Musik_The Used - In Love And Death

Gefangene der Mannigfaltigkeit

Gestandene Rocker schreien ihre Seelenpein normalerweise nicht mittels Herz-Schmerz-Balladen nach außen. Bei The Used muß man mittlerweile auf alles gefaßt sein.    08.03.2005

Wenn Fußballspieler "über die volle Distanz" gehen müssen, spielen sie selten kürzer als 90 Minuten. Künstlerische Freigeister wie Musikanten können ihre Silberlinge variabel bespielen. Adam Green macht's selten länger als 30 Minuten, dafür packten die alten Glam-Rocker von Guns´n´Roses ihre Platten gerne mal ratzevoll zu. "Über die volle Distanz" sollten sie dennoch alle gehen - die Interpreten wie auch die durchgehende Qualität ihrer Songs.

Der Viererbande von The Used gelingt es auf ihrem zweiten Longplayer "In Love And Death" nicht, einen Sieg über "ihre" Distanz von knapp 42 Minuten zu retten. Dabei hauen die Jungs rund um Bert McCracken, den Verflossenen des berüchtigten Pummelchens Kelly Osbourne, gleich mit dem Opener "Take It Away" ordentlich auf die Pauke. Knackfrische Punk-affine Gitarrenklänge driften gekoppelt mit McCrackens gekonntem Schreigesang in Hardcore-Ecken ab, während das Songwriting, dank der fragil anmutenden Brüllkaskaden, sogar emotionale Momente entstehen läßt. Doch mit der im Song in Ansätzen erkennbaren Gewalt von Deftones- oder auch Linkin-Park-ähnlichen Melodien haben The Used ihr Pulver zumindest qualitativ schnell verschossen. Tracks wie "I Caught Fire" sowie "Hard To Say" findet man mit etwas sanfteren Gitarren auch in den Repertoires diverser Boygroups. Und nicht selten rufen sich beim Abspielen der Melodien plötzlich Bands wie Busted oder Good Charlotte in Erinnerung. Obwohl Ausflüge ins Balladeske und (Halb-)Akustische wie in "Light With A Sharpened Edge" oder "Yesterday´s Feelings" noch recht glänzend ausfallen und gleichzeitig den Stilteppich der Band gehörig weit ausbreiten, reichen sie niemals an die rockigeren Tracks des Albums heran.

Bert McCracken und seine Mannen haben sich noch nicht ganz eine Corporate Identity verschafft. Lyrics wie "If we cut out the bad, we´ll then we´d have nothing left" aus "Cut Up Angels" festigen zwar den Ruf einer pessimistischen Herz-Schmerz-Band zwischen Power-Rock, sanften Balladen und poppigen Melodien, de facto können aber nur der authentische Brüllgesang und die knüppelharten Gitarren überzeugen.

David Krutzler

The Used - In Love And Death

ØØØ


Reprise/Warner (USA 2004)

 

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