Stories_Der kranke Mainstreamer Pt. 2

Aussteiger statt Beifahrer

Immer mehr überlassen das Denken ihrem Smartphone. Wolfgang Eggert hat sich zu den Themen System-Mitläufertum, Obrigkeitsgläubigkeit und Passivität Gedanken gemacht und sein persönliches Modell für einen Ausweg entwickelt.    23.03.2016

Wozu selber denken, wenn Belügenlassen und Mitlaufen doch viel bequemer sind? Der deutsche Autor Wolfgang Eggert liefert ein überfälliges Psychogramm des "kranken Mainstreamers". Lesen Sie seine Gedanken zum Schweigen der Lämmer!

 

 

Arbeiten Regierungen im Sinne des Volkes, ist gegen dieses beharrliche Mitschwimmen wenig einzuwenden. Nabeln sich die Regierungen jedoch vom Wählerwillen ab und bringen sie ihre Untertanen oder den Staat in Gefahr, sollte die Zeit des zivilen Ungehorsams schlagen. Sollte. Eigentlich. Allein: Diese mahnende, oft geschlagene Glocke wurde von der Masse nie gehört. Sie wird auch aktuell von 80 Prozent der Bevölkerung ignoriert. Die Analyse zeigt: Nicht weniger als ein Dutzend psychologischer Deformierungen des Mainstreamers garantieren uns, daß sich auch in Zukunft nichts an dieser beschämenden Lage ändern wird.

 

1.  Beginnen wir mit dem Offensichtlichsten. Und fragen wir uns, einen Schritt zurück oder zur Seite tretend: Erinnert das Verhalten der mainstreamigen Volksmehrheit nicht in vielerlei Hinsicht dem unmündiger Heranwachsender, die nicht sehen können, was sie nicht sehen wollen? Klamaukig-komische Züge inbegriffen? Das Bild des Kindes, das - um nicht gesehen zu werden - sich selbst die Augen zuhält und dabei ruft "Du siehst mich nicht", dürfte bekannt sein. Diese Angst-Ignoranz ist kaum zu schlagen, aber wir finden sie, was ungleich tragischer anmutet, selbst unter nominellen Erwachsenen, die sich häufig genauso verhalten. Zur Unterfütterung des Vergleichs: Auch der bei Angepaßten bis ins hohe Alter dem vielgeübten Dauerwegsehen vorgeschaltete Gedankengang "Was soll ich schon daran ändern können" stammt aus der Ohnmachtszeit des Kleinkinds. Daß er bruchlos ins Erwachsenendasein mitgenommen wird, zeigt uns, daß wir es bei diesen Mainstreamern mit einer speziellen Spezies zu tun haben: dem "Baby-Erwachsenen".

 

2.  Unterstützt wird das Nichtstun und Nicht-Gegendenken des System-Mitläufers durch eine stark entwickelte Obrigkeitsgläubigkeit. Auch diese Veranlagung stammt wieder aus der Kindheit. Der Glaube an die Eltern ist ebenso angeboren wie natürlich. Dieses Urvertrauen stärkt das System der Familie, die billigende Entgegennahme der Erziehung und des damit vermittelten Regelwerks tut dasselbe, und all das ist positiv zu werten. Problematisch wird es hingegen, wenn sich dieses Kindschema im Heranwachsenden als Obrigkeitsdienst fortsetzt und verselbständigt - selbst in offenkundigen Mißbrauchssituationen. Tatsache ist: Die Bereitschaft, politische "Korrektheit" zu üben oder sich staatlichen Autoritäten unterzuordnen, ist beim Systemling weit verbreiteter als in den Reihen von Denk-Dissidenten.

 

3.  Ein weiterer Punkt, warum der Mainstreamer auf Systemkritik nicht anzusprechen ist, ist seine Faulheit. "Offizielle Darstellungen" reichen ihm schon aus reiner Bequemlichkeit zur Erklärung der Weltgeschehnisse. Warum in hintergründigen Artikeln investigativer Journalisten wühlen, wenn es doch die Tagesschau gibt, die bei Chips und Bier leichte Antworten auf das Wesentliche vom Tage gibt? Woher die Faulheit rührt?

