Musik_The Distillers - Coral Fang

The shape of Punk to party

Mit ihrer dritten Scheibe wird die Band zwar etwas aber massenkompatibler, aber das tut dem unwiderstehlichen Charme ihrer Songs und der Stimme der Frontfrau keinen Abbruch.    17.02.2004

Ladies and Gentleman, please welcome: the new Queen of Punk. Brody Dalle, Ex-Ehefrau von Rancid-Chef Tim Armstrong und Sängerin der Distillers. Die Frau tritt mit einer derart rotzigen Stimme und einem Selbstbewußtsein aus dem Underground, in dem ihre Band The Distillers bisher verharrte, wie man es höchstens von einer Courtney Love erwartet und einem Kurt Cobain zugetraut hätte.

Und womit? Mit Recht. Die zwölf Songs, die auf dem neuen Album "Coral Fang" enthalten sind, das im Gegensatz zu den Vorgängerplatten (hier ausnahmsweise im positiven Sinn) etwas mehr in Richtung Mainstream abdriftet, sind akustische Punk-Handgranaten, die genau dort zünden, wo sie es sollten: in jenem Teil des musikalischen Zentrums im Gehirn, wo sich ein bleibender Eindruck von der Klasse einer Band bildet.

Brody Dalle rotzt und röhrt die Tracks mit einer unbeeindruckten und gelangweilten Art, daß man seinen Ohren kaum trauen will: Haben die bereits erwähnte Mrs. Love und Lemmy Kilmister etwa eine uneheliche Tochter? Die würde nämlich genau so klingen.

Zu den Songs: Die aggressive Attitüde der Hole-Frühwerke, gekreuzt mit den Melodien von Green Day oder Rancid, immer garniert mit der Rostige-Klingen-Stimme der Frontfrau, verpackt im Genre-üblichen Dreiminutenformat und immer präzise auf den Punkt gespielt wie bei der ersten Single "Drain the Blood", die dank ihrer Ohrwurmgesangslinien längst die Fernsehkanäle erobert hat.

"The Hunger" beginnt als Ballade, um sich schnell in einen countryesken Rocker zu steigern, der zwischen Akustik- und E-Gitarren hin- und herpendelt und eindringlicherweise kleben bleibt. Doch auch von der ausnahmsweise melodieorientierteren Stimme völlig getragene Stücke wie "For Tonight You´re Only Here to Know" oder der zweite heftige Punk-Song "Die On A Rope" sind in ihrer Sogwirkung nicht zu unterschätzen.

Am Ende gibt es mit dem völlig ausbrechenden "Deathsex" dann auch noch den Beweis, daß die Band auch anders kann: zwölf Minuten neopsychedelischer Punk mit wirren und driftenden Gitarren, die wie die Minimal- oder eben Punkversion von The Mars Volta klingen und nach denen man die Distillers kaum mehr aus dem aktuellen Musikleben wegdenken kann.

Punk is dead? Nach "Coral Fang" fängt man zum ersten Mal wirklich wieder an, daran zu zweifeln. Starkes Album.

Sebastian Baumer

The Distillers - Coral Fang

ØØØØ


Reprise/Warner (USA 2003)

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Kommentare_

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