John Aysa - Der Widerliche
ØØØØ 1/2
Roman mit magenfreundlichem Bonusmaterial und nur für Erwachsene!
Edition Kultbuch (Ö 2019)
Er provoziert, geht hart an die Grenzen des guten Geschmacks und ist dabei trotzdem unterhaltsam. Die Rede ist von John Aysa. Der Wiener Autor zählt zu den jungen Wilden der neuen deutschsprachigen Phantastik und ist immer für einen Aufreger gut. Für die Rezeption seines neuen Romans "Der Widerliche" empfiehlt der Autor gute Magennerven. r.evolver schluckt Iberogast und bittet zum Interview ... 02.12.2019
Wer sich auch nur ein bißchen für die neue deutschsprachige Phantastik interessiert, ist bereits über den Namen John Aysa gestolpert. Der wiederum ist Synonym für temporeiche Tabubrüche, schmutzigen Sex und düstere Zukunftsvisionen. Aber nicht nur. Ziehst du bei deiner höchst erfolgreichen "Prinzessin" sämtliche dystopischen Register, so blitzt beim "Goiserer im Tannenbaum" feinster (alpenländischer) Humor zwischen den Zeilen auf. Wo im bunten Reigen der Phantasten positionierst du dich?
Großzügige Einleitung, vielen Dank. ich fühle mich gerade, als wäre ich tatsächlich bekannt! Ähem, wenn überhaupt, positioniere ich mich zwischen allen Stühlen. Ich schätze die unterschiedlichsten Spielarten von Genre-Literatur und habe meine Freude daran, diese miteinander zu vermengen - mit dreckigem Sex als Bindemittel. Ich glaube aber, Body-Horror wäre wohl am ehesten meine Kategorie. Früher David Cronenberg, John Carpenter. Diese Art.
Wer genau steckt hinter John Aysa? An den Gestaden des Donaustroms wird gemunkelt, daß sich hinter dem Pseudonym der Kurator einer honorigen phantastischen Wiener Einrichtung verbirgt ... und ein Neo-Verleger. Zu viele Rollen für einen Mann?
Ach, wirklich? Ein Kurator? Interessant. Ich glaube, das Gerücht habe ich auch schon einmal gehört - und es ist mir bisher nicht gelungen, es zu zerstreuen. Dafür aber den Neo-Verleger. Edition Kultbuch war eigentlich ein Marketinginstrument einer Freundesgruppe, von der schon nach kurzer Zeit einzig ich übrig geblieben bin. Auch die Werke, die nicht meinen Namen tragen, ganz wenige, gehören inzwischen mir und werden beizeiten von mir fortgesetzt.
Die Sache mit den zu vielen Rollen trifft wohl auf jeden Autor zu, der den Hauptteil seines Werkes als Self-Publisher veröffentlicht, mit welcher Motivation auch immer. Dann ist Schreiben nur eine der vielen Arbeiten, die zu bewältigen sind.
Einige deiner flotten, kurzen Gore-Ausflüge kommen bei den üblichen Horror-Anthologie-Verdächtigen wie Eldur, Hammer und Savage Types heraus. Längeres erscheint in deiner Edition Kultbuch. Und siehe da, bei diesen Texten dominieren dann doch die Zwischentöne, verschwimmen die Genre-Grenzen. Eine (Wiener) Melange für die Zukunft?
Savage Types möchte ich aus dieser Reihe rausnehmen. Der Berliner Mini-Verlag agiert deutlich anders als Eldur & Co. und hat das Thema Anthologien mehr oder weniger abgehakt. Die Leute sind kreativ und irre, und ich mag sie und werde hoffentlich noch lange mit ihnen zusammenarbeiten. Das tue ich derzeit sogar intensiv, mit meiner kongenial wahnsinnigen Co-Autorin Jamie Eckhart an einem Romanheft-Projekt, das vorläufig über zwei Jahre gehen soll.
Anthologien sind so eine Sache. Meist ist ein Thema vorgegeben, nahezu immer ein bestimmter Umfang. Bei allem Spaß schränkt das (mich) doch mehr ein, als ich es schätze. Ich mag die (Wiener) Melange sehr, mutiere sie auch gern zu einem Irish Coffee. Bis auf sehr vereinzelte Ausnahmen sind Anthologien für mich derzeit kein Thema, ich bin mit meinen eigenen Werken und dem Projekt für Savage Types ziemlich ausgelastet, um nicht zu sagen, eigentlich überlastet.