  • Vermutlich ist beim bräsigsten Teil dieses Massetyps die Festplatte bereits mit den herkömmlichen Ablenkungen - Beruf, Familie, TV, Unterhaltung - vollgeschrieben.
  • Andere Probanden erbringen dagegen immerhin eine "Grundleistung", indem sie auf einen bewußt durchlebten Bewertungseindruck setzen: Warum, wird hier gefragt, soll man eigenständig recherchieren oder gegenchecken, "wenn die Systemmedien doch objektiv und meinungspluralistisch sind". Daß dieses Klientel hier in ein und denselben Satz gleich zwei herbe Fehler einbaut, ist bezeichnend: Zum einen ein direkter Widerspruch, weil objektiv und Meinung einander ausschließen; zum anderen ist die Berichterstattung der Mainstream-Medien in bedeutsamen Fragen der Politik (EUro, NATO, Globalisierung, neoliberale Entstaatlichung, aktuell gültige Feindbilder) eben alles andere als distanziert-objektiv und wirkt ebendort oft geradezu gleichgeschaltet. Die Erklärung dieses Gleichschritts ist einfach: 90 Prozent der Verlagsleiter, Medientycoons und Chefredakteure sind - ebenso wie Parlamentarier von ganz links bis ganz rechts - Mitglied ein und desselben turbokapitalistischen amerikanischen Lobbyvereins, der "Atlantikbrücke". Unsere zweite Bequemlichkeitsgattung (der "Kombinations-Dumme") fällt somit ebenfalls in eine vorschulische Wahrnehmungsphase zurück. Er ist einem Kleinkind vergleichbar, das vor ihm ausgeschüttete M&M-Schokodrops ob ihrer verschiedenen Farben für unterschiedlich hält - bis es sie probiert oder sieht, daß sie alle aus der gleichen Packung kommen.
  • Der dritten Gruppe wiederum ist suchendes Interesse gleich von Haus aus fremd. Sie ißt wie schon bei Muttern am Tisch instinktiv das, was ihr vorgesetzt wird. Dieser Gang zurück auf den Wickeltisch ist im übrigen "von oben" durchaus gewollt. US-Chefstratege Zbigniew Brzezinski umreißt den Zweck der Mainstream-Medien damit, die Massen ruhig und bei Laune zu halten. Er nennt das "Tittietainment". Daß die Obrigkeit ihren Untertanen lieber geil und grinsend als kombinierend und kritisch sieht, liegt dabei auf der Hand.

 

4.  Als wäre das alltägliche "Couchpotato-Leid" nicht schon genug der Bürde, ist unser Mainstreamer noch von einer weiteren Form der Bequemlichkeit befallen: der antizipierenden, vorausgreifenden Faulheit. Hier umgeht der unbehandelte Patient nicht die Erfordernis von Mehraufwand in der Gegenwart, sondern in der Zukunft. Er ahnt nämlich bereits, daß die Erkenntnisse, die ihm von seiten kritischerer Zeitgenossen frei Haus angeboten werden, mit einer gewissen politischen Verantwortung verbunden sein könnten. Was, wenn er erfährt, daß sein Fleischkonsum gesundheitsgefährdend oder unmoralisch ist? Dann müßte er ja umdenken und neue, ihn einschränkende Wege beschreiten! Was, wenn Artikel glaubhaft machen, daß bestimmte Zirkel korrupt sind, oder - schlimmer noch - Kriege unterstützen? Dummerweise ist nun aber gerade er Mitglied in diesem Verein. Was tun? Austreten? Auf die Straße gehen, zum Demonstrieren? Knifflige Entscheidungen. Scherereien. Zusatzarbeit. Gerade das ist nicht das Ding von Herrn und Frau Mitschwimmer. Weshalb er und sie, im Sinne vorausgreifender Faulheit, entsprechende Recherchen lieber gleich ganz unterlassen. Frei nach dem Motto: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.

