Stories_Rokko´s Adventures im EVOLVER #46
"Es geht buchstäblich um Aufklärung"
Rokko-Recke Daniel Krčál sprach mit der Politikwissenschaftlerin Claudia von Werlhof über die Gefahren des Patriarchats, Verschwörungstheorien und was das Erdbeben in Haiti mit HAARP zu tun hatte.
25.03.2013
Rokko´s Adventures ist - so steht es im Impressum - eine "unabhängige, überparteiliche sowie übermenschliche Publikation" und "setzt sich mit Leben, Kunst, Musik und Literatur auseinander". Der EVOLVER präsentiert (mit freundlicher Genehmigung) in regelmäßigen Abständen ausgewählte Beiträge.
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Dies ist ein Gespräch mit der patriarchatskritischen Politikwissenschaftlerin Claudia von Werlhof, die durch den Wunsch nach Aufklärung der Ursachen des haitianischen Erdbebens und der Erwähnung des geheimnisumwitterten Projekts HAARP in einer etablierten Tageszeitung ebenjene in Harnisch gebracht hatte, die Aufklärung auf ihre programmatischen Fahnen geschrieben haben. Was darauf folgte, war fast schon ein Lehrstück über die diskursive Schieflage zwischen einer vermeintlich liberalen Mainstream-Meinung und ins Verschwörungseck abgeschobenen Gegenentwürfen, bei dem sie in einen Strudel an Unterstellungen und Meinungszuweisungen geriet, ohne jemals eine angemessene Möglichkeit zur Gegendarstellung oder Berichtigung zu erhalten. Grund genug, von Werlhof einen Platz für ihre - zugegeben manchmal sehr streitbare - Sicht der Dinge zu gewähren: über das Totschlagargument Verschwörungstheorie, den militärisch-patriarchalen Mordversuch an Mutter Erde und ihre Mittel und Beweggründe im Kampf dagegen.
Daniel Krčál: Mit Ihrer Erwähnung des HAARP-Projekts in Zusammenhang mit dem Erdbeben in Haiti in einem Interview mit der Tageszeitung "Der Standard" im Februar dieses Jahres [2010] sind Sie in ein ungewöhnlich heftiges Kreuzfeuer der Kritik geraten. Hatten Sie mit einem derartigen Echo gerechnet?
Claudia Von Werlhof: Als ich die ganz kurze Version des viel längeren Interviews mit dem Standard bekam, die veröffentlicht werden sollte, habe ich einen Moment gezögert, weil ich mir dachte, daß das schwierig werden könnte. Aber ich habe mich entschlossen, es drinzulassen, weil ich hoffte, daß die Menschen in Haiti dadurch über diese Diskussion erfahren und eigene Nachforschungen anstellen würden. Dafür fühlte ich mich irgendwie verantwortlich. Denn ich fand den Gedanken unerträglich, daß dieses Erdbeben ein künstlich produziertes gewesen sein könnte, was ja zwischen Venezuela und Rußland offen behauptet wurde. Da gab und gibt es immer noch Aufklärungsbedarf, denn daß künstliche Erdbeben technisch möglich sind, wußte ich damals schon, kannte aber noch gar nicht die eigentlichen HAARP-Methoden im Bereich der Tesla-Technologien, sondern nur die der Erdölindustrie. Ich habe mit Kritik gerechnet, aber nicht mit Rede- und Denkverboten und einer Hetze, wie sie dann stattfanden. Das ist ja etwas anderes.
DK: Wie haben Sie diese Zeit der "Hetze" erlebt und was genau ist da aus Ihrer Sicht geschehen?
CVW: Das Ganze hat ungefähr erstaunliche fünf Wochen gedauert. Erst distanzierte sich mein Institut, das Institut für Politikwissenschaft, von mir, noch dazu in dem reichlich unseriösen science.blogs.de im Internet, und zwar ohne vorher mit mir zu reden. Auch nachher wurde nicht geredet, und zwar bis heute nicht. Dabei fand ich später in einer Ausgabe der Zeitschrift des österreichischen Bundesheeres, Der Soldat, die genau zur selben Zeit erschienen ist, nämlich am 10. Februar 2010, einen Artikel über HAARP, der ähnlich argumentierte. Im April wurde dann noch ein Brief von europäischen Umweltorganisationen an die EU-Außenministerin Catherine Ashton öffentlich, in dem ihr dieselben Fragen gestellt wurden. Ich war also alles andere als allein mit meinen Bedenken. Außerdem haben wir am Institut Sicherheits- und Ost-Experten, die eigentlich viel mehr über das alles hätten wissen müssen als ich. Die sagten aber keinen Piep. Das heißt, hier ging es nicht wirklich um die Sache selber, also um Wissenschaft, sondern um Politik, und zwar eine, die darin bestand, sich öffentlich von mir zu distanzieren. Warum dies für das Institut offenbar nötig war, weiß ich immer noch nicht. Als Einzelwissenschaftlerin steht es mir doch frei, Fragen zu stellen, die sonst in meinem Umfeld niemand stellt, auch dann, wenn ich sie selbst nicht beantworten kann.
