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Schmauchspuren #44

Fortsetzung folgt - jetzt. Krimikolumnist Peter Hiess berichtet diesmal, wie die absurden Action-Abenteuer Charles Hardies weitergehen, was Michael Crichton nach seinem Tod treibt und warum Sherlock Holmes und Butler Parker unsterblich sind.    15.04.2015

Peter Hiess

Duane Swierczynski - Der Wärter

Heyne Tb. 2012

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Als wir den Expolizisten Charles Hardie am Ende von Duane Swierczynskis "Der Bewacher" das letzte Mal sahen, fiel er schwerverletzt der Geheimorganisation in die Hände, die in den USA Promi-Morde inszeniert. Nur wenige Minuten später, gleich zu Beginn des Nachfolgers "Der Wärter", treffen wir ihn wieder. Er wird irgendwo gesundgepflegt und landet in einem geheimen unterirdischen Hochsicherheitsgefängnis, als dessen Direktor er fungieren soll. Doch Hardie will den Dingen in dem gothic-futuristischen Gemäuer auf den Grund gehen und herausfinden, wer die vermeintlichen Psychopathen dort sind und wer sie von außen (oder gar innen?) überwacht.

Wenn man mit dem Stanford-Prison-Experiment vertraut ist, kann man sich vorstellen, was da los ist - und wenn man Krimis liebt, erkennt man auch einige der Inhaftierten wieder. "Der Wärter" liest sich zwar nicht so schnell und actionreich wie sein Vorgänger, sondern eher klaustrophobisch und nachdenklich, ist aber durchaus packend. Und nach dem Schluß darf man auf Band drei mehr als gespannt sein ...

Michael Crichton & Richard Preston - Micro

Blessing 2012

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Nicht sehr gespannt war man nach dem Tod Michael Crichtons auf Neues aus der Feder des Science-Thriller-Bestsellerautors. Doch im Verlagsgeschäft ist alles möglich - und so erscheint vier Jahre später ein vom Genrekollegen Richard Preston fertiggestelltes Werk unter dem Titel "Micro". Die Bedrohung geht darin nicht von Nanotech oder Klimalügnern aus, sondern von winzigen Robotern und einer neuen Technologie, mit deren Hilfe sich Mensch und Gerät extrem verkleinern lassen. Der Rest folgt dem Schema F, wie es etwa aus Crichtons "Timeline" bekannt ist: Junge Naturwissenschaftler entdecken üble Machenschaften; größenwahnsinniger Firmenboß wird zum Mörder; Opfer werden verkleinert und bewegen sich durch eine Welt, wie man sie seit Jahrzehnten aus Filmen wie "The Incredible Shrinking Man" - diesmal unterfüttert mit biologischen Fakten - kennt; nur die Besten überleben. Und das alles ist so brav und routiniert runtererzählt, daß man für keinen der Protagonisten besondere Sympathie verspürt. Diese Auferstehung hätte man sich sparen können.

Buddy Giovinazzo - Cracktown/Piss in den Wind

Pulp Master Tb. 2011

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Keinesfalls ersparen sollte man sich die bewährte Krimireihe Pulp Master und die Bücher von Buddy Giovinazzo, die dort zur Freude des Noir-Fans erscheinen. Das neuübersetzte "Cracktown" ist eine Sammlung tiefschwarzer Vignetten aus der Hölle amerikanischer Großstadt-Ghettos, deren Bewohner von der Droge Crack in Verzweiflung, Perversion und hoffnungslose Sucht getrieben werden. (Heute setzen die Mächtigen dazu Crystal Meth ein, aber das Muster ist dasselbe.) Im Roman "Piss in den Wind" führt der Autor den Leser anhand seines Ich-Erzählers in die Abgründe einer mörderischen Psychose, wie das seit Jim Thompson niemand so überzeugend geschafft hat. Eindeutig kein Mainstream - und umso entdeckenswerter.

Links:

Christa Faust - Choke Hold

Hard Case Crime (Titan Books) 2011

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Das Problem mit Christa Faust ist, daß sie dem staunenden Publikum immer neue "extreme" Welten vorführen will - die außer Dorfschullehrern ohne Internet-Zugang aber schon jeder kennt. Ob Porno-Busineß (wie im zu Recht gelobten Vorgänger "Money Shot") oder diesmal die schräge Mixed-Martial-Arts-Welt; das alles mag ja ganz interessant sein, doch wenn der Plot unter dem Glitzer leidet, funktioniert es nur halb. So wie hier, wo die Ex-Pornokönigin Angel Dare aus dem Vorgänger im Zeugenschutzprogramm gelandet ist und sie einem sterbenden früheren Kollegen verspricht, auf seinen Sohn aufzupassen. Und der ist eben Kampfsportler aus besagter Szene ... Die Jagd führt durch Klischeekulissen wie mexikanische Grenzstädte oder die Wüste von Arizona, die vor dem geistigen Auge des Lesers durchwegs aussehen wie aus einem Film der Gebrüder Coen. Wenn dann noch die Dialoge so "witzig" sind wie ein Tarantino-Drehbuch, wünscht man sich sehnsüchtig die klassischen Pulp-Autoren aus dem Hardcase-Programm zurück.

J. J. Preyer - Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge/Der Butler setzt auf Sieg!

Blitz Tb. 2012

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Mit Klassikern befaßt sich auch der österreichische Autor Josef Preyer, der in seinen aktuellen Werken gleich zwei traditionsreiche Detektive wiederbelebt: einen aus der Krimi-Hochkultur in "Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge" - einem gelungenen Pastiche über das angeblich letzte Duell zwischen Holmes und seinem Erzfeind, in dem auch historische Persönlichkeiten wie Oscar Wilde eine Rolle spielen; den anderen aus dem Reich der "Schundhefte", nämlich den wunderbaren Butler Parker. Der hat den Fans gefehlt, konnte aber aus Copyright-Gründen nicht ganz wiederbelebt werden, und so heißt es hier nur "Der Butler setzt auf Sieg". Trotzdem ist Preyer ein ebenso brauchbarer wie flotter Roman um eine vom unnatürlichen Tode bedrohte Lady und deren dienstbaren Geist gelungen. Der Vielschreiber aus Steyr macht uns alle noch zu Viellesern ...

"Schmauchspuren"


... erscheint in gedruckter Form seit 2005 in der höchst empfehlenswerten österreichischen Literaturzeitschrift "Buchkultur" - für Menschen, die beim Lesen noch nicht die Lippen bewegen müssen - und wird zeitversetzt Web-exklusiv im EVOLVER veröffentlicht.

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