Musik_The Gathering - Sleepy Buildings

Unterbewertet und unplugged

Es ist schwer in Worte zu fassen, was The Gathering normalerweise auf ihren Alben zelebrieren. Was sie hier live und akustisch machen, ist jedenfalls wirklich erschreckend gut...    02.02.2004

The Gathering nehmen ein halbakustisches Live-Album auf. Wenn man diese Meldung gehört hat, gibt es eigentlich kaum mehr etwas, das logischer, natürlicher und passender erscheinen könnte. Und wenn man "Sleepy Buildings - A Semi Acoustic Evening", aufgezeichnet bei zwei Konzerten in den Niederlanden, irgendwann am Abend bei einem Glas Wein zum ersten Mal hört, existiert kaum mehr etwas, das man zwischen sich selbst und diese CD kommen lassen will. Die Essenz der menschlichen Emotion, verteilt auf 14 Tracks einer wirklich guten Band, mit Songs, die in puristischen, fast bis auf die Basis skelettierten Versionen dargeboten werden. Mehr kann man dazu fast nicht sagen.

Der zurückgelehnte, coole Trip-Rock von "Saturnine" wird intensiviert, offenbart unter seiner kühlen Oberfläche die tiefen dahinterstehenden Gefühle und fesselt den Zuhörer, der anschließend mittels einer minimalistischen Version des Wahnsinns-Tracks "Amity" ins akustische Wachkoma versetzt wird. Die Band zwingt geradezu zur Konzentration auf eine Musik, die gar nichts anderes zuläßt, doch zum Dank Lieder zurückgibt, die buchstäblich für die Ewigkeit gemacht sind. Man könnte hier jeden dieser 14 Tracks einzeln aufzählen, könnte erklären, warum der neue Titel-Song ein jazziges Wunderwerk aus Piano und der einmaligen Stimme von Anneke von Giersbergen ist, weshalb die vielen Nummern, die hier vertreten sind, noch intensiver klingen, als sie es sowieso als Studioaufnahmen schon taten - aber das alles wird hinfällig, wenn man das Gesamtwerk betrachtet, das uns mit dieser Platte vorgelegt wird.

Das Fazit ist eigentlich viel zu simpel: Wer The Gathering bisher mochte, wird das sehr relaxte, pure und doch aufregend inzenierte "Sleepy Buildings - A Semi Acoustic Evening" abgrundtief lieben, wer die Band allerdings nie mochte, für den ist diese Platte, die das Wesentliche der Formation auf Albumlänge zusammenfaßt, völlig ungeeignet, um diese Abneigung zu überwinden.

Dies hier ist das "Unplugged in New York" einer wirklich außergewöhnlichen Band, die bisher noch nie in ihrer Karriere die richtig große Aufmerksamkeit bekommen hat, die sie wirklich verdient. Unbedingt hörenswert.

Sebastian Baumer

The Gathering - Sleepy Buildings

ØØØØØ

A Semi Acoustic Evening


Century Media/SPV/edel (NL 2004)

Links:

Kommentare_

Musik
Team Sleep - Team Sleep

Schwebezustand

Jahrelang nur ein Gerücht, jetzt real: Das deutlich elektronisch orientierte Debüt des Deftones-Nebenprojekts wirft Fragen auf, beantwortet diese nur notdürftig und ist daher interessant.  

Musik
Ken – Stop! Look! Sing Songs of Revolutions!

Nebenschauplatz

Blackmail-Sänger Aydo Abay ist offenbar in Arbeitswut verfallen und wirft gleich zwei Platten seines Nebenprojekts auf den Markt. Zumindest beim "richtigen" neuen Album stimmt die Qualität.  

Musik
Mudvayne - Lost And Found

Identitätssuche, die dritte

Die New-Metal-Chamäleons versuchen auf ihrem Drittwerk die bisherigen Ausflüge in progressiven Rock und Metal zu einem schlüssigen Gesamtkonzept zusammenzuführen. Mit Erfolg.  

Musik
Queens Of The Stone Age - Lullabies To ...

Spannungsfeld

Ist es der zuvor erfolgte Ausstieg von Bass-Weirdo Nick Olivieri, der diese Platte zum qualitativen Zwitter macht? Schwer zu beurteilen. Genauso wie dieser Langspieler.  

Musik
Extol - Blueprint

Blaupause?

Wem die Funkstille Meshuggahs schon zu lange dauert, dem könnte diese Platte die Durststecke verkürzen. Fünf Norweger kombinieren die Attitude von Rush mit Mudvayne-Gitarren.  

Musik
... And You Will Know Us By The Trail Of Dead - Worlds Apart

Wundertüte

Durch Rekombination von Rock-Elementen entschweben T.O.D. berechenbaren Sphären. Eindrücke vom Weg zur Spitze.