DK: Auch von den Medien wurden Sie ja angegriffen, wobei interessanterweise nicht auf inhaltlicher Ebene, sondern eher auf der Ebene der persönlichen Diffamierung argumentiert wurde.
CVW: Wir, also meine Forschungsgruppe und ich, hatten dann Anfang März an der Universität Innsbruck eine lange vorbereitete Tagung zum Thema "Wege in eine neue Zivilisation", die trotz des inzwischen laufenden Rummels im Internet und an der Universität keinerlei Beachtung in den Medien fand. Ganz im Gegenteil, gleich danach begann eine vollkommen überraschende zweite Welle von Angriffen seitens der österreichischen Printmedien: sie schrieben auf einmal unisono, ich hätte behauptet, das US-Militär hätte tatsächlich Haiti mit einem Erdbeben zerstört. Das war natürlich unwahr und ein Angriff ad hominem, wie mein Anwalt das nannte, denn so etwas konnte ich ja gar nicht wissen. Ich hatte lediglich auf die Debatte dazu verwiesen.
Hier ging es also um eine gefährliche Steigerung der Vorwürfe, nämlich um meine brutale Ausschaltung als Wissenschaftlerin und Person. Das war weit mehr als eine Diffamierung, sondern sollte mich ein für allemal aus dem Verkehr ziehen und mir einen richtigen, dauerhaften Schaden zufügen. Selbst Der Standard behauptete das, obwohl es seinem Interview mit mir widersprach. Meine Versuche, bei den Medien eine Zurücknahme dieser Lüge zu erreichen, waren erfolglos. Man war nicht zu erreichen, und im Falle von austriantimes.at wurde mir sogar gesagt, man wisse, daß das nicht stimmt, fuhr aber zwei Wochen lang weiter damit fort, diese Falschmeldung zu verbreiten. Das sah ganz nach einer von oben gesteuerten Kampagne aus und nicht gerade nach Pressefreiheit! Die angloamerikanische Zeitschrift CNS (Capitalism-Nature-Socialism) hat den Fall inzwischen unter dem Titel einer "organized hysteria" der "Viennese thought police" - also einer "organisierten Hysterie" seitens der "Wiener Gedankenpolizei" - aufgegriffen. Daneben passierten noch einige andere Dinge, die mir klarmachen sollten, daß es gefährlich sei, sich für die Wahrheit zu interessieren und man davon lieber die Finger lassen sollte. Das Ganze hat mir gezeigt, daß es auch in Österreich einen gesellschaftlichen Untergrund gibt, der jenseits der Demokratie operiert und dafür sorgen soll, daß Dinge abseits des Mainstreams nicht öffentlich gemacht werden.
DK: Sie bekamen im weiteren Verlauf doch aber auch jede Menge Unterstützung.
CVW: Nach den Schrecken, die mir widerfuhren und mich vorübergehend krank machten, habe ich vor allem darüber nachgedacht, was das alles bedeutete, und bin am Ende zu dem Ergebnis gekommen, daß ich nur als eine Art Buh-Frau und "Hexe" konstruiert und vorgeschoben wurde, um hinter dem angeblichen Skandal meiner Fragen ganz andere Dinge zu verbergen.
