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Schmauchspuren #45

"Miau! Mio! Miau! Mio! Zu Hilf! Das Kind brennt lichterloh!" Schade, daß der angeblich so böse "Struwwelpeter" durch Gewaltpornos am Handy ersetzt wurde - aber gut, daß er in Andreas Grubers neuem Krimi wiederbelebt wird. Peter Hiess empfiehlt pädagogisch Wertvolles.    14.08.2015

Peter Hiess

Andreas Gruber - Todesfrist

Premiere/RM Buch 2012

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Also, da hätten wir einen Serienmörder mit besonders grausamen Methoden, eine traumatisierte Polizistin, einen exzentrischen Profiler sowie mehrere Erzählebenen, die irgendwann zusammenfließen. All das sind Elemente, die Krimilesern nicht mehr fremd sind; da braucht es schon einen sehr guten Autor, um noch Überraschung und Spannung zu erzeugen.

Genau der ist mit Andreas Gruber - einem Österreicher, der keinen Trends nachrennt, sondern schlicht die Gabe hat, unterhaltsam zu schreiben - gefunden. Und genau deshalb ist sein neuer Roman "Todesfrist" auch so gelungen, angefangen vom Perspektivenwechsel zwischen der Münchner Ermittlerin und zwei Wiener Therapeutinnen, über den wirklich bösartigen Struwwelpeter-Killer, der seine Opfer einbetoniert oder in Tinte ersäuft, bis hin zur packend beschriebenen Ermittlungsarbeit. "Todesfrist" ist vorerst nur in einer Buchclub-Ausgabe erschienen - wer also kein Mitglied ist, sollte sich die für März 2013 angekündigte Taschenbuchausgabe (Goldmann) dieses großartigen Werks vormerken.

Frank Bill - Cold Hard Love

Suhrkamp Nova Pb. 2012

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Die Stories in Frank Bills "Cold Hard Love" spielen in der tiefsten amerikanischen Provinz, nämlich Southern Indiana. Ihre Antihelden sind durchwegs Hinterwäldler - psychotische Vietnam- und Afghanistan-Veteranen, Ehebrecher und geprügelte Frauen, Dealer und Crystal-Meth-Junkies. Abgesehen von Drogen und Alkohol gibt es für sie nur einen Weg, ihren Alltag zu bewältigen: Gewalt. Hier wird gemordet, was das Zeug hält, das Blut spritzt nur so von den Seiten, Recht und Ordnung spielen eine Nebenrolle. Bill treibt sich damit in Woodrell- und Lansdale-Territorium herum, kann aber dort nicht richtig Fuß fassen. Vielleicht, weil er sich postmoderner Erzählmethoden à la Robert Altman bedient, indem er Nebenfiguren aus einer Story in der nächsten die Protagonisten sein läßt, was der Kollektion den Anschein einer perversen Familienchronik verleiht. Vielleicht aber auch, weil man sich nach spätestens 50 Seiten fragt, ob in der Gegend gar keine normalen Menschen leben ...

E-Crime im Doppelpack


Marina Heib - Animus

Piper eFirst 2012

 

Jürgen Benvenuti  - Federleicht

Amazon Kindle Edition 2012

 

Ohne E-Books geht es heute nicht mehr. Das hat auch der Verlag Piper erkannt und veröffentlicht mit Marina Heibs "Animus" seine "eFirst"-Premiere. Der Mystery-Thriller handelt von weiblichen Sträflingen, die zu Antiterror-Wahrsagerinnen herangezüchtet werden - und bald eine Intrige in höchsten politischen Kreisen der USA erspüren. Abgesehen vom allgegenwärtigen US-Präsidenten finden wir bei Heib machtgeile Stadtguerilleros, verliebte Geheimagenten und einen irren General. Nichts Neues also und auch nicht sehr aufregend, aber immerhin flott lesbar.

Für die Kindle-Viertelstunde zwischendurch kann man sich auch die in einer E-Anthology gesammelten "sieben kurzen Texte" des Vorarlbergers Jürgen Benvenuti herunterladen. "Federleicht" enthält zwar nicht nur Krimikurzgeschichten, aber dafür durchwegs kriminell guten und sarkastischen Lesestoff. Und das zum Sonderpreis.

Matthew Stokoe - High Life

Arche 2012

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Jetzt aber ganz im Ernst: Wir haben´s begriffen. Der amerikanische Traum ist blutig gescheitert. Da brauchen wir, mit Verlaub, keinen Briten, der uns noch einmal erklärt, wie pervers und degeneriert die USA sind - und der vom Verlag noch dazu als die neue Stimme des Noir-Genres gepriesen wird.

Matthew Stokoe erzählt in "High Life" die Geschichte zutiefst unsympathischer Menschen: Jack, der in L. A. ein Star werden will, aber doch nur als Stricher reüssiert; seine Prostituiertenfreundin Karen, die grausam umgebracht wird; und der widerliche Polizist Ryan. Es geht jedoch weniger um die Suche nach dem Täter, sondern um die so berechnende wie plakative Darstellung sexueller Abartigkeiten, je grausamer, desto lieber. Was bei "American Psycho" noch als satirisch gemeinte Kokainhysterie durchging, wirkt hier in all seiner Ausführlichkeit nur langweilig und ekelhaft. Zum Lesen bestenfalls für Studentlein geeignet, die das Buch "sowas von arg" finden werden ... und zum Aufregen für ganz kleine Kleinbürger.

This is not Noir. Weitermachen.

Donald E. Westlake - The Comedy Is Finished

Hard Case Crime (Titan Books) 2011

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Nur der Vollständigkeit halber sei auch der Roman "The Comedy Is Finished" von Donald E. Westlake erwähnt, dessen "verschollenes" Manuskript Max Allan Collins nach dem Tod des Krimigenies im Keller entdeckte (angeblich ...) und das nun bei Hard Case Crime erschien. Es ist die Geschichte eines alternden Komikers à la Bob Hope, der immer auf der Seite des Systems stand, aber in den Siebzigern, nach Vietnam und Watergate, an allem zweifelt. Der Protagonist wird von einer revolutionären Gruppe entführt - und das einzige Spannungselement ist die Frage, ob er überleben wird. Wenn man nicht alles von Westlake (alias Richard Stark) lesen muß, kann man sich diese Komödie der Irrungen sparen. Es hatte schon seinen Grund, daß das Buch bisher unveröffentlicht blieb ...

"Schmauchspuren"


... erscheint in gedruckter Form seit 2005 in der höchst empfehlenswerten österreichischen Literaturzeitschrift "Buchkultur" - für Menschen, die beim Lesen noch nicht die Lippen bewegen müssen - und wird zeitversetzt Web-exklusiv im EVOLVER veröffentlicht.

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