Print_Carol O'Connell - Tödliche Geschenke

Tödliche Langeweile

Mag sein, daß die Autorin literarisches Talent hat. Leider heißt das noch lange nicht, daß sie auch in der Lage wäre, spannende Thriller zu schreiben.    10.04.2012

Oren kehrt nach zwanzig Jahren in sein Heimatdorf zurück, weil die Haushälterin seines Vaters ihm einen Brief geschrieben hat. Schon wenige Minuten nach seiner Ankunft erfährt Oren den Grund dafür: Immer wieder werden Menschenknochen auf der Terrasse ihres Hauses abgelegt.

Offenbar die Knochen des vor zwanzig Jahren spurlos verschwundenen Josh, Orens Bruder. Viele im Dorf glaubten damals, Oren sei es gewesen, der seinen Bruder in den Wald verschleppt und dort umgebracht habe. Beweise dafür gab es nicht, Motive noch viel weniger. Doch die Gerüchte hielten sich hartnäckig, weshalb Oren von seinem Vater in ein Internat verfracht wurde.

Sohn weg. Problem erledigt.

 

Doch jetzt ist Oren zurück, und mit ihm die bleichen Knochen seines Bruders. Erinnerungen kochen hoch. Zumindest sollten sie das. Bei Carol O'Connell köcheln sie auf Sparflamme.

Ein paar halbherzige Vernehmungen hier, ein paar wüste Verdächtigungen dort, überall geheimniskrämerische Bauern oder unsympathische Dörfler, von denen jeder der Mörder sein könnte, und darübergestreut eine vermeintlich würzige Prise Mystery, für die ein okkultischer Rentnerkreis sorgt, der sich regelmäßig tief in den Wäldern trifft.

Und sonst?

 

So mache Kritiker bescheinigen der Autorin literarisches Talent. Doch Sprachkunst sagt leider nichts über das Vermögen aus, einen spannenden Thriller samt mitreißender Charaktere zu entwerfen.

Bereits mit Der Mann, der die Frauen belog und Such mich - zwei Krimis aus der Reihe über die spröde Polizistin Kathleen Mallory - hat O'Connell bewiesen, wie wenig sie in der Lage ist, Leser in ihren Bann zu ziehen: Figuren, die auf Distanz bleiben. Ermittlungen, die sich derart fad dahinziehen, daß man auf halber Strecke das Interesse an der Auflösung verliert.

 

Die Hoffnung war groß, daß der Autorin mit ihrem neuen Roman, einem Stand-Alone, endlich faszinierende Figuren gelingen. Vergeblich: "Tödliche Geschenke" ist genauso langweilig wie ihre bisherigen Werke.

Marcel Feige

Carol O'Connell: Tödliche Geschenke

Ø

Bone by bone

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btb (D 2012)

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