 

5.  Das in Punkt 4 gezeigte Ausweichmuster zur Aufrechterhaltung einer privaten Komfortzone ist keineswegs untypisch für den Mainstreamer. Wir begegnen diesem Verhalten nebst Motiv durchgängig auf der Feigheitsebene wieder, die bei systemnahen Menschen besonders ausgeprägt ist. Angst ist wahrscheinlich das vorherrschende Moment bei jenen Untertanen, die es auf dem Weg zum Dissidenten am weitesten gebracht haben und dann doch im letzten Augenblick abspringen, um in die alte Spur zurückzufinden. Es sind jene Menschen, die sich gedanklich wenigstens ansatzweise mit Systemkritik auseinandersetzen, dabei aber auch in Rechnung stellen, welche Gefahren auf sie lauern, wenn sie weitergehen. Sie fragen sich, ob es das wert sei. Und sagen, vermutlich nicht ohne schlechtes Gewissen: "nein". Aus purer Angst. Für die es vor allem fünf naheliegende Gründe gibt. An der Spitze steht

I.  die Angst, durch Erkenntnis das "sichere Fundament", "den Boden unter den Füßen" zu verlieren. Ein Mensch, dem die Stützen der staatsbürgerlichen Lehre ins Wanken geraten, kommt nämlich auch ganz real ins Taumeln, verliert den Halt. Wenn nichts mehr ist, wie es war, wenn Schwarz und Weiß sich zu vermischen beginnen, Oben und Unten rotieren, ist das für einen Normalbürger sehr schwer zu ertragen. Im Extremfall können Klaustrophobie, Paranioa und schizoide Beklemmungen bedenklich nahe rücken. Niemand mag das. Und niemand mag

II.  mit der Nase darauf gestoßen werden, daß er als braver Mustermann vielleicht sein Leben lang in Täuschung, Lug und Trug gelebt hat, etliche selbstgefällte - falsche - Entscheidungen inbegriffen. "Woran habe ich die ganze Zeit nur geglaubt?" Diese Frage wird dann unweigerlich aufkommen. Vielleicht auch das Gefühl, Zeit "verschenkt" zu haben.

Grund III. des neugierigeren Mainstreamers, den Weg der Selbstaufklärung und Rebellion schnell wieder zu verlassen, ist die Ahnung, daß mit "Wissen" auch "Verantwortung" Einzug hält. Wer um ein angebahntes Verbrechen weiß, der sollte natürlich auch versuchen, dieses zu verhindern. Was aber, wenn seine eigene Regierung Teil des schmutzigen Plans ist? In diesem Moment spürt der "Suchende" seine eigene Kleinheit. Er spürt, daß er zu schwach für die Aufgabe sein könnte, daß er "verlieren" wird. Zumindest Männer stellen sich diesem Gedanken höchst ungern.                                       

IV. wirkt die Angst vor privaten oder beruflichen Sanktionen stark bremsend. Ein Journalist oder Politiker beispielsweise kann bereits auf unterster, kommunaler Ebene an fünf Fingern abzählen, wieviele Tage er die offizielle Darstellung des 11. September in Frage stellen kann, bis er von seinen Vorgesetzten ernsthaft zur Ordnung gerufen wird. Daß Politikern in gehobeneren Positionen auch Tragischeres widerfahren kann, hat die Vergangenheit gezeigt. Niemand gefährdet gern seine Anstellung oder die Pensionsansprüche. Niemand liebt es, wenn die Mainstream-Medien einen zur Unperson erklären - vor allem, wenn man es bereits zu einer Familie gebracht hat. Und viele, sehr viele Zeitgenossen fürchten ob abweichender, systemkritischer Haltung durchaus zu Recht die soziale Vereinsamung. "Was werden meine mainstreamigen Freunde, Nachbarn und Arbeitskollegen denken, was werden sie tun, wenn sie mich plötzlich für einen Verschwörungstheoretiker halten? Stehen sie dann noch zu mir?" Diese Angst prägt sich wie die Rille auf einer Schallplatte ins Gedächtnis des entmutigten Fast-Rebellen und wird immer wieder aufs neue abgespielt - bis der Betreffende aus Angst vor Gesichtsverlust mit dem kindlichen Flehen "Laßt mich nicht allein" auf den Lippen zurück in den Massenstrom steigt, um sich wieder, wie früher, einfach treiben zu lassen. Denn, das ist Punkt

