To My Surprise - To My Surprise
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Roadrunner/Musica (USA 2003)
Von einem Slipknot-Nebenprojekt erwartet man Lautes und Schwerverdauliches. Daß man stattdessen Beatles-Psychedelia serviert bekommt, erstaunt selbst den Experten. 27.10.2003
Wer den richtig gute Laune verbreitenden Zombie-Sleaze-Punk-Rock der Murderdolls oder den intensiven New-Metal-meets-Alice-in-Chains-Grunge von Stone Sour kennt, der weiß, wie vielseitig die Slipknot-Musiker sein können. To My Surprise, das neue Nebenprojekt eines der Mitglieder der neun Verrückten aus Iowa, macht seinem eigenwilligen Bandnamen in der Tat alle Ehre: Die Gruppe um Slipknot-Clown Shawn Crahan klingt wie eine verdammt gute und extrem melodieorientierte Beatles-Coverband, die auch gern einmal die zeitgemäßeren Dandy Warhols oder Sugar Ray zitiert und ein paar psychedelische Elemente einstreut. Welcome to the 70s.
Also machen To My Surprise Popmusik im weitesten Sinne? Jein. Kommt auf den Standpunkt des Zuhörers an. Wenn gleich zu Beginn mit 'The World´s Too Small' ein Akustikgitarrenstück, das aus der Feder eines George Harrison geflossen sein könnte, förmlich vernebelt aus den Boxen tanzt, dürfte das breite Grinsen auf dem Gesicht jedes Zuhörers, der sich irgendwie mit der Hippiezeit identifizieren kann, eigentlich obligatorisch sein. Man ertrinkt auf diesem selbstbetitelten Debütalbum förmlich in den Melodien, die aber fast nie irgendwie gekünstelt, aufgesetzt oder übertrieben wirken, sondern einfach nur authentisch die Atmosphäre einer Zeit einfangen, in der der Großteil der Welt noch nichts wußte von harten Stromgitarren.
"Blue", "Turn It Back Around" und "Sunday'"sind Fab Four pur, ohne klischeehaft zu wirken, sondern mit authentischen Uhuhuu-Einlagen, Slide-Solos und Refrains, die einfach im Melodiezentrum des Hirns kleben bleiben wie akustischer Pattex, während bei "Get It to Go" oder auch "In the Mood" mit etwas moderneren und griffigeren E-Gitarren ein punkigerer und modernerer Stil gefahren wird, der leider nicht ganz so perfekt funktioniert wie die restlichen Stücke, aber immer noch im grünen Bereich liegt.
Die dritte Facette, die TMS auf ihrer hoffentlich nicht letzten Platte zu bieten haben, ist diejenige, welche die in den anderen Songs eigentlich schon überdurchschnittlich oft vorhandenen Psychedelic-Elemente zum songdominierenden Kern macht. Das düster wabernde, hypnotisch-bedrohliche "Say Goodbye" in der Mitte der Platte reißt den Zuhörer plötzlich ein klein wenig aus dem Fluß des Albums, zitiert die Doors und macht gleichzeitig auf richtig bewegende Weise bewußt, daß wir uns im Jahr 2003 befinden und wessen Ableger-Band diese Truppe eigentlich ist. Erschreckend gut gemacht. Anschließend darf dann natürlich wieder gefahrlos geträumt werden...
Bei der Pianoballade "This Life" übertreiben es die Jungs dann zwar doch ein wenig, aber wer mit melodiösen und sentimentale Stimmung verbreitenden Stücken einigermaßen klarkommt und noch dazu die Beatles in sein Herz geschlossen hat, dürfte mit To My Surprise eine faustdicke Überraschung erleben, die die Spannung auf das nächste Werk der Haupt-Band von Shawn Crahan eigentlich ins Unermeßliche steigert. Sollten nämlich die jeweiligen Nebenprojekte von Slipknot auch nur stellenweise in deren nächstens Album einfließen, steht uns nicht nur eine weitere gute Platte, sondern ein wahrer Geniestreich bevor.
Für den typischen Fan der Maskenmänner ist das von Rick Rubin hervorragend produzierte "To My Surprise" verständlicherweise völlig ungeeignet; für Menschen aber, die einigermaßen open-minded durch die Musiklandschaft wandern, ist das Album ein kleiner Geheimtip. Wenn schon Pop-Melodien, dann so wie hier. Ziemlich schöne Platte.
To My Surprise - To My Surprise
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Roadrunner/Musica (USA 2003)
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