Musik_Tenacious D - The Pick of Destiny

Mißlungener Zwitter

Das Zweitwerk des Rock´n´Roll-Spaßprojekts von Jack Black ist weder ein ganzes Album noch ein ganzer Soundtrack. Selbst von einem "Begleitalbum zum Film" zu sprechen, wäre in Anbetracht dieser Platte noch zu freundlich.    01.03.2007

Sie wollen die beste Rockband der Welt sein, leider sind sie nicht einmal die lustigste. Und das ist schade, da mit Tenacious Ds Erstlingsalbum doch alles so gut begonnen und die megalomanische Attitüde noch nicht das spielerische Können überschattet hat. Wehmütig erinnern wir uns an "Tribute", "Wonderboy" und die wirklich haarsträubend-komischen Studiodialoge zwischen den Tracks, allen voran "Karate Schnitzel".

Das war einmal. "The Pick of Destiny" ist als Zweitalbum genausowenig geeignet wie als Soundtrack, weil auf der nur knapp 33 Minuten langen (!) CD bloß Tenacious Ds Songs zu hören sind. Um auf einen echten Soundtrack zu kommen, hätte man auch noch die im Film enthaltenen Stücke von Pearl Jam, Judas Priest, The Ramones, QOTSA, Slayer, Ozzy Osbourne und Marilyn Manson auf das Album draufpacken müssen. Dann wäre daraus eine überbordend volle Doppel-CD geworden - so ist es bloß eine halbe einfache.

Wenn wenigstens die Songs an die Qualität des ersten Albums heranreichten ... Doch leider zeigt sich hier ein fataler Mangel an Selbsteinschätzung. Anstatt permanent die Behauptung aufzustellen, man sei die beste Rockband der Welt, wäre es durchaus legitim gewesen, im Studio an einem eigenen Stil zu arbeiten. Selbst Teilzeitmusikfreunde werden im Handumdrehen erkennen, daß auf "The Pick of Destiny" kaum Original-Songs enthalten sind. "Kickapoo" könnte von einem Tribute-Album zur "Rocky Horror Picture Show" stammen, und die Klassikverarsche "Classico" ist nur bedingt lustig. Die fraktalen Balladen "Baby" und "Destiny" enden abrupt im Nirwana; "History" ist dafür endlich wieder ein typischer Tenacious-D-Song und der einzige Höhepunkt der Platte - wenn man so will.

 

Das clowneske Gebaren Jack Blacks und seines - unbestritten - kasperlhaft kongenialen Mitstreiters Kyle Gass ist wirklich nur in total bekifftem Zustand erträglich. Ansonsten wird outriert, was das Zeug hält, als würden die schrulligen zwei die Cheechs und Chongs der Rockmusik werden wollen. Aber leider: falsche Richtung. Da hilft auch oftmaliges und mit Nachdruck betriebenes "Fuck"-Schreien nichts. Abgesehen davon findet sich eigentlich nur recht wenig "Rock" auf der CD. Vielmehr verlaufen sich Jack und Kyle in R&B ("The government totally sucks"), wandeln auf den Spuren von Men Without Hats ("Papagenu") und erreichen in luziden Phasen bestenfalls Höhen, die schon Legionen weniger begabter Rocker zuvor erklommen haben. So erinnert "Break In-City" am ehesten an prähistorische Testament bzw. "Car Chase City" an Black Sabbath, etwa zur Zeit von "Eternal Idol".

Kurzum: Weniger Attitüde und bessere Songs wären vonnöten, um Tenacious D von den hinteren Rängen auf den Olymp zu hieven. Doch dazu müßten sie auch noch viel viel lockerer werden. Wenn man nämlich etwas aus "The Pick of Destiny" sehr deutlich heraushört, dann Jacks und Kyles emsiges Bemühen, bis zum letzten gebrochenen Finger nicht danebenzuhauen. Danebengegangen ist es leider trotzdem.

Ernst Meyer

Tenacious D - The Pick of Destiny

Ø 1/2


Epic/SonyBMG (USA 2007)

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