Inzwischen hatte mich nämlich die Wut gepackt, und ich beschloß, der Sache mit Haiti und HAARP auf den Grund zu gehen. Dabei geriet ich an Dr. Rosalie Bertell, eine amerikanisch-kanadische Naturwissenschaftlerin, die 1986 für eine Arbeit über die gesundheitlichen Gefahren atomarer Verseuchung den Alternativen Nobelpreis erhalten hatte, und danach ein weitgehend unbekannt gebliebenes Buch über die Entwicklung von nicht-atomaren Massenvernichtungs- und Militärtechnologien in Ost und West nach dem 2. Weltkrieg geschrieben hatte (Rosalie Bertell: "Planet Earth. The Latest Weapon of War", London 2000). Sie schickte mir das Buch, in dem unter anderem die Entwicklungen von Erdbebenwaffen und noch mehr, nämlich weiteren "Plasma-Waffen, Wetterkriegen und Geo-Engineering" im Detail als Ergebnisse von Experimenten mit künstlich erzeugten, unnatürlich starken elektromagnetischen Wellen und einer dabei erfolgenden "Aufheizung der Ionosphäre", einer oberen Luftschicht um die Erde, nachgezeichnet werden. Zu Haiti erklärte Dr. Bertell, daß man dort zur fraglichen Zeit den berühmten Lichteffekt am Himmel, der die elektromagnetischen Experimente mit der Ionosphäre begleitet, zwar gesehen habe - es sei aber nicht nachweisbar, ob das Phänomen mit dem Erdbeben in Zusammenhang gestanden sei und auch nicht, welche Anlage in welchem Land es eventuell verursacht habe. Denn inzwischen verfügen nicht nur Russen und Amerikaner, sondern auch Puerto Rico, in Europa mindestens Norwegen und vermutlich noch andere Länder über HAARP-ähnliche Anlagen.
Während ich versuchte, Bertells Buch zu lesen und zu verstehen, was mir sehr viel Energie und Mut abverlangte, denn es war kaum zu ertragen, habe ich mich an meine Freunde und Freundinnen, soziale Bewegungen sowie Kolleginnen und Kollegen in aller Welt gewandt. Ihnen habe ich die Fakten vorgelegt, und es entstand eine wunderbare Solidaritätsbewegung von Mexiko bis nach Australien und von Deutschland bis nach Südafrika, die mich öffentlich unterstützte, und das Institut, den Standard und den Rektor meiner Universität mit Briefen und Unterschriftenlisten regelrecht überflutete. Wir, also meine Forschungsgruppe und ich, haben das alles dokumentiert, und Mitte April hat sich dann der Rektor meiner Universität, Prof. Karl-Heinz Töchterle, öffentlich in aller Form hinter mich gestellt und die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit verteidigt sowie meine inhaltliche Arbeit und Fragestellung als berechtigt und untersuchungswürdig befunden! Mein Institut und die österreichischen Medien haben diesen Brief allerdings nicht öffentlich gemacht.
DK: Können Sie ein paar Ihrer Unterstützer nennen?
CVW: Dazu gehörten unter anderem weltweit bekannte Wissenschaftler wie der Soziologe Immanuel Wallerstein von der Yale University in den USA, die indische Physikerin, Umweltaktivistin und Agrarexpertin Dr. Vandana Shiva, Gustavo Esteva, ein enger Freund des inzwischen verstorbenen Ivan Illich und Berater der Zapatistischen Befreiungs-Bewegung in Südmexiko, Corinne Kumar vom "World Courts of Women", Indien/Tunesien, die international bekannte Schriftstellerin Nawal el Saadawi aus Ägypten, der Psychoanalytiker Arno Gruen aus der Schweiz oder der Musiker und Komponist Konstantin Wecker aus München.
DK: Kann der von den Medien kolportierte "moralische Aufschrei", wonach man den USA so etwas - nämlich verdeckte Kriegsführung mit Geheimwaffen, in diesem Fall eben HAARP - nicht unterstellen dürfe, nicht auch damit zu tun haben, daß die westliche Bevölkerung all die ökonomischen Kriege, die zur Erhaltung des westlichen Lebensstils zur Zeit geführt werden, schlicht und einfach verdrängt?
CVW: Was wir von den laufenden Kriegen - es gibt zur Zeit Hunderte von Kriegsschauplätzen weltweit - und den daran Beteiligten wissen, ist scheußlich genug, um jede Illusion über irgendeine Moral oder moralische Grenzen längst verloren zu haben. Das ist nicht erst seit dem Gefängnisskandal Abu-Ghuraib im Irak, sondern schon seit dem Vietnamkrieg so, wenn man in der sogenannten Nachkriegszeit bleiben will. Der angebliche "moralische Aufschrei" ist organisierte Hysterie, um abzulenken von der Normalität, die solche Gewalt längst auszeichnet, und den beinharten ökonomischen und politischen Interessen dahinter. Was die Leute bei uns wirklich denken, weiß ich nicht. Es wäre zu untersuchen. Die meisten sind meiner Erfahrung nach gegen die laufenden Kriege. Was in den Medien steht, hat damit wenig zu tun. Die meisten Medien unterstützen ja die gegenwärtige Politik, wie ich am eigenen Leibe erfahren habe.
Fortsetzung folgt ...
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