Sportfreunde Stiller - Burli
Motor/Universal (D 2004)
"Burli" heißt das neueste Werk der Sportfreunde Stiller. Im Interview mit David Krutzler geben die freundlichen Musiker zu, daß es auch in Bayern "fette Drecksäue" gibt. 29.03.2004
So ein Rockstar-Leben ist in nüchternem Zustand nicht immer einfach zu ertragen. Das wissen auch die Sportfreunde Stiller, als sie einen Promotion-Tag in Wien verbringen. Peter (Peter Brugger), Flo (Florian Weber) und Rüde (Rüdiger Linhof) agieren bei diversen Vergewaltigungsaktionen der Medienvertreter mehr aktionistisch denn professionell. Lustig ist´s jedenfalls: Im Zuge eines Photo-Shootings vor einer Tierarztpraxis dürfen die drei Jungs auf zwei Vespas einmal rund um den Block des Hotel Triest düsen. Das mit Kameras bewaffnete PRO7-Team berichtet dann wahrscheinlich, daß die Sportis - ohne Helm! - in ganz Wien herumgefahren sind.
Für den EVOLVER gab´s dann ganz straight - mit viel Stil und ohne Schicki-Micki - ein Interview in den Hotelräumlichkeiten.
EVOLVER: Euer dritter Longplayer liegt gerade erst in den Plattenläden auf, und schon bahnt sich eine ausverkaufte Tournee an. Kam dieser totale Sportfreunde-Hype für euch überraschend?
Flo: Der kommt überhaupt nicht überraschend. Uns gibt´s schließlich schon seit acht Jahren, wir haben zwei LPs und zwei EPs herausgebracht und uns durch das endlose Touren eine konstant größer werdende Fangemeinde "erspielt". Natürlich waren am Anfang sehr wenige Leute bei den Konzerten, aber jetzt sind wir glücklich, daß unsere Musik so gut angenommen wird. Es ist - für die, die keine Karten für diese Tournee gekriegt haben - natürlich schade, aber wir werden auch weitere Konzerte im Herbst in Angriff nehmen und auf einigen Festivals spielen.
Rüde: Wir haben lange daran gearbeitet. Ich glaube, daß der jetzige Erfolg im Endeffekt auch nichts Befristetes sein wird. Wir werden zwar in keinen Olympiahallen spielen, aber so normale 1500er-Hallen können wir schon füllen.
EVOLVER: Wir sitzen hier in der Suite eines Designer-Hotels. Solche Interview-Räume gab es früher wohl nicht für euch...
Flo: Nein, das natürlich nicht, aber wir sind total am Boden geblieben.
Rüde: Ich will jetzt sofort ein Glas Wasser, sonst hau´ ich alles zusammen!
Flo: Das Leben ist - wie man am Rüde feststellen kann - natürlich anstrengender geworden, aber wir nehmen es gerne so hin, wie es ist.
Rüde: Ich hab´ mich eh total gewundert, daß wir diesen Raum gekriegt haben. Von mir aus hätten wir die Interview-Sessions auch beim Schnitzelwirt da unten in der Straße machen können.
EVOLVER: Bands haben bei dem Versuch, euren Stil zu kopieren, in der großen weiten Welt Schiffbruch erlitten und kamen über den Stand als "local heroes" nie hinaus. Nun habt ihr den Deutsch-Rock auch nicht unbedingt erfunden. Wieso habt ihr es geschafft?
Flo: Wir hatten halt unglaubliches Durchhaltevermögen... Viele Bands glauben, daß man spätestens im dritten Jahr den Durchbruch zu schaffen hat. Wenn´s nicht klappt, geben sie meistens auf. Wir gingen unsere Schritte konsequent.
EVOLVER: Euren Texten und eurer Stage-Performance nach zu urteilen, muß es genau 365 schöne Tage im Jahr geben.
Rüde: Live auf der Bühne zu stehen macht uns einfach Spaß, und dieses Feeling kommt auch zum Publikum rüber. In unseren Texten handeln wir aber ziemlich viele Thematiken ab - vom Zwischenmenschlichen über den gesellschaftskritischen Song bis zum totalen Schmarren ist alles im Repertoire vorhanden.