V., die Angst, alleingelassen zu werden, mit "einigen wenigen" gegen die Mehrheit zu stehen, ist eine Grundangst des "normalen" Menschen. Er will unbedingt zu "den vielen" gehören, die ihm das Gefühl von Sicherheit und Nestwärme geben. In diesem Punkt ist unsere Spezies unbedingt eine von Herdentieren, selbst wenn die Sicherheit eine trügerische ist und wie beim Zug der Lemminge in den Abgrund führt.

Kommt es zu diesem Kollektiv-Absturz, verkehrt sich ein drittes wichtiges Motiv zum "Dabeiseinwollen" übrigens in das komplette Gegenteil: Das rechthabende Gewinnen. Es stellt in unserem Psychogramm den ersten wirklich lustbezogenen (und damit "positiven") Fehltrieb des Mainstreamers dar. Sicherlich ist der Wille zur Macht nicht von vornherein ein schlechter Zug. Auch der idealistische Gegenströmler hat ihn; nur mit dem grundlegenden Unterschied, daß er Macht entweder als Gefahr oder als Möglichkeit einer Verbesserung für die Allgemeinheit wertet - während der herkömmliche Mitläufer kaum über seinen eigenen Tellerrand hinwegsieht und in erster Linie auf den subjektiven Vorteil bedacht ist. Ihm geht es weniger um Inhalte als vielmehr um Ansehen, um das Gesehen-Werden, das private, eigennützige "Punkten". Dieses Verhalten tendiert stets dazu, den Goliath zu stärken, ist also potentiell systemerhaltend. Und es hat zwei Trägertypen: einen versteckt-passiven und einen mehr entschiedenen, aktiven Player. 

 

6. Der passive Charakter sucht das Mitgewinnen schlicht, indem er immer auf das "Gewinner-Pferd" setzt, selbst aber gar nicht an dessen Erfolg mitwirkt. Er ist, weder Bayer noch Münchner, der geborene Bayern-München-Fan - schließlich ist die Chance, sich beim stärksten Club an Samstagabenden und Saisonenden zu freuen, viel größer, als wenn er mit einem anderen Verein hielte. Aus der gleichen Haltung heraus richtet er es sich als Demokrat in der Demokratie, als Nationalsozialist im Faschismus oder als Sozialist im Kommunismus ein. Hat die Sozialdemokratie "Konjunktur", dann wird auch er mit dem Aushängeschild dieser Riege "fühlen". So lange die Umfragewerte von Gerhard Schröder top waren, mochte auch er ihn. Als es sich der Altkanzler in der Irakkriegsfrage dann 2002/2003 mit transatlantischen Gremien verscherzte und darob die mediale Meinungsbildung wechselte, änderte in der Folge auch der passive "Adabei" (Auch-dabei, bayr. für Mitläufer) "seine" konjunkturell bedingte "Meinung". Schließlich will er ja nur für sein beliebiges, billiges Bekenntnis eine möglichst hohe Gefühls- und Ansehens-Verzinsung erhalten. In die Reihen der Systemgegner wird er daher nie hineinfinden. Deren Aktien rangieren an den Medienbörsen nämlich als Ramsch.

 

