aus: Rokko´s Adventures #11
(erschienen im Juli 2012)
Text: Daniel Krčál
Illustrationen: Karin Ziegelwanger
Was zum Teufel haben die kleinen grauen Männchen mit dem Halluzinogen Dimethyltryptamin zu schaffen? Haben Drogen eine Seele? Und was hat das alles mit Multiversen und Quantenwelten zu tun? Die Antworten auf all diese Fragen liefert Daniel Krčál - im Auftrag von Team Rokko. 21.02.2014
Rokko´s Adventures ist - so steht es im Impressum - eine "unabhängige, überparteiliche sowie übermenschliche Publikation" und "setzt sich mit Leben, Kunst, Musik und Literatur auseinander". Der EVOLVER präsentiert (mit freundlicher Genehmigung) in regelmäßigen Abständen ausgewählte Beiträge.
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Der amerikanische Psychiater Dr. Rick Strassman wollte mit dem Halluzinogen Dimethyltryptamin die psychedelische Forschung wiederbeleben und die menschliche Spiritualität ergründen. Dabei stieß er auf aufregende weiterführende Fragen. Ist die Droge für den Ein- und Austritt unserer Seele verantwortlich? Öffnet sie Portale zu anderen Dimensionen, und gibt es eine Verbindung zu Entführungen durch Außerirdische? Lesen Sie hier den ersten Teil von Daniel Krčáls bewußtseinserweiternder Spurensuche: Dimethyltryptamin – Schlüssel zum Multiversum?
Von Außerirdischen entführt?
Schon bei den bisher beschriebenen Fällen sind die Ähnlichkeiten zu Entführungserlebnissen durch Außerirdische, wie sie vor allem der amerikanische Psychiater John Mack erforschte, mehr als auffällig. Doch vor allem zwei Fälle veranlaßten Strassman, sich mit diesem ihm bis dahin nicht vertrauten Thema näher auseinanderzusetzen.
Der erste, Rex, begegnete insektoiden Außerirdischen, die sich für seine Gefühle interessierten, Geschlechtsverkehr mit ihm hatten und seine DNS manipulierten. Die Kommunikation erfolgte telepathisch. Als er einmal in einen Raum mit seltsamen Maschinen gebracht wurde und Angst vor dem Tod bekam, trat eine Art Beschützerin an seine Seite und tröstete ihn. Sie kommunizierte per Lichtstrahlen, die sie in ihn hineinfließen ließ, und versuchte ihm ein technisches Gerät zu erklären, damit auch er mit ihr kommunizieren könne.
Die zweite, Sara, begegnete Wesen, die ihr zu verstehen gaben, schon einmal Kontakt aufgenommen zu haben und sich über das Wiedersehen freuten. Sie fanden es gut, daß die Menschheit die "Technologie mit dem DMT" entdeckt hatte. Sie erklärten ihr, daß Menschen auf verschiedenen Ebenen existierten. Beim nächsten Trip wurde Sara wieder von den Wesen empfangen, die wußten, daß sie kommen würde. Sie wollten Informationen über ihren Körper und ihre Emotionen, und Sara gab ihnen Liebe in Form spiritueller Energie als Geschenk.
Bei beiden Erfahrungen, Entführungen und DMT-Trips, lassen sich folgende wiederkehrende Merkmale umschreiben: Das Ereignis stellt sich mit einem Summen und Vibrieren des gesamten Umfelds ein. Die Experiencer haben Lähmungserscheinungen. Sie finden sich oft auf OP-Tischen wieder, sind von computerähnlichen Apparaturen umgeben. Es kommt wiederholt auch zu sexuellen Untersuchungen oder Handlungen. Zwar scheinen die für die moderne UFO-Folklore typischen kleinen Grauen vorrangig den Abductees zu erscheinen, doch beide Gruppen begegnen reptiloiden und insektoiden Wesen, die oft Interesse am menschlichen Körper und dem Gefühlsleben bekunden. Den durch die Wesen wiedererkannten DMT-Kandidaten seien jene Kontaktler gegenübergestellt, die wiederholt - oft von Kindheit an - entführt werden. Die Wesen sind absolut eigenständig intentional in Handeln und Kommunikation. Beide Gruppen haben das Gefühl absoluter Realität und neigen dazu, da sie nicht glauben, daß ein Nichterfahrener ihre Erlebnisse auch nur ansatzweise verstehen kann, sich in Selbsthilfegruppen auszutauschen. Nicht selten fühlen sie den Prozess einer spirituellen Transformation.
