Jazzanova - Of All The Things
Verve/Universal (D 2008)
Die Berliner NuJazz-Pioniere sind auf den Geschmack von "organischen" Kompositionen gekommen - und haben für ihr neues Album die Sample-Maschinen links liegen lassen: "Of All The Things" überrascht mit souligen Arrangements. 13.02.2009
"Als DJ-Kollektiv haben wir in den 90er Jahren Jazz in all seinen Facetten in unserem Club gespielt und das Publikum mit einem damals neuen Sound begeistert", erklärt Jazzanova-Mitglied Jürgen von Knoblauch im Interview. Doch DJs wollen bekanntlich nicht nur Platten auflegen und sich mit fremden Federn schmücken, sondern auch ihre ganz eigenen Vorstellungen von Musik verwirklichen. Mit "Fedime´s Flight" gelang den Berlinern 1997 der Überraschungserfolg: Die Platte fand den Weg zu Label-Betreiber Gilles Peterson (Talkin´ Loud, Brownswood) und verhalf Jazzanova praktisch über Nacht zu Auftritten und Remix-Aufträgen rund um den Globus. 2002 folgte das Album "In Between", das damals noch mit jeder Menge Schallplatten-Samples produziert wurde.
Vor zwei Jahren komponierten Jazzanova dann ein Auftragswerk namens "Belle et Fou" für ein Berliner Musical; dabei stand ihnen ein großzügiger finanzieller Rahmen zur Verfügung. "Die Erfahrungen mit dem Auftragswerk haben unsere Vorstellungen vom zweiten Album sehr stark beeinflußt", hält Knoblauch dazu fest. Der Rahmen der bisherigen Produktionen wurde mit der neuen Platte "Of All The Things", die durch soulige Harmonien mit seidigen Arrangements und die Beiträge verschiedenster Gastmusiker besticht, nämlich bei weitem gesprengt - allein für "Let Me Show Ya", die erste Single, wurden zwölf Streicher und ein achtköpfiger Chor engagiert.
Während Soul der rote Faden der Platte ist, verhelfen auch Jazz und HipHop-Elemente dem Longplayer zu viel Abwechslung. Der spielerische Umgang mit unterschiedlichen Genres und eine selbstbewußte Unbefangenheit sind für derartige Grenzgänge auch laut Knoblauch unerläßlich: "Es macht Spaß, auf der Suche nach dem perfekten Sound an ganz verschiedenen Stationen vorbeizukommen und die Leute daran teilhaben zu lassen." Dazu kommt dann die Einsicht, daß mit den live eingespielten Tracks viel mehr Möglichkeiten bei den Arrangements verbunden waren. "In der jetzigen Phase können wir verschiedene Gastmusiker und -sänger einsetzen. Als Live-Band wäre das aber schon viel schwieriger. Aber das ist sowieso der nächste große Schritt."
Und wie ist es um den unkomplizierten Umgang von Jazzanova mit den Original-Jazz-Aufnahmen bestellt? "Wir spielen uns gegenseitig Cuts von Platten vor, die wir gerade entdeckt haben - von alten oder brandneuen Scheiben, ganz egal. Die Nummern haben wir ausgewählt, weil sie beispielsweise ein Gefühl, eine Atmosphäre, aber auch eine Spannung wunderschön auf den Punkt bringen. Und genau dort setzen wir an." Eingespielt werden die Sketches und Inputs mit jeder Menge analogem Equipment, um einen möglichst organischen Sound zu kreieren, Samples spielen dagegen kaum mehr eine Rolle.
Knoblauch präzisiert die kreativen Prozesse des Kollektivs: "Wir sind keine klassischen Musiker mit einer Ausbildung am Instrument, sondern haben uns über den Computer die Sound- und Harmoniewelt erschlossen. Wir orientieren uns mit dem angemessenen Respekt an den Originalen und setzen deren Ideen in unserem Kontext fort, um unsere eigenen Sound-Landschaften zu kreieren. Diese Freiheit ist bei den Arrangements ganz zentral."
Wir sind gespannt, wohin sie diese Freiheit in Zukunft noch führen wird ...
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