Stories_Sommerliche Impressionen
Die Legende von Lust und Leibesfülle
Die Temperaturen steigen, die Hemmschwellen sinken: Ungeniert entblößt die heimische Venus nun, was oft besser verborgengeblieben wäre - nicht nur im Strandbad. 14.07.2010
Der Herr geht gern mit schlanken Frauen aus;
im Bett jedoch bevorzugt er die Dicken ...
So verständlich die Tradierung dieser Sentenz immer sein mag: ich muß Sie enttäuschen, meine wohlgenährten Damen. Hält sich auch in manch archaisch strukturierter Sozietät ein infantiles Schönheitsideal, so wird der Connaisseur Ihnen nur als Kuriosität nahetreten.
Sie zweifeln an meinen Worten? Nun, lassen Sie mich erläutern.
Beginnen wir mit der optischen Attraktion (welche ja im allgemeinen die erste Hürde zur Kontaktaufnahme darstellt).
Im Alltag läßt sich mit passender Kleidung manches camouflieren. Wobei wir hier von jenen Jungfern schweigen wollen, die ihre tätowierten Speckreifen über schiefsitzende Hosenbünde quellen lassen; erwachsene Damen sind sich der wahren Auswirkungen billiger Ernährung immerhin bewußt.
Am Strand oder im öffentlichen Bade jedoch drängen die Massen unerbittlich in den Vordergrund, wie sehr sie auch durch Badeanzüge hochgezäumt werden mögen (Nacktheit zeugte hier, wenn schon nicht von ästhetischer Sensibilität, so doch immerhin von Ehrlichkeit); angesichts mannigfach verschnürter Würste dankt man gewissen Neubürgerinnen gar für das Tragen der Burka.
Vergessen wir vorerst aber die ästhetische Komponente. Amors Pfeil folgt seit Anbeginn der Zeiten der Spur der Pheromone: wo traute Zweisamkeit walten soll, mag das Volumen nebensächlich sein.
Begeben wir uns also auf die Lagerstatt.
In Rückenlage wird deutlich, daß die Pfunde meist ungerecht wuchern; kleinen Brüsten kommt davon nur weniges zugute. Falls doch, gereicht es ihnen selten zum Vorteil: sich fladenartig seitwärts ausbreitend, verlieren sie so sehr an Straffheit, daß selbst das geringfügige Gewicht der Warzen ausreicht, selbige einsinken zu lassen.
Dreht die Dame sich zur Seite, wandert der Blick des Herrn rückenabwärts und findet .... nicht das Gesuchte. Es sind nun einmal die Geschlechtsteile, an welchen die männliche Phantasie am heftigsten entflammt; im Falle Willendorf'scher Rundungen jedoch muß erst manch Kilo Hinterbacke angehoben werden, ehe sich irgendwo im Dunkel ein Schoß erahnen läßt.
Auch in Bauchlage ändert sich nichts daran: das Spreizen der Beine öffnet zwar diverse Falten (zu weißen Streifen, falls unsere Venus sich dem Sonnenbade gewidmet hatte), doch verwehren der Oberschenkel Wülste die längste Zeit beharrlich tieferen Einblick. Gesetzt den Fall, die Cellulite hat noch keine Kraterlandschaften hinterlassen, sucht man der weiblichen Attribute weiter vergeblich: so ausladend das Gesäß vielleicht sein mag, von Taille bleibt keine Spur - der beiderseits herausdrängende Wanst formt den Torso zu einer Halbsäule, welcher es gleichwohl an hellenischer Eleganz mangelt.
Wie? Sie meinen, daß die Haptik einen Zweifler zu überzeugen vermag? Nun denn, schreiten wir frohgemut ans Werk.
Wehe dem, der jetzt nicht mit einem ausladenden Gemächte gesegnet - weit ist der Weg zur geheimen Pforte. Neigt der Argonaut resignierend sein Haupt, ehe er das gold'ne Vlies erreicht, lehnt man sich besser zurück und bittet die Dame zur Fellatio.
Schwer ächzt der Lattenrost, wenn sie auf alle viere sich nun erhebt. Schwingt sie sich seitlich über das ausgestreckte Bein des Mannes, fühlt er dort das Gleiten ihrer Leibesmitte - bene pendens -, einem warmen Sacke gleich. Indes sie nun dem Gebeugten mit Engelszungen zu alter Größe verhilft, bietet sich ein interessantes Schauspiel: von Epidermis und Schwerkraft zu Klöppeln façoniert, schwingen die mammae mit auswärts schielenden Warzen im Gegentakte .... wohlan! Beherzt erklimmt sie seine Hüften, weist den Weg dem Aufrechten mit kundiger Hand.
Die folgenden Exerzitien gemahnen an Szenen aus dem Straßenbau; das Lager erzittert unter rhythmischen Rammstößen. Allein, dem Blicke erschließt sich wenig, so erschütternd das Prozedere auch empfunden wird. Zwar bewirkt das subkutane Beben mannigfaltige Longitudinal- und Transversalwellen, doch öffnet sich nicht die kleinste Lücke zwischen den Liebenden, als flottierte der Holden Knochengerüst fern allen ringsumwallenden Fleisches.
