Christoph Bochdansky - Anmerkungen zur Umgebung
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Verlag Wortreich (Ö 2015)
Wer sich vom spröden Titel abschrecken lässt, begeht einen groben Fehler. Dieses Buch ist imstande, die Welt der eigenen Erfahrungen derart auf den Kopf zu stellen, daß selbst Ohrensausen zum Schellengeklingel einer bunten Narrenkappe wird. 21.10.2015
Als gelernter Puppenspieler verfügt Christoph Bochdansky über das nötige Rüstzeug für ein solches literarisches Vorhaben; zudem arbeitet er noch als Puppenbauer, Regisseur sowie Ausstatter.
Praktischerweise sind seine "Anmerkungen" in fünf Gruppen unterteilt, dazu gibt es zwei Trilogien. jeder Gruppe steht eine Episode vor, die sich mit Robinson Crusoe beschäftigt, wie er immer und immer wieder Schiffbruch erleidet - und zwar sowohl im nautischen als auch im moralischen Sinn des Wortes. Damit beginnt auch schon das zauberhaft Erfreuliche dieses Buches, denn es macht Spaß, Crusoe stets aufs Neue scheitern zu sehen. Endlich ein kleiner, aber feiner Sieg der Phantasie gegen die Überheblichkeit.
Was also bringt Christoph Bochdansky dazu, die uns bekannte, berechenbare Welt zwischen zwei Buchdeckeln derart lustvoll aus den Fugen geraten zu lassen? Woher kommt dieser Facettenreichtum an Eindrücken? (Dem Autor ein Naheverhältnis zu Insekten zu unterstellen, beantwortet diese Frage nicht einmal annähernd.) Zweifellos behauptet er, Unglaubliches gesehen und erlebt zu haben: Äpfel, die auf Bäume zurückspringen, Porzellantassen als einzige Überlebende eines Schiffsunglücks, anregende Gespräche mit Bussarden, Pölstern, der Sonne, dem Mond und dem Tod. Mit einem Mal wird der bisher vertraute Gegenstand zum Mittelpunkt einer absurden Szenerie.
Mit fortgesetzter Lektüre schwindet das Vertrauen in das Vertraute beinahe vollständig, und der Übertritt in die Bochdansky-Identität erfolgt. Schon wächst uns zu den bekannten lebenswichtigen Organen das von ihm beschriebene Fellorgan, das uns zu gegebener Stunde in etwas weit Ursprünglicheres zu verwandeln imstande ist als jedes noch so seelenvoll gestaltete ländliche Trommelseminar. Mit besagtem Fellorgan versehen, wird eine Fahrt mit der Stadtbahn neben einem Greif sitzend, während sich Sphinx, Basilisk und Einhorn unter den Fahrgästen befinden, zu etwas völlig Alltäglichem. Genauso ist es mit Streitgesprächen zwischen Bäumen.
Mit dem allerletzten Badeurlauber verlassen wir Strand und Buch. Zurück bleibt der Leuchtturmwärter. Gut vorstellbar, daß sich der Autor in dieser Rolle sieht: der Leuchtturmwärter, der alles daransetzt, herannahendes Unglück zu verhindern. Zum Glück findet er dann doch noch Zeit für ein paar herrlich bizarre Zeichnungen, die mit brüllend komischen Untertiteln versehen sind.
Kann man ihn selbst laut lachen hören? Und wenn ja, wie weit? Zumindest bis in den tiefen Brunnen, in den er herabgestiegen ist, um mit einem Frosch über den Verkauf einer goldenen Kugel zu verhandeln. Wünschenswerterweise aber wesentlich weiter - wenn nicht gar überallhin. Wo auch immer das sein mag ...
Christoph Bochdansky - Anmerkungen zur Umgebung
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Verlag Wortreich (Ö 2015)
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