Print_Kristín Marja Baldursdóttir - Kühl graut der Morgen

Starke Frau und schwaches Ende

Exzentrische Lehrerinnen mit Stil - das kennt man ja. Als Schüler hat man solche Schreckschrauben gehaßt, in Romanen aus Island soll man sie plötzlich gut finden.    16.12.2002

Baldursdóttirs Debütroman "Möwengelächter" war ein großer Wurf. Verständlich, daß man den neuen Roman der isländischen Autorin mit Spannung erwartet. Auch in "Kühl graut der Morgen" steht eine außergewöhnliche Frau im Mittelpunkt der Handlung. Thórsteina Thórsdóttir ist eine "Lehrerin von Gottes Gnaden" - attraktiv, streng, scharfzüngig, bewundert und gefürchtet zugleich. Schlechte Manieren und schlechter Geschmack sind ihr zuwider. Sie raucht Zigarillos, beobachtet ihre Mitmenschen mit dem Fernglas; sie hat einen Liebhaber in Frankreich und liest prinzipiell nur Wörterbücher. Bis eines Tages ihr exakt geregeltes Leben durch den jungen Mathematiklehrer Atli gehörig durcheinander gebracht wird. Einerseits verwirrt er Thórsteina mit seiner unbekümmerten Art, benötigt aber andererseits ihre Hilfe gegen pubertierende Schülerinnen und gewaltbereite Schüler.

Baldursdóttir versteht es wieder auf amüsante Weise, eine originelle Frauenfigur zu schaffen. Sie bringt einige Facetten ihrer Heimat Island ein und beschäftigt sich mit den Drogenproblemen der Jugend. Leider aber verpufft die von ihr gekonnt erzeugte Spannung in der Geschichte in einem flauen, fast unvollständigen Ende. Trotzdem kann man sich auf weitere Werke der Isländerin freuen, denn selten lernt man in der Literatur Frauen wie Thórsteina & Co. kennen.

 

Tanja Korn

Kristín Marja Baldursdóttir - Kühl graut der Morgen

ØØØ

(Kular af degi)


Krüger Verlag (Frankfurt a. M. 2002)

 

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