System Of A Down - Hypnotize
ØØ 1/2
American/Sony BMG (USA 2005)
Sechs Monate nach ihrem mit Pomp und Trara angekündigten "Mezmerize" gelangt nun mit noch mehr Pomp und Trara die Zwillings-CD in die Regale. Ein böser Verdacht bestätigt sich. 02.12.2005
Eines gleich vorweg: Statt Daron Malakian hat auf "Hypnotize" wieder Serj Tankian das Mikro fest in der Hand. Ansonsten sind die 12 versammelten Songs nahezu identisch mit jenen auf "Mezmerize". Das liegt nur zum Teil daran, daß sämtliche Tracks beider CDs auf einmal eingespielt wurden. Es liegt auch am Produzenten. Warum SOAD nach wie vor auf Rick Rubin setzen, der schon das letzte Metallica-Album soundtechnisch in den Sand gesetzt hat, ist nicht nachvollziehbar. Er ist ja nicht gerade bekannt für Innovationen und abwechslungsreiches Mixing. Alle Regler oben, alles passiert gleichzeitig, Chaos statt Atmosphäre. Kein Headroom, totale Reizüberflutung. Doch das sind die Fans inzwischen vielleicht gewohnt.
Bald aber werden sie feststellen: System Of A Down komponieren keine Songs, sondern Schablonen. Und das geht so: immer wenn ihnen ein besonders guter, ineinandergeschachtelter Track gelungen ist, wird er quasi als "Muster" bzw. "Template" abgelegt. Später lassen sich aus diesem mitunter sogar mehrere Songs ableiten. Im Detail: Nimmt man den prototypischen SOAD-Killer "Mr. Jack" (von "Steal This Album") her, findet man dessen Harmonien z.B. auf "Holy Mountains" wieder. Aus "Sad Statue" (von "Mezmerize") wurden gleich zwei neue Songs: "Tentative" und "Dreaming". Selbstverständlich enthält "Hypnotize" auch den traditionellen Fakesong, auf den SOAD nie verzichten. War es auf "Steal This Album" der Song "Chic ’n’ Stu", so ergibt sich abgeleitet aus diesem "This Cocaine Makes Me Feel Like ..." auf "Mezmerize" bzw. "Vicinity of Obscenity" auf "Hypnotize". Man könnte diese Liste beliebig fortsetzen. Vielleicht sollten sich SOAD in CCNP (für Click Cut ’n’ Paste) umbenennen ...
Diese Recycling-Methode ist auch der Grund, warum die Zwillings-CDs nicht auf einmal als gemeinsame Doppel-CD erschienen. Einerseits bringt dies mehr Umsatz, andererseits ist auch der abgebrühteste Metalhead schon nach zehn zerhackten, rasend schnellen SOAD-Songs fix und fertig, das Adrenalin-Reservoir ausgestrocknet. 25 Songs hintereinander wären tatsächlich niemandem zumutbar gewesen. Die Länge, oder besser Kürze der Songs soll wohl helfen, die Kopiertricks zu verschleiern. Nützt aber nichts, denn beim oftmaligen Abspielen überkommt sicher jeden das Gefühl diese Orgie schon zu kennen.
Genau genommen gibt es nur zwei Unterschiede zwischen "Hypnotize" und "Mezmerize". Da ist zunächst einmal die Tonlage. Immer wenn Serj Tankian singt, scheppern die Klampfen in Drop C, hat Daron Malakians Falsett-Stimme den Vorrang, sind die Gitarren entsprechend höher getunt. Zweitens: Auf "Hypnotize" fließt wieder deutlich mehr syrisch-armenisches Liedgut ein. Darüber hinaus beweist es auch, daß es SOAD durchaus ernst damit ist, endgültig ins Lager des Clowning Metal (Korn, Slipknot etc.) zu übersiedeln. Das operettenhafte Gebaren beider Leadsinger nervt mitunter fürchterlich und in beschaulicheren Momenten mag sich der eine oder andere Althippie vielleicht an artfremde Popbands wie etwa Jefferson Airplane erinnern.
Fairerweise muß man zugeben, daß "Hypnotize" in Summe kein wirklich schlechtes Album ist. "Attack" springt uns ohne Vorwarnung bretterhart ins Gesicht und mit "Holy Mountains" zeigen System, daß sie es durchaus verstehen einen 5 1/2-Minuten-Song zu schreiben. Zudem ist dieser ein weiteres Denkmal für den türkischen Genozid an den Armeniern 1915-18, der eineinhalb Millionen Menschen das Leben kostete ("Can you feel their hunting presence?"). Ansonsten drehen sich SOADs scharfe und treffsichere Texte wie gewohnt um den Irakkrieg ("Soldier Side"), die Verblödung und Kontrolle der Konsumgesellschaft durch Massenmedien ("Hypnotize") und die Pervertiertheit unserer Spaßgesellschaft ("Vicinity of Obscenity").
Trotzdem: Mut zur Kohärenz und Freude am Experimentieren wären wünschenswert. Ein neuer Produzent brächte frischen Wind und für längere, ruhigere Songs, die mehr Atmosphäre ausstrahlten, wären sicher auch die Fans dankbar.
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