Sky Nonhoff - Don´t believe the hype!
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Fischer-Verlag (Frankfurt a. M. 2005)
Ein deutscher Journalist betreibt gnadenloses Ikonen-Bashing - in einem knapp 300 Seiten langen, von heiligem Zorn genährten Rundumschlag. 04.10.2005
Ist das jetzt Anti-Hype oder Anti-Hype-Hype oder Anti-Anti-Hype-Hype? Wir wissen es nicht ... Jedenfalls macht es offensichtlich jede Menge Spaß, berühmte Menschen zu verprügeln - und dieses gnadenlose Ikonen-Bashing bringt auch noch jede Menge Geld. Die Geldschweine werfen bekanntlich auch auf das Thema Popmusik ganz schön lange Schatten.
Sky Nonhoff und seine Freunde sind in "Don´t believe the hype!" aber nicht nur wütend, nein, sie sind auch traurig und enttäuscht. Wo ist er nur hin, der gefährliche Rock´n´Roll, der ganz leicht zu einer persönlichen Gefahrensituation eskalieren konnte, und warum setzt sich dem heute kaum mehr jemand aus? Wo sind unsere anarchistischen Helden, die schwarzen Ritter einer unfreundlichen Übernahme der Musikindustrie - alle sind sie alt geworden und fett und reich. Und Patti Smith gibt der "Presse" ein Interview. Das ist doch wirklich das Letzte ...
An Smith selbst, den Beatles, Stones und Konsorten skizziert "Don´t believe the hype" den prototypischen Werdegang von mittlerweile künstlerisch ausgelaugten Opportunisten, deren Enthusiasmus sich in marktkonformem Reproduzieren erschöpft. Der Heiligenschein der Rock´n´Roll-Helden ist zum Geschäftsradius verkümmert, Konzeptalben werden als Kundenbindungsprogramme geplant, aus dem Rock-Tribe, wild und unbeherscht, wird eine durchkalkulierte Stammkundenakquisition, der Bluesman wird zum Kaufmann, und der Rock´n´Roll-Zirkus stirbt einen leisen Tod hinter Sicherheitsgittern, mit doppeltem Netz und völlig bodenlos.
Dabei hat alles so schön begonnen, damals: Pilotprojekt Rock, Bandstand, Schweiß und Chaos, geschaffen aus dem schwarzen Blues einer verschleppten und versklavten Nation und dem weißen Blues einer politisch und sexuell verkümmerten Nation - was ist nur geschehen?
Neue Bewertungskriterien, Teufel, Teufel, Marginalisierung, Perspektivenumkehr, Wettbewerbsrelevanz … Freunde und Freundinnen, ein Rock-Album ist eben kein Gutachten über die Menschenrechtssituation eines Landes, heißt es dann. Eben, eben, deswegen haben wir unser MTV, diesen Mist, diesen über weite Strecken mit wertloser Musik unterlegten Gymnastikkurs.
Sky jedoch läßt uns nicht ohne ein Wort des Trostes zurück. Das letzte Kapitel stellt 100 Tonträger aus sieben Jahrzehnten vor, die von den Autoren als empfehlenswert eingestuft werden, ohne Anspruch auf Vollständigkeit und im vollen Bewußtsein einer ganz persönlichen Wertung.
Sollte die Sehnsucht nach guten alten Säcken zu groß werden, empfehlen sich abseits obiger Alternativen Lemmy von Motörhead, B. B. King oder bereits tote gute alte Säcke wie Gene Krupa oder Valaida Snow - alles besser als 100.000 Jugendliche beim Papst.
Ansonsten gilt, was schon Bill Haleys Comets wußten: THE FIGHTS ARE DIFFERENT - THE WAR IS THE SAME.
Sky Nonhoff - Don´t believe the hype!
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Fischer-Verlag (Frankfurt a. M. 2005)
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