Print_Jennifer McMahon - Winter People

Was würde der King wohl tun?

Ein Kratzen aus dem Schlafzimmerschrank, das Scharren nackter Füße auf dem Holzboden ... Der Horror, den die US-Autorin in ihrem Debüt entfacht, ist zu schlicht, um richtig zu gruseln.    06.06.2014

Nach durchzechter Nacht mit ihrem Freund Buzz erwacht die 19jährige Ruthie mit einem höllischen Kater. Seltsamerweise fehlt von ihrer Mutter Alice jede Spur. Da die Frau Mama als überzeugter Althippie die Polizei nicht mag, machen sich Ruthie und ihre kleine Schwester selbst auf die Suche nach der Verschwundenen. Dabei stoßen sie auf ein altes Tagebuch - die geheimen Aufzeichnungen von Sara Harrison Shea.

Eben dieses Tagebuch bildet die zweite große Handlungsebene von "Winter People". Vor 100 Jahren nämlich hat Sara Harrison Shea in Ruthies Haus gelebt. Nachdem ihre Tochter Gertie tragisch verstarb, machte Sara eine folgenreiche Entdeckung: Es gibt nicht nur ein Leben nach dem Tod, sondern man kann Tote sogar wieder zurück ins Leben holen - für sieben Tage. Für die verzweifelte Mutter ist das die letzte Chance. Noch einmal kann sie für kurze Zeit ihr geliebtes Kind im Arm halten und sich gebührend von ihm verabschieden. Erfahrene Horrorleser ahnen natürlich schon, daß die Sache einen Haken haben muß ...

Jennifer McMahons Debüt kommt ganz zweifellos daher wie eine Mixtur aus "Friedhof der Kuscheltiere" und "Haunted House". Das liest sich zwar durchaus interessant, doch rechte Spannung, geschweige denn Grusel mag trotzdem nicht aufkommen. Dazu verliert sich McMahon zu oft in seitenlangen Rückblenden, mit denen sie die Vergangenheit ihrer Figuren ausleuchtet. Natürlich ist das alles entsetzlich tragisch und zudem wichtig für den Verlauf der Geschichte, da die Autorin neben dem eigentlichen Familiendrama um Ruthie und Sara noch eine Krimihandlung mit überraschenden Wendungen entwickelt. Dabei geht allerdings verloren, was eigentlich für Spannung sorgen sollte: der Gruselfaktor. Ein gelegentliches Kratzen aus dem Schlafzimmerschrank, das Scharren nackter Füße auf dem Holzboden, ein dunkler Schatten im Wald, das ist definitiv zu wenig - und außerdem hat man es schon Dutzende Male anderswo gelesen.

Bleibt die Frage zum Schluß: Was wohl ein Stephen King aus dieser Idee gemacht hätte?

Marcel Feige

Jennifer McMahon - Winter People: Wer die Toten weckt

ØØØ

(The Winter People)

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Ullstein (D 2014)

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