7.  Die gehobenere Kategorie des "Mitläufers" ist der entschiedene, der aktive Typ. Dieser tut nicht nur so, als würde er einen angesagten Club bewundern (die meisten glauben es irgendwann dann selbst), nein, er besorgt sich eine Mitgliedschaft beim Verein, tritt ein, um dann höchstpersönlich mitzumischen. Während sich der passive Parteigänger allenfalls eine per Fan-Geschmack definierte Clique "leisten" würde, bereichert der Aktivist die verantwortliche "Gang". Natürlich - da ist er seiner weichgespülten Variante durchaus ähnlich - wartet er mit seinem Engagement zu, bis die Aktie des Vereins von den Medien als "bombensicherer Tip" gehandelt wird. So hätte er sich im März 1933, als Adolf Hitler mit Unterstützung des permanenten Establishments zum Reichskanzler ernannt wurde, in das Heer derer eingereiht, die sich auf einmal um einen Nazi-Parteiausweis bemühten. Der gleiche Wendehals hätte dann 1945 angesichts einer hoffnungslosen Frontlage mit einer weißen Kapitulationsfahne bewaffnet einem heranrückenden Alliiertenbatallion die Stadttore geöffnet - um fortan eine antifaschistische Stadtverwaltung zu bereichern. Weit mehr als Kategorie 1 des Mitläufers treibt diese verschärfte Mainstream-Ausgabe die Aussicht auf materiellen Gewinn und reale Macht an. Er weiß, daß es etwas zu verteilen gibt, und will seine Scheibe davon abbekommen. Ob die Verteilungsstelle rot, braun, schwarz, gelb oder violett ist, ist ihm dabei völlig gleichgültig. Dieser mehr als widerliche Massenmensch kommt wiederum in zwei Rangstufen vor:

 

7A.  "Die Offensiven", das sind Karrieristen, die ganz einfach nur stärker sein wollen als der Rest. Sie haben eine feine Antenne dafür, was die Strippenzieher des Systems fördern und "was gerade nicht geht". Dem passen sie sich - zum Teil lautstark, um Meinungshoheit auszuleben - an. Typische Berufsstände sind Lehrer, Journalisten und Politiker, somit die wichtigsten systemtragenden Gruppen. Aufgrund der hohen medialen Aufmerksamkeit zählen auch Film-, Show- und Fernsehgrößen zu dieser Kategorie. Im Wertekatalog "Guter Bulle/böser Bulle" spielen "die Offensiven" eher die gute Seite.

 

Die Kollegen der Rangstufe 7B nehmen damit die von geistig gesunden Menschen als "negativ" empfundene Rolle ein. Als systemschlagende Abteilung sind sie "die Aggressiven": Statt bloß die Vorteile des Systems zu preisen, vollziehen sie dessen weniger angenehme Seiten. Die Vollstreckungen bzw. Exekutionen finden oft abseits der öffentlichen Wahrnehmung statt; kann man sie - wie zum Beispiel Kriege - nicht vertuschen, so werden sie durch Journalisten und Politiker geschönt. Hunderttausende systemtreue Mainstreamer stellen sich an, um einen der begehrten Jobs zu ergattern, in denen meist schreibtischnah bewaffnete Macht delegiert und erfahren werden kann. Prügeln, schießen, lügen, aufhetzen, diffamieren, Aggressionen abbauen, Erniedrigungen auf Schwächere ableiten, Feindbilder ausleben - all das ist möglich in den Reihen des Militärs, der Polizei, der Geheimdienste. Auch Journalisten und Politiker, denen die Ballerspiele am Computer nicht reichen, werfen sich hier mitunter ins Getümmel; zum Beispiel, wenn es darum geht, das Volk für kriegerische Maßnahmen und Feindbilder aufzuschließen.

 

Dieses wiederkehrende Kesseltreiben produziert zwei Kernsäulen unseres Elite-Systems: Gehirnwäsche und Angst. Und damit neben den Passiven, den Offensiven und den Aggressiven die vierte, zahlenmäßig wohl stärkste Mitläuferkaste: die

 

8.  "Defensiven". Hier haben wir es mit reinen Opfern zu tun, mit der Leinwand, auf die das globalistische Establishment schreibt, was immer ihm gefällt. In einem prinzipiell zerstörerischen System gefangen, müssen die Defensiven nun mit ihrer Häftlingssituation klarkommen. Und sie tun es, jeder auf seine Weise:                                                                

Die bewußten Opfer, die die Fesseln am stärksten spüren, weil sie am nachhaltigsten in Ketten liegen, suchen nicht selten ihrer Opferrolle durch Kollaboration zu entkommen, was bis zur totalen Identifikation reichen mag. Dieses allein auf Leidminderung zielende, krankhafte Seelen-Stretching trat unter anderem bei den stalinistischen Schauprozessen in Erscheinung, als sich angeklagte Oppositionelle dermaßen "hingaben", daß ihre Selbstdarstellungen am Ende von denen der Anklage kaum mehr zu unterscheiden waren. In den 70er Jahren beobachtete man das gleiche - "Stockholm-Syndrom" oder "Stockholm-Mitläuferschaft" - getaufte Verhalten bei Menschen, die von Terroristen entführt worden waren.

