Nora Miedler - Warten auf Poirot
ØØØØ
(Ariadne-Krimi im Argument-Verlag)
Will ich so etwas wie Absolution von Ihnen? Könnte sein.
Die Videothekarin Charlie hat´s nicht leicht. Ihr Leben ist nicht gerade von Erfolg geprägt, ihre Familie ist eine wandelnde Katastrophe, und vor gar nicht allzulanger Zeit hat es sie auch noch in eine Nervenklinik verschlagen. Und daß sie noch dazu in den Bruder ihrer intriganten Freundin Rita verliebt ist, macht das Leben auch nicht angenehmer, da diese Zuneigung nicht unbedingt auf Gegenseitigkeit beruht.
Da scheint ein Neujahrs-Kurzausflug mit vier Jugendfreundinnen in die österreichischen Alpen wenigstens eine willkommene Abwechslung zu versprechen - allerdings mehr Abwechslung, als ihr lieb ist. Denn gleich nach Bezug ihrer einsam gelegenen (was sonst?) Berghütte kommt ein wuchtiger Schneesturm auf, der die fünf jungen Frauen völlig von der Außenwelt abschneidet. Keine Sicht, kein Handy-Empfang ... und ein Mord. Natürlich mit der Erkenntnis, daß eine von ihnen die Mörderin sein muß.
Was folgt, ist ein Setting, wie wir es von Agatha Christie kennen: ein klassischer Whodunit, allerdings einer, der atmosphärisch eher an "In 3 Tagen bist du tot" als an die distinguierte Welt untergegangener britischer Noblesse erinnert. Was nämlich wie ein etwas seifiger Zickenkrieg beginnt, wandelt sich unversehens in einen mit Survival-Horror-Elementen abgeschmeckten klaustrophobischen Thriller, der nicht nur die Psyche der Protagonistinnen freilegt.
Mit Warten auf Poirot legt die Wiener Schauspielerin Nora Miedler einen schnörkellosen Debütroman hin, dem man seine Debüthaftigkeit allerdings keine Zeile lang anmerkt. Natürlich hat Miedler nicht das Rad der Krimiliteratur neu erfunden - doch mixt sie (scheinbar) bekannte Sujets zu einem eigenständigen und spannenden Genreeintrag, der etwas darstellt, was in hiesigen Landen immer noch Seltenheitswert hat: eine gute Geschichte, und die auch noch gut erzählt.
Patient tot - Operation gelungen.
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