Print_Franck Pavloff - Brauner Morgen

Man vergißt schnell

Politische Einfarbigkeit ist immer etwas fragwürdig, egal in welchem System. Und selbst die größte Anpassungswilligkeit garantiert nicht, daß man unauffällig bleibt ...    12.05.2003

Paris ist braun. Das heißt: Unerwünschte Bücher werden verbrannt, Zeitungen, die nicht regimegetreu berichten, werden eingestellt, Leute mit nicht-braunen Haustieren werden verfolgt. Das Leben wird unangenehm und unsicher, aber "man vergißt schnell" und Pferdewetten helfen "den Ärger mit den neuen Bestimmungen zu verdauen". Selbstbestimmtes Handeln und Zivilcourage sind kein Thema. Man hat einfach alles in braun, benennt alles mit braun und kauft sich noch schnell ein braunes Haustier. So wie Charlie und sein Freund, der namenlose Ich-Erzähler in Franck Pavloffs Geschichte "Brauner Morgen". Und obwohl sich die beiden konform und unauffällig verhalten, sind sie in großer Gefahr, wie sich eines Tages herausstellt. Zwölf Seiten genügen Pavloff, um ein Szenario zu entwickeln, das banal klingt, aber Gänsehaut erzeugt und aufrüttelt. Ist das, was er beschreibt, Geschichte, das Heute oder gar die Zukunft? Möglicherweise alles zusammen. "Brauner Morgen" war in Frankreich ein Bestseller und wird es hoffentlich anderswo auch noch.

Tanja Korn

Franck Pavloff - Brauner Morgen

ØØØØ 1/2

(Matin brun)


Distel-Verlag (Heilbronn 2003)

 

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