Rossinimania
ØØØ
Konzert mit Arien von Rossini und Mozart
Marie-Nicole Lemieux, Alt
Ensemble Matheus/Jean-Christophe Spinosi
Konzert am 13. Dezember 2015 im Theater an der Wien
Nicht alles, was sich gut liest, klingt auch gut. So waren die vom EVOLVER-Klassikexperten besuchten Konzerte im Theater an der Wien und das Silvesterkonzert in Grafenegg zeitweise wenig erfreulich. Dafür setzte man an der Wien mit "Peter Grimes" die Erfolgssaison 2015/2016 mit einer mehr als brillanten Opernproduktion fort. 20.01.2016
Mit einer "Rossinimania" wollte das Theater an der Wien die Adventzeit mit feurigen italienischen und diversen klassischen Werken auflockern. Doch leider ist gut gemeint manchmal das Gegenteil von gut - man spürte geradezu schmerzlich, wie durch eine falsche Werkauswahl so manche Darbietung ins Lächerliche abrutschen kann.
Die mit einer fülligen und virtuosen Stimme ausgestattete Frankokanadierin Marie-Nicole Lemieux wurde offenbar vom Teufel geritten, als sie die beiden Cherubino-Arien aus Mozarts "Figaro" mehr oder minder ins Publikum hineinbrüllte. Frau Lemieux hat einen recht schweren Kontra-Alt, der so gar nicht zu Mozarts Hosenrolle paßt. Dabei gäbe es ausreichend Werke, für die sich ihre Stimme besser eignen würde; das sinnlose Mozart-Experiment war also mehr als unnötig. Erst gegen Schluß des Abends konnte Lemieux überzeugen, vor allem bei den Zugaben aus Rossinis "Tancredi" und dem "Barbier von Sevilla". Auch das Ensemble Matheus unter Jean-Christophe Spinosi weckte diesmal bei den Zuhörern keine große Begeisterung. Am besten waren noch die einzelnen Orchesterstücke - und hier interessanterweise der Finalsatz aus Haydns Symphonie Nr. 82 in C-Dur (aus den "Pariser Symphonien"), bei dem das Orchester mit Musikalität und Brillanz auftrumpfen konnte. Weniger brillant waren leider die Arien-Begleitungen; hier hat man offenbar etwas zu wenig geprobt.
Auch die konzertante Aufführung von Jean-Baptiste Lullys Oper "Armida" stand unter keinem guten Stern. Das zeitweise ausufernde und rezitativlastige Werk verlangt den Hörern einiges an Konzentration ab. Wenn die Sängerbesetzung da nicht wirklich hervorragend ist, kann es passieren, daß die Tragödie um die Zauberin Armida nicht wirklich bezaubert. Herausragend bei den Sängern waren Marie-Adeline Henry, die mit ihrem ins Dramatische gehenden Sopran vielleicht manchmal ein wenig übertrieb, und Cyril Auvity als dänischer Kavalier. Maestro Christophe Rousset ist klarerweise ein Spezialist für den französischen Barock. Auch wenn sein Orchester "Les Talens Lyriques" hervorragend spielt - gegen das oft monoton anmutende Werk hatte es kaum eine Chance.
Ganz anders verhielt es sich bei Benjamin Brittens Oper "Peter Grimes", mit der das Theater an der Wien wieder einen großartigen Erfolg feiern konnte. In einer sehr bewegenden Inszenierung von Christof Loy wurde die Tragödie um den homosexuellen Fischer Peter Grimes und die an der Doppelmoral "leidende" Dorfgemeinschaft mit harten Bildern vorgeführt. Loy zeigte auch unverblümt, wie sich Grimes ausgesprochen triebgesteuert an junge Burschen wie etwa John heranmacht. Letzterer wurde großartig von Gieorgij Puchalski gemimt. Der Regisseur ließ zu keinem Zeitpunkt einen Zweifel daran, daß Grimes trauriges Ende von Anfang an vorgezeichnet ist.
Cornelius Meister und das ORF-Orchester setzten die komplexe Partitur in denkwürdige Klänge um. Britten war ein Meister darin, sämtliche Musikstile in die für ihn eigene Klangwelt umzusetzen. So kommen beispielsweise öfters madrigalartige und polyphone Szenen vor, die fast unbemerkt am Hörer vorbeiziehen. Benjamin Brittens Werke verlangen eben sehr aufmerksame Hörer. Phantastisch war an diesen Abenden auch die Sängerbesetzung, allen voran Joseph Kaiser als Grimes und Stefan Nagy als Swallow. Nagy kann man mit Sicherheit eine internationale Karriere voraussagen. Interessant bei den Sängerinnen waren Hanna Schwarz als Wirtin Auntie und Rosalind Plowright als schrullige und intrigante Mrs. Sedley. Beide Damen waren in Hauptrollen rund um die Welt tätig; schön, daß man sie hier wieder hören konnte.
Ein recht ländliches Erlebnis bot wiederum das traditionelle Silvesterkonzert mit den Tonkünstlern in Grafenegg. Der immer verbindlich lächelnde und moderierende Dirigent Alfred Eschwé führte durch ein abwechslungsreiches Programm, das leider mit wenig musikalischem Esprit ausgestattet war. Die bezaubernde chinesische Sopranistin Sumi Hwang führte ihren glockenhellen Sopran vor allem bei den französischen Arien mit Vehemenz vor; bei den Lehar-Arien merkte man aber deutlich, daß sie vielleicht noch etwas an ihrer MIttellage feilen sollte. Eschwé dirigierte in altbekannter Kapellmeister-Manier - aber bei Josef Strauss´ "Delirienwalzer" hätte er doch noch mehr proben und vor allem die Wiederholungen der einzelnen Walzer liefern können.
Rossinimania
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Konzert mit Arien von Rossini und Mozart
Marie-Nicole Lemieux, Alt
Ensemble Matheus/Jean-Christophe Spinosi
Konzert am 13. Dezember 2015 im Theater an der Wien
Jean Baptiste Lully - Armide
ØØØ
Tragédie en musique in fünf Akten und einem Prolog
Solisten: Marie-Adeline Henry, Marie-Claude Chappuis, Antonio Figueroa u. a.
Choeur de Chambre de Namur
Les Talens Lyriques/Christophe Rousset
konzertante Aufführung am 18. Dezember 2015 im Theater an der Wien
Benjamin Britten - Peter Grimes
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Oper in einem Prolog und drei Akten
Solisten: Joseph Kaiser, Stefan Cerny, Rosalind Plowright, Hanna Schwarz u. a.
Regie: Christof Loy
Arnold Schoenberg Chor
ORF Radio-Symphonieorchester Wien/Cornelius Meister
Premiere: 12. Dezember 2015
Reprisen: 14., 16., 20. und 22. Dezember 2015
(Photos: Monika Rittershaus)
Silvesterkonzert
ØØØ 1/2
Konzert in Grafenegg
Werke von Josef und Johann Strauss, Charles Gounoud u. a.
Sumi Hwang, Sopran
Tonkünstler-Orchester Niederösterreich/Alfred Eschwé
Konzert am 31. Dezember 2015 in Grafenegg
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