Aber auch weniger eindeutig "Gefangene" bzw. an Leib und Seele Bedrohte fügen sich ihrer Obrigkeit, indem sie sich mit mehr oder weniger sanftem Druck an das bestehende Reglement und Regiment gewöhnen lassen. Beispiele einer derartigen "Gehirnwäsche" finden sich in Saudi-Arabien und im Machtbereich der afghanischen Taliban- bzw. ISIS-Milizen, wo man(n) entgegen einem menschlichen Bauchgefühl geradezu flächendeckend das erheblich eingeschränkte Recht der Frau verinnerlicht und akzeptiert hat - auch dank hilfreicher Unterstützung der nationalen Medienlandschaft, Politik und Gesetzgebung.

Ähnliche Prägungsprozesse funktionieren aber auch in vermeintlich "offenen" demokratischen Regimes. Nicht weniger erfolgreich übrigens, da man sich hier derselben Mechanismen bedient: Reiche Blumensträuße an sozialen, beruflichen und juristischen Sanktionen, begleitet von einer rigiden Definition "gesunden Volksempfindens" seitens der Elitemedien garantieren, daß der Untertan bei der Stange bleibt - wie verrückt und wertezersetzend die Politik "seines" Staates auch sein mag. So winkte die große Mehrheit der Amerikaner in den 90er Jahren den Mord ihres Finanzlobby-Regimes an einer halben Million irakischer Kinder emotionslos durch. Ignorierte den leise auswimmernden Kollateralschaden, als handle es sich um eine Tüte ranzig gewordenes Popcorn. Um das zu erreichen, brauchte man die Heimatfront lediglich einseitig zu unterrichten, "den Ton wegzudrehen", das Grauen - ungefilmt - als anonyme Zahl zu transportieren. Wobei es half, den US-Bürger medial und kollektiv zur sakrosankten Ordnungsmacht zu erklären und die wenigen dagegegen aufbegehrenden Moralisten als "unamerikanisches Gesindel" zur gesellschaftlichen Isolation freizugegeben. All das geschah. Mit Erfolg.

In der europäischen Juniorschaft läuft das gleiche Spiel - nur, daß die Komposition hier eine andere ist. In den längst entkulturalisierten und bereits total dem Diktat der Wirtschaft unterworfenen USA lautet das Mantra "Stärke" und "Nation", weil "das System" Washington zum Kriegführen braucht; Patriotismus kann da nur hilfreich sein. Auf den Trümmern der Alten Welt hingegen trommeln die Finanzglobalisten den Marsch zur Abschaffung des nationalen Eigenheims. Simpler Grund: Diese Hemisphäre verfügt noch über zu viele lästige Eigenheiten, die der Großraumpolitik und der Angleichung der Märkte im Wege stehen. Werft sie weg, eure Nation, eure Geschichte, eure Tradition, eure Kultur, Sprache, eure Eigenheiten, lautet daher der über Werbung, Nachrichten, Filme und Politik seit Jahren ausgegebene Tagesbefehl. "Anderenfalls seid ihr Nazis!" Die Massen passen sich dem an - wie bei den stalinistischen Prozessen, bis hin zu pathologischen  Ausprägungen.

Als in Berlin-Köpenick im Februar 2015 ein Containerdorf für Asylbewerber eröffnet wurde, flüchteten die meisten von einem Kamerateam des Senders Compact angesprochenen Nachbarn. Unter den wenigen Ausnahmen befand sich eine junge deutsche Frau, die offen von stark erhöhten Diebstahlsraten in den lokalen Supermärkten berichtete. Und weiter, wörtlich: "Ich habe gehört, deutsche Kinder wurden von Flüchtlingen zusammengeschlagen." Auf die Frage, wie sie dann nun zum Aufbau des Lagers stehe, kam die Antwort:  "Mich persönlich stört es nicht."