Flo: Bei dem Song "Ein kleiner Schritt", der auf unserem neuen Album ist, singen wir über Leute, die an zu wenig Zwischenmenschlichkeit leiden. Wir prolongieren zwar nicht "Die Welt ist scheiße, und wir sehen keinen Ausweg", sondern probieren diese Probleme aufzugreifen und ins Positive umzuwandeln - also Lösungsvorschläge anzubieten. Die Single "Siehst du das genauso?" ist kein Halligalli-Lied, bei "Andere Mütter" geht es um eine Trennungsgeschichte. Ich glaube, daß wir da - rein textlich gesehen - in eine Ecke gedrängt werden, weil wir nach außen immer gut gelaunt wirken.
Rüde: Andererseits gibt es mit "Ich Roque" und "1. Wahl" auch Lieder, die totalen Unsinn verbreiten.
Flo: Das würde ich so nicht sagen.
Rüde: Natürlich drehen sich die Lieder um totalen Quatsch!
Flo: Ja, aber da ist doch auch nichts Schlechtes dabei...
EVOLVER: Seit der letzten CD "Die gute Seite" sind zwei Jahre vergangen. Mit "Burli" hat man Sound- und texttechnisch die gute Seite nur sehr selten verlassen.
Rüde: Wir sind eben nur ein Trio, und da ist dann nicht viel drin außer Baß, Gitarre und Drums. Ich werde nicht anfangen, auch noch Geige zu spielen, sondern weiterhin in meine Baßsaiten hämmern.
Flo: Andere Bands haben sich in Sachen Sound weiter entwickelt. Notwist zum Beispiel wagten den Schritt in eine Richtung, die total anders war. Das war total super. Es gibt aber auch viele Negativbeispiele. Wir haben diesen Schritt noch nicht gesehen und werden ihn vielleicht nie sehen; ich hab´ jedenfalls noch keinen Anlaß dazu erkannt. Das werfen uns natürlich viele Leute vor. Aber Fakt ist ja, daß wir uns über Jahre hinweg unseren eigenen Sound aufgebaut haben, und es wäre totaler Schwachsinn, von dieser Erfolgsspur abzuweichen, nur weil jemand nach etwas Neuem schreit. Etwas Neues gibt´s ja sowieso nicht, weil alles schon mal da war.
Rüde: Es ist nicht so, daß wir Lieder nach Konzepten schreiben. Wir machen die Musik aus dem Bauch raus, wir sind halt keine professionell ... äh ... großartigen Musiker, daß wir jetzt irgendwelche abstrakten Klanggebilde schaffen können oder einen stilistischen Bruch.
EVOLVER: Die erste Single-Auskopplung "Siehst du das genauso?" mutet fast balladesk an. Da ist nicht viel zu hören von dem Sound, für den ihr eigentlich steht. Wieso fiel die Auswahl auf diesen Track?
Flo: Es gab auch schon in der Vergangenheit Lieder, die mehr balladesk als laut waren, zum Beispiel "Fast wie von selbst" oder "Ans Ende denken wir zuletzt".
EVOLVER: Die jetzige Single steht aber nicht programmatisch für den Rest des Albums.
Flo: Das stimmt allerdings. Die Entscheidung, diese Single zu nehmen, haben wir alle im Vorfeld getroffen. Daß es die erste ist, wollten wir Band-Mitglieder ja eigentlich auch nicht, wir wollten sie erst als zweite nehmen.
EVOLVER: Was wäre denn die erste Single gewesen, wenn es nach euch gegangen wäre?
Rüde: Bei mir wäre es "Ungewöhnlich" geworden, beim Flo "Frühling", beim Peter "Lauth anhören".
Flo: Es war halt eine ganz schwierige Entscheidung. Es gab heftige und lange Diskussionen, auch mit Plattenfirma, Management und Produzenten, die ebenfalls verschiedene Single-Titel in der engeren Auswahl hatten, und im Endeffekt einigten wir uns eben auf dieses Lied.
EVOLVER: Daß man sich nicht gleich auf eine Single einigen konnte, spricht ja für das Album. Aber jetzt zum Albumtitel: Wie zum Teufel kommt man auf "Burli"? In Österreich kann man - vor allem betagte Großmütter in abgeschiedenen Alpendörfern - mit diesem Begriff wahrscheinlich noch eher etwas anfangen als in Deutschland.
