Musik_The Roots - The Tipping Point

Zu den Wurzeln

Nach dem richtig großen Wurf von "Phrenology" gehen sie einen Schritt zurück und machen wieder mehr oder weniger puren HipHop. Kann man gut finden, muß man aber nicht.    06.09.2004

Wo liegt der Unterschied zwischen den Roots und, sagen wir, Snoop Dogg? Es ist die Sichtweise: Für letzteren liegt der HipHop näher am Pop und damit näher an der Populärkultur, für die erstgenannten näher an ernsthafter Auseinandersetzung mit Musik und Kunst im traditionellen Sinne. Womit wir "The Tipping Point" als Neoklassik einordnen könnten - denn das, was die Roots uns hier servieren, ist HipHop, oder eher fast "Rap", um die alte Terminologie aufzuwärmen, wie er traditioneller kaum darzubieten ist. Vielleicht ist das der richtige Schritt, denn progressiver als auf "Phrenology" konnten sie kaum werden; zu steigern war dieser Wahnwitz an Ideen nicht, selbst die ewigen Konkurrenten von Outkast kamen mit der innovativeren Hälfte ihres aktuellen Doppelalbums nicht über dieses Niveau hinaus. The Roots liefern quasi jetzt ihre Version der anderen Hälfte nach.

Es knistern und knarzen die Old-School-Beats, es wird über sozialkritische Themen geredet, und tanzbar ist das alles sowieso: "Star" und "Duck Down" bouncen als ultimative Kopfnicker mit dem Beat wie keine HipHop-Tracks seit den Klassikern aus den 80ern, das schnelle "The Web" ist eine eindrucksvolle Präsentation der vokalen Skills, und einzig das funkige "Mic" und der Reggae-Flair-Track "Guns Are Drawn" brechen ein bißchen aus und addieren den Schuß Flexibilität zu "The Tipping Point", der die Platte vor der Eintönigkeit rettet.

The Roots gehen quasi zurück zu ihren Roots und fangen neu an. Einen neuen Blickwinkel addieren sie zum Genre damit leider nicht, sondern machen eher ihr persönliches "Black Album". Gönnen wir es ihnen und hoffen wir darauf, daß man das nächste Mal wieder einen progressiveren Ansatz wählt.

Sebastian Baumer

The Roots - The Tipping Point

ØØØ


Geffen/Universal (USA 2004)

 

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