 

9. Ob der Hintergrund für diese empathielose Verirrung eine erfolgreich absolvierte Gehirnwäsche oder einfach Angst vor persönlicher Konsequenz ist, bleibt sich gleich: Was wir sehen, ist der typische - schwach bzw. krank gemachte - Mainstream-Bürger. Der erfolgreich zur Selbstaufgabe und absoluten Dienerschaft erzogen wird und diese Rolle auch zu spielen bereit ist, selbst - Stichwort TTIP - wenn es ihn seine sozialen Sicherheiten koste, seinen Verdienst, egal was.

 

10. Kaum besser macht es die gesündere, vermeintlich intelligenzbehaftete Mainstreamer-Variante des "Idealisten", der das allumfassende Grenzen-Einreißen - sei es zwischen Nationen, Sprachen, Kulturen, Geschlechtern und was es noch so alles gibt - mit dem geliehenen Medien-"Argument" "Vielfalt" predigt. Daß das, was er anrichtet, das genaue Gegenteil seiner Absicht ist, kann man durch einen kulturellen Vergleich großer europäischer Metropolen schnell dingfest machen. Einzigartige, landestypische Eigenheiten, die es noch vor 15 Jahren in London, Berlin, Paris und Rom zu bestaunen gab, nivellieren sich heute bis zur Unkenntlichkeit, auch infolge von Anpassung innerhalb der Systeme. Der gutmeindende "Weltbürger" ist daher nichts anders als ein - Vernichter. Ein Zerstörer, dem seine monokulturell erzogenen Kindeskinder dereinst vorwerfen können - und werden -, er habe das Grenzenlos-Experiment lediglich zu egoistischen Zwecken betrieben, um - 2000 Jahre ethnischer Entwicklungen in den Wind schreibend -  für seine erbärmliche kurze Lebenszeit ein Maximum an kulinarischer, konsumistischer und kultureller Begegnung auf kleinstem Raum zu finden. Womit man diesen verschrobenen Gutmenschen allerdings oft Unrecht tut.

 

11. Der nächste Sonderling in der Herde der Defensiven ist der Was-Interessiert-Mich-Eigentlich-Politik-Mensch; nennen wir ihn, da sich das Wort wiederholen wird, in aller Kürze WIMEP. Auch er kommt zu Abermillionen vor. Während der "Idealist" in letzter Konsequenz - aus reiner Dummheit - als asozial zu bezeichnen ist, so ist es der Scheuklappen-Mainstreamer in erster. Er will nämlich ganz entschieden und völlig bewußt in vorderster Linie seines Lebens seinen Privatspaß. Alles andere interessiert ihn nicht.

Wo sich das Thema "Konsequenzen meines vermeintlichen Besserseins" für den Idealisten immer noch grundsätzlich stellt, aber nicht durchdacht wird, taucht es beim WIMEP erst gar nicht auf. Wie sollte es auch auch? Er ist nicht besser, will es auch gar nicht sein, weiß vermutlich nicht einmal, was dieses "besser" bedeuten könnte. Und das Wort "Konsequenz" ist ihm gleich überhaupt unbekannt.

Er bildet den letzten Reifegrad einer überaus ignoranten Spezies, die es aus unerfindlichen Gründen dazu gebracht hat, über formal-anspruchsvolle Berechtigungszertifikate wie Schulzeugnisse und Führerscheine zu verfügen. Der Grund hierfür könnte in seinem starken Hang zur Spezialisierung liegen. Kritischere Beobachter stellen nämlich rasch fest, daß sich der WIMEP mit nichts anderem beschäftigt als mit sich selbst, seiner Familie, seinem Kontostand und gewissen Statussymbolen, darunter Autos, Reisen und seinen Wohnverhältnissen. Alles, was darüber hinaus geht, ist für ihn quasi nicht vorhanden.

