Musik_Mozarts Zauberflöte im neuen Gewande
Neue Regie und alte Musik
René Jacobs - das bedeutet nicht nur eine sehr persönliche Betrachtung der gebotenen Musik, sondern auch eine relativ freizügige Auslegung der Anweisungen der Komponisten. Kommt da noch ein investigativer Regisseur wie Torsten Fischer dazu, dann ist das Ergebnis eine "Zauberflöte" abseits vom Alltag. Besser konnte die Saison 2017/18 im Theater an der Wien gar nicht beginnen.
23.10.2017
Die Neuproduktion von Mozarts "Zauberflöte", diesem oft fälschlich als Kinderoper bezeichnetem Meisterwerk, konnte restlos begeistern. Torsten Fischer hatte im Theater an der Wien die heikle Aufgabe, das Werk mit 30 Nummern, das leicht zur Zerrissenheit neigt, in ein szenisches Konzept zu packen. Das Ergebnis war eine kurzweilige, interessante und fast im Fantasy-Reich angesiedelte Produktion. Der Regisseur schaffte es, den Wechsel zwischen Spieloper und "großer Oper" so zu gestalten, daß man als Zuseher fast übergangslos durch die zwei Akte geführt wurde.
René Jacobs ist eine Klasse für sich. Der ehemalige Countertenor ist ein großer und großartiger Spezialist für Alte Musik und schafft es, trotz seiner musikalischen Freizügigkeit offenbar immer die Anweisungen des Komponisten zu erfüllen bzw. es so klingen zu lassen, daß man nie den Eindruck hat, es ginge dem Maestro nur darum, aufzufallen. Daher war man gar nicht besonders überrascht, im Orchestergraben Jacobs´ geliebte große Trommel und das "Gewitterblech" (Anm.: ein hängendes Metallrechteck, das gewitterähnliche Geräusche erzeugt) zu sehen. Auch ein Hammerklavier war vorhanden, das vor allem bei den burlesken Szenen (in erster Linie bei Papageno) zum Einsatz kam. Die "Vogelfänger"-Arie am Anfang wurde überhaupt in einer Kammermusikversion mit Hammerklavier gespielt, was überraschend eindrucksvoll klang.
Jacobs nahm sich auch die Freiheit, zu Beginn des zweiten Akts "Eine kleine deutsche Kantate" (Text von Franz Heinrich Ziegenhagen) aufzuführen, die Mozart 1791 komponierte. Fischer baute dies szenisch so ein, daß Tamino quasi aus einem "Lehrbuch" von Sarastro vorträgt.
Gesungen wurde auf Weltklasseniveau - herausragend waren vor allem Sebastian Kohlhepp als Tamino, der Russe Ivashchenko als Sarastro und Nina Minasyan als Königin der Nacht. Man wird sich den schwierig auszusprechenden Namen des Koloratursoprans merken müssen, da sie die unter dieser Regie nicht wirklich böse Königin der Nacht mehr als begeisternd zelebrierte.
René Jacobs machte (trotz mancher Unsauberkeiten im Orchester) aus Mozarts letztem Bühnenwerk ein grandioses Musikfest. Schöner konnte man sich den Saisonstart wirklich nicht wünschen.
Herbert Hiess
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