Musik_ Carl Maria von Weber - Oberon/Theater an der Wien
Weber-Revue im Versuchslabor
Der Puppenspieler Nikolaus Habjan ließ bei der Elfenoper regiemäßig keinen Stein auf dem anderen. Trotzdem gelang ihm eine hervorragende und vor allem hochmusikalische Inszenierung. Weniger inspirierend waren das Orchester, dessen Leiter Thomas Guggeis und manche der Sänger. Insgesamt konnte man aber froh sein, die Koproduktion mit der Bayerischen Staatsoper miterleben zu dürfen.
28.05.2019
Carl Maria Webers Märchenoper "Oberon" spielt eigentlich im Elfenreich, wo der titelgebende Feenkönig ein perfides Experiment startet, um die Treue zweier Paare zu testen. Diese Paare findet er mit Hüon/Rezia und Fatime/Scherasmin in Arabien.
Hier wird der geübte Opernbesucher recht schnell einige Mozart-Opern assoziieren. Wer beispielsweise "Die Zauberflöte" wiederzuerkennen glaubt, liegt nicht so falsch - man fühlt sich frappant an Tamino/Pamina und Papageno/Papageno erinnert. Oder an Fiordiligi/Don Ferrando aus "Cosi" … Und am Schluß des ersten Akts erscheinen einem bei der Szene mit dem alternden Kalifen vielleicht auch Selim Bassa und Konstanze aus der "Entführung aus dem Serail".
Mozart und sein Librettist James Robinson Planché haben sich also einige Anleihen bei dem Salzburger Komponisten geholt - zumindest szenisch. Musikalisch läßt Weber allerschönste Musik erklingen. Mit seiner einzigartigen und für die Zeit sehr fortschrittlichen Instrumentation macht er aus den Noten ein musikalisches Fest.
Das könnte es zumindest sein - wären da nicht das Wiener Kammerorchester und der Dirigent Thomas Guggeis. Das Orchester spielt das erste Mal eine Opernproduktion im Haus an der Wien und wird in der nächsten Saison öfters zu hören sein, was aufgrund dieser Serie nicht wirklich optimistisch stimmt. Im Gegensatz zum bisher eingesetzten RSO Wien und den Wiener Symphonikern läßt das Wiener Kammerorchester doch einige Qualitäten der beiden Spitzenensembles vermissen. Ob ausgeprägte Legatokultur oder ein fast unhörbares Pianissimo - die Unterschiede sind allzugroß. Vielleicht lag es aber auch nur am Dirigenten, der offenbar zu wenig mit den Musikern gearbeitet hat. Musikalisch hätte man diese großartige Partitur viel mehr zum Erblühen bringen können.
Gesanglich sind die Partien der Rezia und des Hüon sogar für Spitzensänger ein Prüfstein. Annette Dasch als Kalifentochter (mit ihrer Monster-Arie "Ozean, du Ungeheuer") oder Vincent Wolfsteiner als Hüon meisterten die fast unsingbaren Partien mit Bravour. Auch Daniel Schmutzhard (im wirklichen Leben Ehemann von Annette Dasch) und Natalie Kawalek waren ein hervorragendes Diener-Liebespaar. Interessant so nebenbei, daß Weber der "Fatime" im zweiten Teil fast eine Rossini-Arie komponierte.
Irgendwie fürchtete man vor der Aufführung, daß Regisseur Nikolaus Habjan die Zuseher zu sehr mit seinen Puppenspielen quälen würde. Umso positiver war man dann allerdings überrascht, daß hier eine packende und interessante Regie zu sehen war.
Habjan siedelte das Elfenreich in einem medizinischen Versuchslabor an, wo Oberon als Versuchsleiter und seine zänkische Gattin Titania als Versuchsleiterin zu erleben waren, die so nebenbei ihren Mann wie einen Waschlappen behandelte. Puck wurde von drei Personen (hier medizinische Assistenten) gespielt, die mittels Puppen gewisse Szenen gekonnt sichtbar machten. Der Regisseur zauberte aus der doch zeitlosen Geschichte ein optisches Erlebnis, von dem vor allem die Elfenszene im zweiten Teil, die am Meeresgrund spielt, in Erinnerung bleiben wird. Mit geradezu berauschenden Bildern konnte man Oberons Visionen nach seinem (Drogen-)Schuß mitfühlen.
Auf alle Fälle war diese Produktion mehr als gelungen - auch wenn sie musikalisch nicht mit der Inszenierung mithalten konnte. Sorgen könnte für die Zukunft das Orchester machen; hier müßte man bei der Auswahl des Dirigenten mehr achtgeben bzw. den Musikern weit mehr Zeit zum Proben und Arbeiten lassen.
Herbert Hiess
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