Drängen sich politische Entwicklungen in sein Blickfeld, die ihm ein gewisses Maß an Unsicherheit vermitteln, so kauft er eine Zeitung, die ihm glaubhaft versichert, daß es das "Problem" nicht gebe. Oder daß die Umtriebe (von ihm zunächst fehlinterpretiert) nur zu seinem Besten seien. Dank dieser Beihilfe ist der WIMEP z. B. fest davon überzeugt, daß der Anteil islamischer Migration in Deutschland, Frankreich, England und sonstwo nicht auf 50 Prozent anwachsen wird - bis seine Tochter oder das liebe Enkelkind vom lokalen Schariagericht aufgefordert wird, doch bitte einen Schleier anzulegen.

Systemische Bedrohungen kommen in der Welt des WIMEP ganz allgemein nicht vor. Die Definition des Begriffs "weit weg" korreliert bei ihm direkt mit dem Begriff "politische Problemlage". Was sich plastisch am Begriff "Krieg" festmachen läßt: 2001 galt ihm Afghanistan als "weit weg". 2011 Libyen. Und 2013 die ukrainische Grenze, die von Bayern aus genauso weit entfernt ist wie Flensburg. Konsequenterweise wird unser "Freund" - damit das Bier im Stammlokal noch schmeckt - selbst nach Eintreten des NATO-Bündnisfalls eine reale Bedrohungslage ausschließen. So lange im TV-Programm leichte Unterhaltung angeboten wird und es im Vorgarten nicht pfeift oder kracht, muß die Welt noch in Ordnung sein.

Exakt darauf setzt das System, das diesem professionellen Vogel Strauß noch vier Tage vor dem Armageddon via Satellit im Fernsehen den US-Präsidenten bei einer Golfpartie serviert. Motto: Alles halb so schlimm! Traut der WIMEP dem Frieden? Man kann es schwer sagen. Sicher ist: er möchte. Weshalb er es als engagementloser Scheuklappengeist auch tut. Wenn der Präsident zwei Tage später das Golfspielen aufgibt und bereits bekannte Showstars ihre Bedenken zu äußern beginnen, sagt er sich "Na, jetzt muß aber wirklich jemand eingreifen!" Jemand heißt "jeder" - außer ihm selbst. Das findet dann Stunden vor dem Einschlag der ersten Rakete auf dem heimischen Rollrasen statt. Da bleibt noch genug Zeit für ein Kaltgetränk und eine abschließende Tüte Chips. Zeichnet sich dann die feindliche Pyrotechnik wirklich am Firmanent ab, so lautet seine Reaktion "Schade. Jetzt ist es zu spät."

 

12. Es ist dies der gleiche Moment, in dem unsere letzte Mainstream-Ausgabe - wir wollen sie den "Ahnenden" nennen - seufzt: "Ich hab´s doch immer schon gesagt!" Klammert er sich nicht an irgendwelche Seher vorvergangener Tage, die ihm "unter Garantie" ein Happy-End bereithalten, dann verfügt "der Ahnende" über einen halbwegs hellen Kopf. Wobei die Betonung auf halbwegs liegt. Denn: Die nichtesoterische Variante unseres Hoffnungsträgers spürt zwar die Gefahr vom sachlichen Standpunkt aus, verhagelt sich deren Bannung jedoch nachhaltig, indem sie glaubt, daß sie innerhalb und sogar mit Hilfe des Systems etwas gegen dieses bewirken könne.

Dabei unterliegt der Ahnende nicht weniger als vier krassen Fehleinschätzungen: 1. Er hält die Medienlandschaft für frei. 2. Er bewertet die wechselseitig durch CDU und SPD im Parlament ausgeübte Opposition für echt. 3. Er glaubt, eines schönen Tages werde sich eine neue, nicht korrumpierbare Partei finden, die das Ruder herumreißt. 4. Er kann sich vorstellen, daß sich eine nahezu absolute Mehrheit im Volk findet, die einer systemkritischen Partei die Stimme gibt. Wie er angesichts des vorstehenden Massen-Psychogramms auf diesen Gedanken verfallen kann, bleibt allein sein Geheimnis.

 

 

Erfahren Sie mehr über Wolfgang Eggerts aktuelles Projekt.

Wolfgang Eggert

Lie to me!

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