Wir nähern uns dem dünnen Eis: Du bezeichnest deinen Chaska-Zyklus als dein literarisches Waterloo - gehst du da nicht ein bißchen hart mit Dir ins Gericht? Jedenfalls bist du nicht der erste, der einen Zyklus nicht zu Ende erzählt ...
Es ist mein Waterloo. Das finale Buch ist in der Rohfassung vorhanden, aber es zu überarbeiten treibt mich in den Wahnsinn, weil ich schon mit den vorigen Bänden hadere. Die sind drastisch gekürzt worden, wobei sind viele Zwischentöne und Nebenhandlungen verlorengingen. Das macht die Bücher für meinen Geschmack unausgewogen. Ich würde nichts lieber tun, als zurück an den Start zu gehen, um die Romane in ihre wahre Form zu bringen, den finalen "Author´s Cut". Aber ein Problem ist natürlich auch, daß die Romane gefloppt sind. Vielleicht kann ich das irgendwann über Patreon oder mittels Crowdfunding oder sonst irgendwie in Ordnung bringen.
Kommen wir zu deinem neuen Werk: "Der Widerliche" setzt, zumindest visuell, auf einen hohen Ekelfaktor, der sich gleich einmal mit "vollgeschissenem" Cover manifestiert. Skandal inklusive. Noch dazu kündigst du "magenschonendes Bonusmaterial" an. Aber was - außer Scheiße - erwartet das geneigte Publikum zwischen den Buchdeckeln?
Skandal? Cool, davon hat mir noch niemand erzählt. Das Cover spiegelt die Befindlichkeit der Hauptfigur wieder und der geht es ... beschissen. Aber der arme Kerl durchläuft eine bizarre Entwicklung. "Der Widerliche" konzentriert sich unleugbar auf die weniger angenehme Seite von körperlichen Befindlichkeiten, ist aber auf seine Art ein Entwicklungsroman und vielleicht sogar eine hoffnungsvolle Geschichte, die über Körperfunktionen hinausgeht. Und es gibt tatsächlich Bonusmaterial im Buch, das in mehrfacher Hinsicht Wohlgefühl verursachen kann.
Jetzt im Ernst: Stuhlgang bei Lee, Stuhlgang bei Aysa, Stuhlgang allerorts – wie können Exkremente so wichtig für eine Story sein, daß man sie sogar aufs Cover gibt? Also, Herr Aysa, wo steckt da - bitteschön - der dramaturgische Nutzen?
Körperfunktionen wie defäkieren und Sex sind von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit, oder? Schau dir nur einmal an, wie unbehaglich du dich mit Verstopfung fühlst. Außerdem macht es Spaß, so "ungezogen" zu sein und sich auf diese Art so unverblümt damit zu beschäftigen. Daß man dabei Edward Lee in die Quere kommt, ist kein Wunder, der Kerl hat ja wirklich jeden Scheiß, um es so zu formulieren, thematisiert. Der dramaturgische Nutzen konkret hier liegt darin, daß die absonderliche Geschichte durch einen Charakter mit ganz eigener Befindlichkeit verursacht wird. Und zu dieser Befindlichkeit gehören eben die weniger schönen Nebenwirkungen der Selbstzerstörung, denen der "Held" huldigt. Aber ganz unter uns, im Vordergrund stand eigentlich der Spaß am "sich ekeln".
Du zählst zu den Vielschreibern, pflegst regelmäßig deinen Blog, unterhältst ebendort als Rezensent mit spitzer Feder, verlegst so nebenbei ein bißchen "abartige" Erotika (was sagt da eigentlich deine Frau dazu?) und bringst deine Romane und Kurzgeschichten in relativ rascher Abfolge heraus. Hast du wirklich soviel Freizeit oder nur sehr selbstständige Kinder?
Ja, und meine Autorensite wird zusätzlich auch immer wieder bespielt, und ein Brotjob ist da auch noch. Nein, ich habe definitiv gar keine Freizeit, ich schlafe einfach zu wenig - ganz besonders, wenn meine Frau Nachtdienst hat, bin ich viel zu lange wach. Die Kinder sind sehr geduldig mit mir, brauchen aber durchaus noch Aufmerksamkeit, da fehlen noch ein paar Jahre zur Selbständigkeit. Wie meine Frau diese Erotika findet, das mußt du sie schon selbst fragen ...
