Musik_Saint Thomas - There´s Only One Of Me

Es kann nur einen geben

Thomas Hansen hat den Heiligenschein wieder hervorgeholt und aufpoliert. Der Norweger nimmt sich Zeit zum Erzählen von Geschichten, die der Nachdenklichkeit genug Raum und der Melodie ausreichend Auslauf bieten, um in Schwung zu kommen.    16.02.2007

Die Wichtigkeit des ersten Eindrucks ist unbestreitbar. Er gibt vor, die Richtung oder doch zumindest die Stimmung widerzuspiegeln, die auf einen harrt, und baut damit ursächlich an der Erwartungshaltung mit. Bei Tonträgern dringt dieser erste Eindruck nicht erst durch die Lautsprecher ans Ohr heran, sondern ist von visueller Art. Man darf also gern einen Gedanken an die Gestaltung des Covers verschwenden - und sollte auch die Wahl des Titels nicht unbedingt dem Zufall überlassen ...

Der selbsternannte norwegische Heilige Thomas Hansen nennt sein aktuelles Album "There´s Only One Of Me". Ist das nun übersteigertes, besserwisserisches Selbstwertgefühl; die Angst davor, unverstanden, weil einsam zu bleiben; oder doch bloß ein ironisches Augenzwinkern? Halt! Bloß nicht in langen Satzanalysen verlieren. Lieber das vorliegende Album zur Seite schieben und sich noch mal kurz das bisherige Schaffen von St. Thomas in Erinnerung rufen, um zu erkennen, daß die Namensgebung für das preßfrische Werk mehr als einen Funken Wahrheit enthält. Wie kaum ein anderer versteht es der Norweger nämlich, die Wunden der Seele zur Schau zu stellen und den Hörer damit zu berühren. Unter Unmengen von Songschreibern macht ihn das allein aber noch nicht einzigartig. Erst der Mut zur Zerbrechlichkeit, der oft mit einer Ausdünnung des Gesangs einhergeht und die Stimme in Höhen hinaufwirft, wo sie zu überschlagen droht, ordnet den Stücken des Norwegers ihre Unverwechselbarkeit zu.

Diese persönliche Note durchfließt nun bereits Hansens sechstes Album. Ohne Scheu legt er Gedanken bloß und macht Textzeilen auf diese Weise zu spürbar mehr als nur lose dahingesagten Worten. Am Grad der Aufrichtigkeit hat sich seit seinem Debüt nie etwas geändert, lediglich die Produktion war Schwankungen unterworfen. Nicht immer durfte die Verzweiflung so klar und unmittelbar hervortreten wie zu Beginn der Karriere des Heiligen Thomas; nicht immer war Zittern und Scheppern genauso erlaubt wie damals. In der Zwischenzeit wurde im Studio ein gepflegterer Ton über die Geschichten gestreut.

"There´s Only One Of Me" legt diesbezüglich den Rückwärtsgang ein und knüpft an die brüchige Einfachheit des Anfangs an. Die phasenweise Holprigkeit als ehrliche Wiedergabe der momentanen Empfindung hindert die Stücke aber keineswegs daran, genug Fahrt aufzunehmen, um gelegentlich auch reine Freude im staunenden Publikum zu wecken.

St. Thomas fischt zwar mit Vorliebe im Trüben, bekommt neben der Melancholie aber auch Fröhlichkeit an den Haken.

Termin-Tip: Live zu hören im Rahmen des Gravity Festival (23. & 24. März) im Planet Music.

Bernadette Karner