Strassman schlußfolgerte letztendlich, daß das Erlebnis einer Entführung durch Außerirdische mit hoher Wahrscheinlichkeit durch beträchtliche Konzentrationen endogenen DMTs ausgelöst würde. Immerhin hatte John Mack anhand der zusammengetragenen Fälle auch herausgefunden, daß sehr viele Entführungen in den frühen Morgenstunden stattfanden, zu einer Zeit, in der die Zirbeldrüsenaktivität ihren Höhepunkt erreicht.
Verwiesen sei an dieser Stelle auch auf den legendären UFO-Forscher Jacques Vallee, der bereits in den 1960ern als einer der ersten Forscher Analogien zwischen Entführungserlebnissen durch UFOs und jenen durch Elfen hergestellt hat. Das Erleben nächtlicher sexueller Manipulationen zieht sich wie ein roter Faden durch alle Zeiten und Mythologien, auch das Christentum kennt unzählige Varianten von Incubus- und Succubusgeschichten.
Realität oder Einbildung?
Phänomene wie diese können natürlich auch rein biologisch erklärt werden. Schließlich haben die rezenten Neurowissenschaften die psychedelischen Versuchsanordnungen der sechziger Jahre, Tierexperimente und nicht zuletzt die aufsehenerregenden Resultate der neueren bildgebenden Verfahren zusammengeführt und eine sehr gute Vorstellung davon bekommen, wie es im Gehirn zu neuromodulatorischen Gleichgewichts- und Ungleichgewichtszuständen kommt - respektive, was diese bewirken. Der Psychiater Allan J. Hobson hat gar ein Modell entwickelt, in dem die alternierenden Bewußtseinszustände von Traum, Psychose und psychedelischer Erfahrung ein einziges Kontinuum bilden. Dissoziation und Assoziation stehen dabei in einer dynamischen und fortwährenden Interaktion. Alle uns bekannten körperfremden bewußtseinsverändernden Stoffe interagieren mit den körpereigenen, nicht zuletzt jenen, die den REM-Schlaf und so die uns ureigenste temporäre Psychose, den Schlaf, steuern. Unsere Neurotransmitter sind in ihrer chemischen Struktur jener der Psychedelika extrem ähnlich und bescheren uns eine reichhaltige Bandbreite neurodynamischer Zustände, vom klaren Bewußtsein über hypnopompe Halluzinationen bis hin zu klassischen Psychosen.
Demnach kann man Entführungserlebnisse durch Außerirdische als Schlafparalyse erklären, kann beschreiben, welche Substanz zu welcher Verschiebung des perzeptiv-konzeptuellen Gleichgewichts führt. Und dennoch löst ein noch so präziser Verweis auf die biologischen Grundlagen außerordentlicher Wahrnehmungen nicht die eine grundsätzliche Frage: Erschaffen biochemische Modulationen bloß künstliche Halluzinationen oder öffnen sie die Pforten zu parallelen Realitäten?
Wilhelm Salber, der Entwickler der Psychologischen Morphologie, argumentiert in seiner Abhandlung "Haben Drogen eine Seele?" dahingehend, daß Drogen keine Zustände hervorrufen können, die dem Gehirn nicht ohnehin möglich sind, da die Stimulation ja an denselben Rezeptoren erfolgt. Lediglich Dauer und Intensität verändern sich. Diese Argumentation schließt jedoch nicht die Möglichkeit aus, daß die Beschaffenheit der Gehirnrezeptoren ein ziemlich atemberaubendes Spektrum der Wahrnehmung ermöglicht, dafür aber ein Umschaltmechanismus benötigt wird. Rick Strassman vergleicht das Bewußtsein mit einem Fernsehgerät. Man kann, während man sich ein Programm anschaut, Feinjustierungen vornehmen, Kontrast, Farbe und Helligkeit ändern. So ähnlich wirken auch herkömmliche Psychedelika auf unser Bewußtsein: sie modulieren mehr oder weniger stark das laufende Programm. Die Wirkung von DMT sei aber mit einem Umschalten auf einen komplett anderen Sender vergleichbar. Außerdem sei es durchaus vorstellbar, daß DMT unser Bewußtsein in eine Form bringt, in der wir reziprok auch für die Wesen der anderen Welt sichtbar werden.