Vor ca. zehn Jahren hast du im Phantastik-Magazin SUPER PULP dein fulminantes Print-Debüt gefeiert. In der Story "Cooking Kangoo" streift der gleichnamige Held durch ein wüstes Cyber-Szenario à la Gibson und Co. und besticht trotzdem durch originelle Einfälle und ein irres Tempo. Wann dürfen sich die Fans endlich über die Fortsetzung bzw. den Schluß der Geschichte freuen?
Danke für die Blumen und danke für den Gibson, da fehlte mir damals aber noch einiges an Können. Die Fortsetzung zu "Cooking Kangoo", noch ohne Titel, folgt nächstes Jahr, also 2020, zweite Jahreshälfte. Ich bin dem aktuellen Herausgeber von SUPER PULP, ein überaus sympathischer und witziger Typ übrigens, im Wort. Es gibt schon einzelne Szenen dafür in meinen Notizen, aber da mir bis zur Buchmesse Leipzig im März mörderischer Fertigstellungsdruck im Nacken sitzt, brauche ich eine Weile, um mich wieder in die Welt von "Cooking Kangoo" einzuleben.
Letzte Frage: Die meisten deiner Romane und Geschichten sind mit dem Vermerk "Nur für Erwachsene!" versehen. Wann schreibt John Aysa ein Kinderbuch?
Wenn mein ältester Freund, der dafür die Zeichnungen machen will, irgendwann einmal Zeit dafür hat. Oder auch, wenn ich den drängenden Empfehlungen meines ehemaligen Verlegers nachgebe, mich endlich dem Thema All-Age-Bücher zu widmen.
John Aysa - Der Widerliche
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Roman mit magenfreundlichem Bonusmaterial und nur für Erwachsene!
Edition Kultbuch (Ö 2019)
Ihr Stil ist so irre wie eine Performance von GG Allin: selbstzerstörerisch, voller Exkremente und ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten. Dabei sind die Handlungsbögen ihrer gelegentlich gewöhnungsbedürftigen Plots ausgefeilt, ihre witzige Sprache fast schon virtuos und ihr Tempo definitiv atemberaubend - das ist Faye Hell, die sympathische Freibeuterin im mörderischen Bermuda-Dreieck der Horrorliteratur. r.evolver läßt sich kapern und bittet bei der Gelegenheit zum Interview.
Seit rund einem Jahr verbreiten die Hammer Boox von Markus Kastenholz einen neuen Stil in der Horror-Literatur: Trashig, bunt-witzig und unbeschwert punktet der Indie-Verlag haargenau mit jenem essentiellen Charme, der Genre und Szene in den letzen paar Jahren gänzlich abhanden gekommen ist. r.evolver konnte nicht widerstehen und bat den Neoverleger zum Interview.
Er provoziert, geht hart an die Grenzen des guten Geschmacks und ist dabei trotzdem unterhaltsam. Die Rede ist von John Aysa. Der Wiener Autor zählt zu den jungen Wilden der neuen deutschsprachigen Phantastik und ist immer für einen Aufreger gut. Für die Rezeption seines neuen Romans "Der Widerliche" empfiehlt der Autor gute Magennerven. r.evolver schluckt Iberogast und bittet zum Interview ...
Kay Blanchard rules! In "Surfin’ Saigon" kämpft sich der Todesengel des MI6 bereits zum dritten Mal gewohnt sexy, brutal und voll mit Amphetaminen durch r.evolvers irres Nazi-Universum. Thomas Fröhlich hat sich an das neue haarsträubende Abenteuer der ungewöhnlichsten Agentin Ihrer Majestät gewagt ...
Wie´s ausschaut, hat Kay ein Kind gehabt. Was wird sie jetzt unternehmen? Gott sei Dank ist unsere Agentin einigermaßen stressresistent, man möchte sogar sagen "bulletproofed" (zumindest hat sie bis heute jeden Einsatz überlebt). Glück im Unglück - weil jetzt geht´s erst so richtig los.
Nur noch ein paar Tage bis zum Erscheinen des neuen Kay-Romans "Surfin´ Saigon"! Verkürzen Sie sich - exklusiv im EVOLVER - die Wartezeit mit der Lektüre der ersten Vorabkapitel. Was bisher geschah: Kay wurde vom Geheimdienst abgezogen und befindet sich mit Tochter Ruby in der Zone Lienz. Dort fristet sie in der britischen Botschaft ihr Dasein als Analystin von Aufklärungsdaten. So weit, so öd. Doch das Ende der ruhigen Lebensphase naht ...
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