Thomas Ballhausen - Die Unversöhnten
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(Skarabäus Verlag 2007)
Außen regnet es, innen bleibt die Zeit stehen. Der Auftrag an mich war, wie immer, im toten Briefkasten hinterlegt worden.
So beginnt der Roman "Die Unversöhnten" von Thomas Ballhausen.
Der Beauftragte ist Asterios, Berufskiller, zudem eine respektgebietende Mischung aus Mensch und Stier. Seine Geschichte, seine Herkunft gehen bis auf die Antike zurück (inklusive Minotaurus). Asterios sieht sich aus der archaischen Welt der Mythologie, wo er an der Seite seiner geliebten Ariadne aufwuchs, und Daedalus, der Vater des Ikarus, sein Lehrer war, in eine nicht weniger archaische neuzeitliche Atmosphäre versetzt. Eine Erklärung dafür gibt es nicht. Zur "Zeit" des Buches treibt sich Asterios in einer namenlosen, ziemlich apokalyptisch anmutenden Stadt herum, um dort seiner Arbeit nachzugehen. Eine wie auch immer geartete Regierung scheint nicht mehr zu existieren, eine schleichende "Vervorortung" hat die Städte zum A-Level rivalisierender Syndikate, religiöser -isten und unabhängiger (?) Einzelner verkommen lassen. Zwischen unbefriedigenden Liebesaffären (unter anderem mit dem davongekommenen Opfer eines Serienmörders) und rituellen Besuchen einer langsam verfallenden Bibliothek erledigt er seine Aufträge, gewohnheitsmäßig, ohne Begeisterung, ohne Ekel, ohne Gefühle.
Thomas Ballhausen, selbst - nebst anderem - auch Leiter des Studienzentrums des Filmarchivs Austria und Mitarbeiter in der dortigen Bibliothek, hat die Absätze bzw. Absatzfragmente der vier Kapitel von "Die Unversöhnten" in kurze Paragraphen unterteilt: für den Bibliothekar aus Leidenschaft ein ordnendes Prinzip, für die Leser eine Gliederung, die nicht selten an Panels erinnert und so eine angenehme Nähe zu guten Comics erzeugt. Überhaupt besitzt die Geschichte einen massiven (Comic-)filmischen Appeal, und es wäre absolut nicht verwunderlich, wenn demnächst eine graphic novel-Version derselben das fahle Licht der Welt erblicken sollte. Daß der Schriftsteller und Kulturwissenschaftler Thomas Ballhausen im deutschen Feuilleton derzeit ein wenig als Darling der österreichischen Literaturszene gehypt wird, sollte dabei niemanden bekümmern, am allerwenigsten den Autor selbst. Vom Betroffenheitsschwulst diverser Kolleginnen und Kollegen ist er ebenso weit entfernt wie vom aufgesetzten Eklektizismus fußballernder Austropop-Autoren. Und Menschen, die das von John Brunner erfundene "Lexikon der Hip-Delikte" in die Story einfließen lassen, muß man sowieso liebhaben.
Nicht nur deswegen.
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