Bei der Frage, um welche Welten es sich handelt, bringt Strassman auch wieder nur die von der Quantenphysik errechneten Paralleldimensionen respektive die Dunkle Materie ins Spiel. Einen Beweis dafür kann er natürlich nicht erbringen. Der anerkannte Quantentheoretiker David Deutsch erteilt ihm jedenfalls in einer diesbezüglichen Korrespondenz eine Abfuhr; er glaubt nicht, daß das Hirn auf den Empfang von Paralleluniversen umgestellt werden kann, denn dazu müsse es wie ein Quantencomputer funktionieren.
Unvereinbare Welten?
Überhaupt ließen Strassman seine Forschungen ein wenig desillusioniert zurück. Er hatte nämlich insgeheim auch ein zweites, quasi übergeordnetes Ziel verfolgt: den Anstoß für die generelle Wiederaufnahme psychedelischer Forschung zu geben, was ihm aber aus den verschiedensten Gründen nicht gelang. So folgten ihm die Kollegen, die ihn anfangs noch enthusiastisch bestärkt hatten, nicht. Dann kam er grundsätzlich ins Grübeln, ob psychedelische Bewußtseinserweiterung und mystische Zustände mit den sterilen Voraussetzungen klinischer Forschung überhaupt zusammengingen. Schon die erste Welle psychedelischer Forschung offenbarte, daß spirituell orientierte Wissenschaftler im nüchternen akademischen Betrieb kaum Akzeptanz fanden - ein systemimmanentes Problem, das scheinbar nach wie vor besteht. Auch waren da die nicht häufigen, aber doch signifikanten Fälle von Horrortrips. Nicht alle Beteiligten hatten eine positive Begegnung mit den DMT-Wesen; einer wurde gar lebendig aufgefressen und vergewaltigt. Waren diese Bedrohungen der seelischen Gesundheit einzelner Versuchspersonen ethisch zu vertreten? Seine These, daß psychedelische Zustände eine spirituelle Transformation begünstigen, sah Strassman zwar anfangs bestätigt, doch stellte sich bei allen Probanden im Laufe der Zeit wieder der normale, profane Alltag ein, und das Interesse für Spiritualität verflüchtigte sich.
In einer letzten Versuchsphase stieg er von DMT auf Psilocybin um, doch verlief ein Versuch mit einer Frau, die ihre psychotische Vorgeschichte verschwiegen hatte, desaströs. Zuletzt kamen noch private Krisen hinzu: seine Frau erkrankte, und die buddhistische Gemeinde, in der er verankert war, wandte sich wegen der Versuche von ihm ab. Dr. Strassman brach seine Versuchsreihe vorzeitig ab.
Der Keim, den er gelegt hat, lebt trotzdem weiter. International gibt es vereinzelt weiterführende Forschungsprojekte, und vor allem in populär- sowie grenzwissenschaftlichen Zirkeln werden seine Thesen angeregt diskutiert und weitergesponnen. Vielleicht gelingt ja der theoretischen Physik eines Tages wirklich der empirische Durchbruch, und die Menschheit entwickelt Gerätschaften, mit denen sie Multiversen oder sonstige Quantenwelten erobert. Vielleicht wird dabei auch der Zusammenhang mit neuromodulatorischen Prozessen geklärt werden. Möglicherweise bleibt es aber auch nur dabei, daß es einfach Welten gibt, die zwar interferieren, sich jedoch stur und eigenwillig einer endgültigen Zusammenführung entziehen.
aus: Rokko´s Adventures #11
(erschienen im Juli 2012)
Text: Daniel Krčál
Illustrationen: Karin Ziegelwanger
Literatur
Dr. med. Rick Strassman: DMT - Das Molekül des Bewußtseins (AT Verlag)
Arno Adelaars, Christian Rätsch, Claudia Müller-Ebeling: Ayahuasca - Rituale, Zaubergetränke und visionäre Kunst aus Amazonien (AT Verlag)
Terence McKenna: Die Speisen der Götter (Der Grüne Zweig)
Allan J. Hobson: Das optimierte Gehirn (Klett-Cotta)
Erich Kasten: Die irreale Welt in unserem Kopf - Halluzinationen, Visionen, Träume (Ernst Reinhardt Verlag)
Hrsg. Jochen Gartz: Halluzinogene in historischen Schriften - Eine Anthologie 1913 - 1968 (Nachtschatten Verlag)
John Mack: Entführt von Außerirdischen (Bettendorf)
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