleuten und Außerirdischen stattgefunden hätte, bei dem mindestens zwei Menschen umgekommen seien. Erfahren hat er dies von der esoterischen Hobby-Ägyptologin Antoine Gigal, die wiederum Jacques Vallée als ihre Quelle angibt. Dessenungeachtet, daß Vallée dies längst dementiert hat, ist die Geschichte nicht aus der Welt zu bekommen und Teil eines der vorläufig letzten Kapitel, die zu dem Thema geschrieben wurden: einer im Dezember 2012 ausgestrahlten Folge von Jesse Venturas investigativer Serie "Conspiracy Theory".
Darin läßt sich der Ex-Wrestler und Ex-Gouverneur von Minnesota von gruselsüchtigen Verschwörungstheoretikern - wie dem rechtskatholischen Paranoia-Bulldozer Alex Jones - auf ein paar abwegige Fährten führen und konstruiert rund um die Tatsache, daß die USA gerade dabei sind, den Raumfahrtsektor zu privatisieren, schaurige Szenarien, in denen Robert Bigelow mit von Außerirdischen gestohlener Technologie einer bevorstehenden Vernichtung der Erde entkommen will.
Wie auch immer - auch Venturas Team wird bei Dreharbeiten vor Ort mit dem Unerklärlichen konfrontiert. Auf dem Weg zur Ranch dringt eine roboterartige Stimme ins Autoradio und verkündet: "True Evil! Get off! Evil! So Evil!" Die Akkus der Kamera sind plötzlich komplett leer. Als Sean Stone (der Sohn von Oliver Stone) über die Absperrung klettert und das Grundstück betritt, bekommt er eine Art Stromschlag ins Wadenbein. Sean gelingt es auch, einen Orb herbeizumeditieren. Wahre Begebenheiten oder - zumindest zum Teil - Effekthascherei eines Privatsenders? Warum hat Bigelow die Ausstrahlung der Sendung monatelang verhindert?
Das Rätsel Bigelow
Daß Bigelow unter verschwörungstheoretischen Verdacht gerät, hat freilich seinen Grund. Zwar hat er aus seinem - auf eine UFO-Begegnung seiner Großeltern zurückgehenden - Interesse an Grenzwissenschaftlichem nie ein Hehl gemacht, sondern war, ganz im Gegenteil, immer schon dafür bekannt, großzügiger Finanzier von Studien zu UFOs, Entführungen durch Außerirdische und Artverwandtem zu sein. Spätestens seit seinem generösen Einkauf bei MUFON - der größten Gesellschaft zu Erforschung des UFO-Phänomens - aber, der mit einem rigorosen Zurückhalten der gesammelten Daten einherging, sprießen die Gerüchte.
Eines stellt einen Zusammenhang zu seiner Raumfahrtsfirma Bigelow Aerospace her und mutmaßt, Bigelow möchte sich durch UFO-Technologie einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Immerhin hat Bigelow Aerospace als einziges privates Unternehmen bislang Raumstationen im All - und einen Alien als Logo. Gut ins Bild paßt auch, daß die amerikanische Bundesluftfahrtbehörde FAA mittlerweile auch das Sammeln von UFO-Meldungen ausgegliedert hat und seit 2009 Piloten und Flugpersonal, die dergleichen zu berichten haben, auf ihrer Website an BAAS (Bigelow Aerospace Advanced Space Studies), ein Subunternehmen von Bigelow Aerospace, verweist. Was Verschwörungsaffine freilich gerne übersehen: unter anderem auf BAAS verweist. Dann ist sein Unternehmen angeblich das einzige zivile, das bewaffnet in den Weltraum darf. Ist Bigelow Schlüsselfigur bei einer amerikanischen Militarisierung des Weltraums durch private Subunternehmen? Steckt mehr oder etwas ganz anderes dahinter?
Bigelows schon vor längerer Zeit gefaßter Beschluss, sich in Sachen UFOs möglichst wenig zu Wort zu melden, könnte aber freilich auch damit zu tun haben, daß in der von Gerüchten und Halbwahrheiten durwachsenen UFO-Szene kaum lohnende öffentliche Debatten möglich sind. Oder aber er will sich seine bis jetzt gesammelten Beweise durch voreilige Schlüsse nicht zerstören lassen und wirklich erst an die Öffentlichkeit treten, wenn es Hieb- und Stichfestes zu präsentieren gibt. Natürlich ist Schweigen verdächtig, aber es als kleineres Übel hinzunehmen, hat seine Logik - weil jene, die unbedingt nach Verschwörungen gieren, kaum mit Worten zu überzeugen sind. So geschehen nach einem Interview Bigelows mit der New York Times, in dem er wortwörtlich "People have been killed. People have been hurt. It´s more than observational kind of data" sagte, sich auf die legendären Chupa-Chupa-Vorfälle im brasilianischen Colares 1977 bezog, aber Stoff für obenerwähntes Gerücht über Kämpfe auf der Skinwalker Ranch lieferte.
Laut George Knapp war der Hauptgrund für die Veröffentlichung von "Hunt For The Skinwalker", daß man sich Reaktionen und Meldungen von Leuten erhoffte, die von ähnlichen Hotspots wissen. Derlei gibt es angeblich viele. Es bleibt spannend.
Rokko’s Adventures
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