Musik_"Barbier" und "Hercules"
Figaro auf Entdeckungsreise
René Jacobs wurde seinem Ruf als Reanimator nicht wirklich repertoiretauglicher Werke wieder einmal gerecht. Mit der beispielhaften Produktion von Giovanni Paisiellos "Barbier" im Theater an der Wien belebten der Dirigent und das Regieteam das selten gespielte Opus. Fulminant war im selben Haus auch die Aufführung von Händels Oratorium "Hercules".
13.03.2015
Beaumarchais´ Komödie "Der tolle Tag oder die Hochzeit des Figaro" inspirierte die größten und bekanntesten Opernkomponisten (allen voran Mozart und Rossini) zu zeitlosen Meisterwerken. 1782 - also vier Jahre vor Mozarts großartiger Oper - fand in St. Petersburg die Uraufführung von Giovanni Paisiellos Vertonung der hochgradig revolutionären Literaturvorlage statt. Revolutionär war das Werk deswegen, weil sich hier in einer Komödie die Dienerschaft offensichtlich gegen ihre "Herrschaft" auflehnte und noch dazu ganz offen über sie lustig machte.
Paisiello hinterließ ein intensives musikalisches Schaffen, das ihm ungerechterweise dennoch nie zu dauerhaftem Weltruhm verhalf. Anhand der aktuellen Produktion im Theater an der Wien konnte man feststellen, daß der italienische Komponist zu seiner Zeit von namhaften Kollegen respektiert wurde; Mozart zitierte ihn beispielsweise mehrmals in seinem "Figaro"; da hört man deutlich die zweite Cherubino-Arie und im Finale sogar ein paar Takte von Mozarts Ouvertüre.
Das Regieduo Moshe Leiser/Patrice Caurier schuf eine interessante Deutung der spritzigen Komödie, die durch die düsteren Bühnenbilder anfangs vielleicht zu sehr gedämpft wirkte. So war der erste Teil stellenweise etwas zu lahm, was sich nach der Pause bis hin zum furiosen Finale aber legte. In der zweiten Hälfte bekam die Regie nämlich viel mehr Pfiff und Biß, was vor allem den hervorragenden Freiburger Barocksolisten und ihrem Chef René Jacobs zu verdanken war.
Die Solisten waren durchwegs exzellent - allen voran Pietro Spagnoli als Bartolo und Andrè Schuen als Figaro. Interessant war auch die Rollenverteilung der Protagonisten in dieser Oper: Während Bartolo bei Mozart und Rossini eher nebenbei zu hören ist, hat er bei Paisiello sozusagen die Hauptrolle.
Gleichzeitig zur "Barbier"-Serie gab es eine Tourneeproduktion von Händels Oratorium "Hercules". Die mythologische Geschichte um Liebe, Haß, Eifersucht und Tod wurde vom Wahlbriten Georg Friedrich Händel meisterhaft vertont. Bei den einzelnen Nummern bemerkte man häufig – wie es typisch für den Komponisten ist - den Unterschied zwischen kompositorischer Routine und wahrhaft zündenden Einfällen. Zudem konnte man eine der schönsten Arien entdecken: "My Breast With Tender Pity Swells" bezauberte durch eine einzigartige Instrumentation und ein wunderschönes Violinsolo.
Großartig interpretiert wurde das Oratorium übrigens von The English Concert unter Harry Bicket. Elizabeth Watts sang die erwähnte berührende Arie mit einem ebensolchen Sopran, Alice Coote war ihr weiblicher Counterpart mit (manchmal zu) hochdramatischem Mezzo. Auch die männlichen Solisten waren nicht zu verachten. Insgesamt kann man also auf eine Aufführung mit Erinnerungswert zurückblicken.
Herbert Hiess
Giovanni Paisiello - Il Barbiere di Siviglia
ØØØØØ
Dramma giocoso per musica in vier Akten
Bewertung wird gespeichert ...
Ihre Bewertung wurde gespeichert. [
OK]
Regie: Moshe Leiser/Patrice Caurir
Freiburger Barocksolisten/René Jacobs
Solisten: Mari Eriksmoen, André Schuen, Pietro Spagnoli u. a.
Theater an der Wien
Premiere: 16. Februar 2015
Reprisen: 18., 20., 23., 25. und 27. Febrauar 2015
(Photos © Herwig Prammer)
Links:
Kommentare_