Peter Sloterdijk - Zorn und Zeit
ØØØ
Suhrkamp (Frankfurt a. M. 2006)
Autorenphotos © Peter Rigaud
Politiker und Philosophen haben eines gemeinsam: Beide reden gerne viel, sagen aber oft nur wenig. 06.03.2007
Peter Sloterdijk ist ein produktiver Mann. Vor zwei Jahren veröffentlichte er den dritten Band seiner monumentalen "Sphären"-Trilogie - und anstatt dann einmal tief durchzuatmen, wie es wohl viele getan hätten, stellte er schon wenig später mit "Der Weltinnenraum des Kapitals" gleich wieder ein paar hundert Seiten Bildung in die Regale der Buchhandlungen. Dementsprechend groß war die Überraschung, als Sloterdijk vor wenigen Wochen schon wieder ein Buch vorlegte. Die Erwartungen waren hoch und die Rezensionen und Interviews der tagesaktuellen Presse überaus freundlich. Fragt sich nur, wieviele der Rezensenten sich durch den gesamten Text gerackert haben (dieser hier sicher nicht!) ...
Warum überschlagen sich die Leute so vor Begeisterung über Sloterdijks Sprache? Philosophen geht es doch um das Verstehen; ist es da zuviel verlangt, daß sie verständlich schreiben? Okay, Sloterdijk ist verständlicher als viele seiner Kollegen, aber das ist keine Kunst. Nur: Reicht das wirklich schon? Sowas zum Beispiel nervt doch:
- Politische Felder werden durch den spontanen Pluralismus selbstaffirmativer Kräfte geformt, deren Verhältnis zueinander sich kraft interthymotischer Reibungen verändert.
- Politische Meinungen werden konditioniert und redigiert durch symbolische Operationen, die einen durchgehenden Bezug zu den thymotischen Regungen der Kollektive aufweisen.
[...]
- Machtkämpfe im Innern politischer Körper sind immer auch Vorrangkämpfe zwischen thymotisch geladenen, umgangssprachlich: ehrgeizigen Individuen mitsamt ihren Gefolgschaften; die Kunst des Politischen schließt darum die Verfahren der Verliererabfindung ein.
Der letzte Punkt ist sprachlich und inhaltlich verräterisch: Sloterdijk erkennt erstens sogar selbst, daß er einen umgangssprachlichen Einschub braucht. Zweitens ist das wohl alles ein bißchen zu simpel, trotz der komplizierten Formulierung. Die Politik kennt Verliererabfindung wohl nicht, weil ehrgeizige Gruppen gegeneinander kämpfen. Sonst müßte es auch im Kapitalismus Verliererabfindung geben, denn auch da kämpfen Ehrgeizige gegeneinander ...
In (partei-)politischen Systemen finden die Sieger die Verlierer ab, weil sie dafür nicht selbst aufkommen müssen - könnte man einmal aus der Hüfte heraus sagen.
Die Kernaussagen des Buches lassen sich kurz so zusammenfassen: Massen sind über Gefühle wie Stolz und Zorn politisch zu mobilisieren, und politische Bewegungen versuchen, für diese Emotionen quasi die Treuhänderschaft übertragen zu erhalten. Sie fungieren als "Zornbanken", in die man seine Emotionen einbringen kann. Dann hofft man, daß die Banken die Einlagen von Millionen Menschen bündeln und richtig investieren ... hmm. Wirklich neu ist das nicht, oder?
Die Metapher der Zornbanken ist zumindest phantasievoll. Sloterdijk gelingen darauf aufbauend ein paar sehr interessante Geschichts- und Kulturinterpretationen, zum Beispiel zum Wesen zeitgenössischer Kunst. Das ist wirklich gut. Aber letztlich hätte dafür wohl auch ein Aufsatz gereicht; ein 350seitiger Schmöker ist eindeutig zuviel des Guten.
Voltaire hat einmal geschrieben: "Hätte ich mehr Zeit gehabt, wäre dieser Brief kürzer geworden." Vielleicht sollte sich Peter Sloterdijk auch ein wenig Luft gönnen.
Peter Sloterdijk - Zorn und Zeit
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