The Three Tenors at Christmas
José Carreras, Placido Domingo, Luciano Pavarotti
div. Orchester und Dirigenten
Decca/Universal (D 2008)
Wer weihnachtliche Musik abseits vom Kaufhausgedudel sucht, tut sich erwartungsgemäß ziemlich schwer. EVOLVER-Klassikexperte Herbert Hiess hat dennoch einige hörenswerte Tonträger ausfindig gemacht. 12.12.2008
Weihnachten verkommt immer mehr zu einem Allerweltsspektakel - schon allein durch die "völkerverbindende" Durchmischung, die selbst Japaner und Amazonas-Indianer das Frohe Fest begehen läßt. Zudem traut man sich nur mehr in den seltensten Fällen "Weihnachten" dazu zu sagen, da es bei den coolen Marketing-Strategen schon längst "Christmas" heißt. Oder vielleicht doch gleich "X-Mas"?
Wenden wir uns von solch schnöden Überlegungen ab und lieber der Muse zu. Da traut sich die Universal doch tatsächlich, eine CD mit den drei Tenören Carreras, Domingo und Pavarotti unter dem Titel "The Three Tenors at Christmas" zu veröffentlichen. Wer sich an diesem Titel nicht stößt, bekommt eine der schönsten Weihnachts-CDs zu hören - natürlich nicht wirklich eine Gemeinschaftsproduktion der drei Gesangspromis, sondern eine Zusammenstellung aus weihnachtlichen Aufnahmen. Vor allem Placido Domingos Auszüge aus einer Sakral-CD sind hörenswert. Mit einem italienischen Orchester unter dem zu früh verstorbenen Marcello Viotti beweist der Star wieder einmal, warum er so (relativ) einsam an der Spitze steht. Strahlende Spitzentöne werden von gehauchten Pianissimi abgelöst; eine Nummer singt er mit der norwegischen Sopranistin Sissel, die er einmal zum "Christmas in Vienna" mitgebracht hat. Wunderschön gelungen sind die diversen "Ave Maria", vor allem jenes von Pietro Mascagni, das Domingo ebenfalls gemeinsam mit Sissel singt. Leider hört man von der hübschen und schönsingenden Dame nichts mehr.
Wer übrigens die drei Tenöre im Original hören will, dem bleibt sowieso nur die 1999er-"Christmas in Vienna"-Aufnahme von Sony aus dem Wiener Konzerthaus, die man sich besser gar nicht vorstellen kann. Gänsehautgefühl bringt hier vor allem das "Minuit Cretien" von Adolphe Adam mit Pavarotti und Domingo. Obwohl Pavarotti die ersten beiden Takte so richtig verschleimt ist, klingt das Lied unvorstellbar strahlend aus. Dann singen sich die drei quer durch die Weihnachts-Hits bis hin zu "Feliz Navidad" von Jose Feliciano.
Ein anderes Weihnachtsgefühl der klassischen Art liefert die EMI mit "Christmas with the Stars". Hier zelebrieren unter anderem Natalie Dessay, Barbara Hendricks, Patricia Petibon, Kiri te Kanawa, Rolando Villazon und Roberto Alagna Weihnachtslieder aus der ganzen Welt. Interessant, daß auch der Meistertrompeter Maurice André bekannte Lieder in höchster Qualität zum Vortrag bringt. Da geht einigen Leuten vielleicht gar nicht mehr die menschliche Stimme ab; zumal manche Lieder so eine hallige Akustik haben, daß man die Stimme - vor allem von Alagna - gar nicht gescheit erkennen kann.
Wer aber klassische Weihnachten in höchster Vollendung und auf künstlerisch erstklassigem Niveau haben möchte, sollte sich entweder an die Doppel-CD "Classic Christmas Carols" oder die 4-CD-Box "Christmas Carols" halten. Auf ersterer singt der Choir of King´s College, der 1441 von König Heinrich VI. gegründet wurde. Wie einige andere britische Chöre beweist auch dieses Ensemble, wie man Perfektion, Gefühl und Musikalität vereinen kann. Unter den Chorleitern Sir David Willcocks, Sir Philip Ledger und dem derzeitigen Direktor Stephen Cleobury singt der Chor 50 (!) Meisterwerke der weihnachtlichen Chorliteratur vom Mittelalter bis zur Gegenwart - entweder a cappella, mit Orgel oder begleitet vom großartigen Philip Jones Brass Ensemble.
Ganz anders die große Box mit dem Taverner Consort unter ihrem Chef Andrew Parrott: Die vier CDs vereinen weihnachtliche Musik quer über fünf Kontinente und sieben Jahrhunderte, wie das Cover und das Beiheft betonen. Im Gegensatz zum King´s College hat das Taverner Consort erst eine 35jährige Tradition, was aber der Qualität keinen Abbruch tut. Mit voller Pracht, Musikalität und Perfektion zelebrieren die Briten auch hier Musik vom Feinsten. Beide Boxen sind absolut empfehlens- und hörenswert.
The Three Tenors at Christmas
José Carreras, Placido Domingo, Luciano Pavarotti
div. Orchester und Dirigenten
Decca/Universal (D 2008)
Weihnachten mit den drei Tenören
José Carreras, Placido Domingo, Luciano Pavarotti
Gumpoldskirchner Spatzen
Wiener Symphoniker/Steven Mercurio
Sony Classical (D 2000)
Christmas with the Stars
Barbara Hendricks, Patricia Petibon, Kiri te Kanawa, Natalie Dessay, Thomas Hampson, Rolando Villazon, Roberto Alagna
Maurice André (Trompete)
div. Orchester und Dirigenten
EMI Classics (D 2008)
Classic Christmas Carols
Choir of King´s College, Cambridge
Philip Jones Brass Ensemble
Sir David Willcocks, Sir Philip Ledger, Stephen Cleobury
EMI Classics (D 2008)
Christmas Carols
The Taverner Consort/Andrew Parrott
Virgin/EMI Classics (D 2008)
Hören darf man heuer auch ganz ohne Maske. Grund genug für den EVOLVER-Klassikexperten Herbert Hiess, seine Musiktips für die Weihnachtszeit unter den virtuellen Christbaum zu legen.
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Wie Political Correctness als brutale Verlogenheit entlarvbar ist, zeigt das Stück "Der Vorname" des Autorenduos Patellière und Delaporte. Herbert Hiess hat es in den Kammerspielen erlebt.
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