Rüde: Burli heißt ja, wie ein Österreicher hoffentlich weiß, "kleiner Junge". In Deutschland müssen wir diesen Begriff erst heimisch machen. Wir haben das Album "Burli" getauft, weil es uns so ans Herz gewachsen ist wie ein kleines Bübchen. Es schwirrten zwar unterschiedliche Titel herum wie "Im Kopf schon fertig" oder "Reicht es schon für eine Sensation?", doch letztendlich entschieden wir uns für "Burli", weil wir unser Album schon immer so riefen.
EVOLVER: Eine Anspielung auf den gleichnamigen satirisch-sozialkritischen Song der EAV ist eher unbeabsichtigt?
Rüde: Ich kannte den Song zwar vorher, aber bei uns daheim - also in Bayern - ist Burli auch noch gängiger Sprachgebrauch, also haben wir an den EAV-Song nicht gedacht.
EVOLVER: Ihr verfaßt eure Texte in deutscher Sprache. Wird die Sprachgrenze - und somit der auf den deutschen Sprachraum begrenzte Erfolg - manchmal als beengend empfunden?
Peter: Ich glaube, wenn wir in englischer Sprache gesungen hätten, wären wir eine Band von vielen gewesen. Wir stellten auch nie die Überlegung, Texte auf englisch zu machen. Ich könnte das auch gar nicht, denn der eine Text wäre dann eher schlecht mit all den Wörtern, die ich halt so drauf habe.
Rüde: Wörter wie "Hello" und "How are you"...
Peter: Schließlich wollen wir mit unseren Texten ja auch was aussagen.
Rüde: Texte mit Inhalt in einer Sprache zu singen, die deine Mitmenschen verstehen können, ist total wichtig. Auf englisch werden so viele Scheißlieder geschrieben, die nur von einer schönen Melodie am Leben gehalten werden - weil den Text keine Sau versteht. Gegen uns sprachen am Anfang zwei Argumente: Wir singen deutsche Lieder und machen Gitarrenmusik. Mittlerweile hört man immer mehr deutsche Gitarrenbands mit deutschen Texten in den Radios.
EVOLVER: Was sagt ihr zur Pleite der Bayern in der Champions League und zum Bauskandal rund um das neue Münchener Olympiastadion?
Peter: Das ist schon kraß.
Flo: Es ist unbegreiflich, wie so eine fette Drecksau wie der Wildmoser (Anm.: Der Ex-Präsident von 1860) in jede öffentliche Fernsehsendung gehen und behaupten kann, er habe nichts von diesem Bauskandal gewußt. Ich weiß nur nicht, wie der neue Mann - der Auer Karl ist übrigens wie der Wildmoser auch ein Metzger - dem Ganzen gegenüber steht. Im Gesamtkonzept des Stadionbaus ist das natürlich ein absoluter Skandal.
EVOLVER: Die WM 2006 findet in Deutschland statt. Haben sich Sportfreunde Stiller da schon etwas einfallen lassen?
Peter: Es ist unser bescheidenes erklärtes Band-Ziel, den offiziellen WM-Song zu schreiben. Und es wird dazu kommen... Der Song wird den Titel "Mein Freund ist aus Leder" tragen, das ist alles schon in der Hintertasche...
Auch das zweite Album der Guns-N´Roses-Nachfolgeband um den härteren Drogen nicht abgeneigten Gitarrero Slash besticht wieder durch erdigen, kompromißlosen Rock. Trotzdem wird Sänger Scott Weiland dem Vergleich mit Axl Rose niemals standhalten können.
Amerikanische Surf-Pop-Gitarren aus Kalifornien und britische Beats aus den 60ern, vereint mit deutschen Texten und einer Prise Schlager? Für dieses illustre Quartett kein Problem.
Wild raw Rock´n´Roll: Die heimische 60s-Garage-Rock-Combo sorgt nicht nur in Österreich für gehöriges Aufsehen. Jetzt ist der erste Longplayer der wüsten Retro-Rocker erschienen.
Guns N´Roses sind wieder da - ohne Radlershorts, Bandana und Slash, dafür aber mit einer fulminanten Bühnenshow, die mit alten Hits und neuen Krachern gespickt ist.
Die Reinkarnation eines Glamrock-Giganten, oder: Das Aufflackern einer Legende in der stürmischen pannonischen Tiefebene. Guns N´Roses spielen wieder mit dem Feuer.
Den Einzug in Stadion-Rock-Sphären haben die Schweden-Poser mit ihrem dreckig-verschwitzten Rock zum Glück noch nicht geschafft. So kann man sie weiter in kleineren Venues erleben.
Kommentare_