Musik_Turin Brakes - Ether Song

Quiet is the old loud

Die ruhige Popmusik der Nullenjahre, vorgetragen mit der langweiligen akustischen Lagerfeuerklampfe, mag etwas für verliebte Oberstufenschüler sein. Ihre beste Zeit allerdings hat sie gottlob nie erlebt.    14.04.2003

Das vor zwei Jahren eingeführte und heftigst gepushte New Acoustic Movement mit seinem Slogan "Quiet Is the New Loud" war eigentlich gar kein "Movement", sondern die sich überschneidenden Durchbrüche von ein paar englischen Bands, vor allem Travis und Coldplay, in deren Windschatten eine Menge anderer Acts ihre Chance bekamen. Die Londoner Turin Brakes versuchten 2000 diese Chance zu nützen. Ihre hochgelobte, aber in der Masse untergegangene Platte "The Optimist LP" bot grandiose Songs bei konsequent spärlicher Umsetzung.

2003 kräht kein Hahn mehr nach Quiet-Acoustic-Platten - nein, rumpeln muß es im Rock-Karton. Und was wurde aus Turin Brakes? Sie veröffentlichen eine neue CD namens "Ether Song", die ein paar Instrumente mehr zu bieten hat als das Debüt, ein klein wenig mehr Arrangement und leider zu viele belanglose Songs.

Die Vorab-Single "Pain Killer" ließ auf Großes hoffen: Da waren sie wieder, diese Melancholie, dieser engelshafte Gesang, diese Gitarren, die ewige Liebe versprechen. "Ether Song" hält das Versprechen nicht ganz. Betäubt von ihrer flüchtigen Schönheit, wird man eingelullt von Stücken wie "Average Man" oder "Self Help" und wähnt sich im siebten Himmel. Leider kommt man schnell dahinter, daß man die Erinnerung an alle Lieder gleich wieder verloren hat - der typische Narkoseeffekt, den Äther bekanntlich bewirkt.

Ein wirklich schönes, oberflächliches Album, auf das man gern reinfällt, auch wenn es den Songs an Substanz und Griffigkeit fehlt.

Sebastian Baumer

Turin Brakes - Ether Song

ØØ 1/2


Source/Virgin (GB 2003)

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Kommentare_

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