So richtet man sich schließlich auf und transferiert die überwältigende Weiblichkeit in die Horizontale, um in gottgefälligerer Haltung zu missionieren .... doch siehe! Vor den Lohn hat ER den Schweiß gestellt. Den Arm um ihre Hüfte gelegt, die Dame zum Tanze zu geleiten, erkennt man: ein Herakles, wer höfische Volten mit drei Vierteln eines Zentners zu vollführen vermag.
Nehmen wir an, die Manneskraft sei hernach unverdrossen zugange. Nur - wo? Rubens'sche Formen sind, allen Sentenzendichterinnen zum Trotz, fast immer schlicht die Folge körperlicher Trägheit. Eine demgemäß schlaffe Beckenbodenmuskulatur ist schwerlich imstande, den Phallus adäquat seines Weges zu führen. Von den Säften der Liebe umspielt, mäandert unser Iason durch gleichsam unendliche Weiten, welche selbst den Empfindsamen gar wenig zu reizen vermögen.
Wohlan! Unterstützung ist geboten, dem Recken in seinem Blindflug zur Seite zu stehen. So hebt man denn (zum Zwecke optischer Animation) die Lider und sieht - einen wogenden Busen, fürwahr. Leider halten die lipoid gedehnten Warzenhöfe nicht, was sie versprechen: selbst raffinierte Stimulantia zeigen hier wenig kontrahierende Wirkung. Sehnsüchtig schweift das Auge über die hingebettete Grazie; untermalt vom Aufklatschen der Schenkelpaare öffnen und schließen sich mit leisem Schmatzen entlang der folgenden Breitengrade schwingende Kluften, zarte Schweißrinnsale absondernd.
Unterwegs mag man gar - horribile dictu - ein "Nabelpiercing" erblicken, das sich zitternd der Korrosion erwehrt. Einige Wülste weiter südlich präsentiert sich ein gedunsener Venushügel; die Haare lassen sich einzeln abzählen ....
Aber noch ist Rom nicht verloren! Wer kann, lüpft unverzagt der Dame pralle Waden himmelwärts und sucht sein Glück am Hintereingang; findet sich jener schmale Pfad inmitten der mächtigen Berge zur rechten Zeit, mag es dem Erschöpften vergönnt sein, zuletzt das Dichterwort zu vernehmen: "Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt; der weite Weg entschuldigt Euer Säumen".
Gemach. Dies sei kein Plädoyer für jene Gespenstheuschrecken, wie sie etwa von homosexuellen Modeschöpfern vorzugsweise auf die Laufstege geschickt werden. Sorgen Diäten aus Salat, Heroin und Mineralwasser auch zweifellos für eine schlanke Taille, möchte sich doch kaum ein Mann wiederholt an den spitzen Hüftknochen anorektischer Hysterikerinnen blaue Flecken holen - welche unantastbaren Kunstprodukte auch immer über den Rippen plaziert sein mögen.
Allein, geschätzte Leserinnen: Sie meinen, auf draller Epidermis ruhte (zumal sommers) a priori ein wohlgefälliges Auge - während Ihnen Fältchen im Gesicht oder vereinzelt ergrauendes Haar jeglichen restauratorischen Aufwandes wert scheinen?
Es sei Ihnen unbenommen. Ebenso wie der Glaube, Männer unseres Kulturkreises bevorzugten im Bette saftige Schwarten.
Kommentare_
Und wann kommt der Artikel über die fetten Männer, die zu jeder Gelegenheit ihre Bierbäuche entblößen und immer glauben, sie könnten oben ohne rumlaufen, obwohl das Fleisch schlaff von den Männerbrüstchen hängt. usw usf...
Sobald sich eine Dame mit spitzer Feder findet - ? Zweifellos bietet auch die männliche Physis mindestens ebeso umfangreiche Gründe zu Kritik ....
Tja, ich muss den Schreiber dieser Zeilen berichtigen: der Connaisseur ist durchaus geneigt, Damen mit ausgeprägten weiblichen Proportionen erotisch zu finden ... wenn sie's sind - der Trugschluss ist, dass üppige Körper per se ästhetischen Ansprüchen nicht genügen, was schlicht nicht den Tatsachen entspricht. Für jede unansehnliche stärkere Dame findet sich auf der anderen Seite der Gewichtsskala eine schlanke Entsprechung. Ästhetik ist eben keine Frage des Gewichts ...
Interessant. Aus welcher Entfernung?
Auf Tuchfühlung ... die vielleicht (?) vom Verfasser des durchaus interessanten und - Respekt! -geschliffen formulierten Textes, bislang vermieden wurde. Sicher, ganz von der Hand zu weisen sind die Argumente nicht, aber wie gesagt: eine hübsche Mollige ist mir lieber, als eine unansehnliche Dünne; dass diese Präferenz im Umkehrschluss ebenfalls funktioniert, liegt auf der Hand. Aber das hat eben mir ergänzend gefehlt ...
Ein kleines Meisterwerk der "gegenständlichen" Literatur! Meine Hochachtung!
Nebst Dank an "M" (Balsam für die darbende Dichterseele!) sei mir die Präzisierung an die Adresse "Connaisseur" gestattet, daß wohlproportionierte Rundungen durchaus Gefallen finden können: ich denke hierbei etwa an das Bildnis, welches dem - übrigens hervorragenden - Leitartikel über die Cinecittà vorangestellt ist.
Ja, die Proportionen (vor allem die angesprochenen), wie wahr, wie wahr ... na, dann sind wir uns ja eh einig ...