Oliver Harris: London Killing
ØØØØ
The Hollow Man
Blessing (D 2012)
... sind zwar nicht unbedingt als Sympathieträger prädestiniert, können einem Thriller jedoch die gewisse Würze verleihen. 01.05.2012
So schaut’s also aus: Nach den gefühlsduseligen, ehebrechenden und saufenden Kommissaren kommen jetzt die richtigen Arschlöcher. Schon unlängst erdachten Michael Hjorth und Hans Rosenfeldt für ihr vielbeachtetes (wenngleich inhaltlich wenig überzeugendes) Krimidebüt Der Mann, der kein Mörder war einen Ermittler, den man am liebsten in die Hölle wünschte.
Eine ähnlich rücksichtlose, skrupellose Drecksau ist der Londoner Detective Nick Belsey, der eine Menge Schulden und außerdem ein Disziplinarverfahren am Hals hat. Nicht zum ersten Mal erwacht er nach einer Wirtshaustour frühmorgens im Straßendreck; diesmal neben einem schrottreifen Streifenwagen.
Seinen Vorgesetzten platzt der Kragen, weswegen sie ihn nur noch auf einen Vermißtenfall ansetzen. Ein russischer Oligarch ist abgetaucht. Wen kümmert's? denkt Belsey, der dem Beispiel des reichen Russen nur zu gerne folgen würde. Dementsprechend lustlos begibt er sich auf die Suche nach dem Unternehmer. Nur durch Zufall stößt er auf dessen Leiche. Offenbar Selbstmord. Auch keine schlechte Idee, denkt Belsey.
Doch als er sich in der Villa des Verstorbenen umschaut und dabei Hinweise auf ein kapitales Bauprojekt findet, reift in dem Ermittler ein anderer Gedanke: Was, wenn er die Identität des Toten annimmt, dessen Baupläne weiterspinnt - und sich dann, die Taschen voller Geld, ins Ausland absetzt?
Dumm nur, daß schon jemand anderer auf exakt die gleiche Idee gekommen ist. Noch fataler, daß die Fäden, die dieser zweite, falsche Oligarch knüpft, hoch reichen - bis in die Oberliga der Londoner Gesellschaft und die der Polizei.
Soviel ist sicher: Der Autor hat mit Nick Belsey einen Unsympathler par exellence geschaffen. Zum Helden taugt der desillusionierte, heruntergekommene Detective zu keiner Zeit. Selbst gegen Ende, als er vor lauter Lügen und Korruption dem Untergang geweiht scheint, wünscht man ihm genau das: den Untergang. Er hat es nicht anders verdient. Und doch, so widersprüchlich es klingt, hat es einen hohen Unterhaltungswert, Belsey dabei zuzuschauen, wie er sich aus dem Sumpf, in den er durch eigenes Verschulden geraten ist, befreien kann.
Zwar trägt Harris dabei hin und wieder ein bißchen zu dick auf. Und im Gewusel der vielen Übeltäter, mit denen der Ermittler sich konfrontiert sieht, droht wiederholt der Überblick verlorenzugehen. Trotzdem: ein gelungenes Thrillerdebüt!
Oliver Harris: London Killing
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The Hollow Man
Blessing (D 2012)
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