Musik_PJ Harvey - Uh Huh Her

No fun

Die Indie-Diva begibt sich wieder einmal auf musikalische Selbstfindung. Das Resultat ist, wie nicht anders zu erwarten, ein düsteres siebtes Album.
   19.07.2004

Im Booklet steht´s ja schon geschrieben: "All that matters is my voice and my story." Bei den Songs der Polly Jean Harvey, insbesondere auf ihrem neuen Werk "Uh Huh Her", geht es tatsächlich meist nur um die Stimme und die Texte. Die Musik dient bestenfalls als atmosphärischer Wegweiser, um den Hörer in die erwünschte Stimmung zu versetzen. Pollys Gesang vermittelt den Rest - und auch bei der vorliegenden Platte wird keiner auf ein interessantes Gitarrensolo warten oder gar darauf achten, wie die Akkorde strukturiert sind. PJ hat eine aufwendige Produktion vermieden und ein bis auf die notwendigsten Grundelemente musikalisch abgemagertes Album gemacht.

Obwohl die erste Single-Auskopplung "The Letter" auf eine aggressive, zornige Künstlerin hinweist, stellt sie wahrscheinlich nicht die repräsentativste Auswahl für das gesamte Album dar. Der Rest von "Uh Huh Her" schwankt nämlich in purer Schizophrenie zwischen rührender Selbsterkenntnis und bestürzter Dramaturgie hin und her. Nur einige Songs, wie zum Beispiel "The Life & Death of Mr. Badmouth", können ansonsten als Beweis für Harveys bekannte launige Aggressivität gelten.

Ein neues Element im Repertoire der Indie-Diva ist der Folkrock, der auf Harveysche Art zerstückelt und düster dargebracht wird. In "Shame" singt sie in souliger Tradition und mit einem deutlichen Schwenken des Zeigefingers: "I don´t need no ball and chain." Der Gesang erinnert nicht nur hier an Tori Amos - gelassen, aber doch tief berührend. Dieses Stück leitet über zu "Who the Fuck", einer "The Letter"-ähnlichen Parole, die das vorhergehende Lied skrupellos verneint, als wollte Harvey sich mit diesem verzerrten, quietschenden Lied selbst etwas beweisen und es zudem als Antithese vor das ebenfalls ruhigere, Folk-artige "Pocket Knife stellen. Vielleicht verzichtet sie deshalb nicht auf diese räudigen Ausschreitungen, weil ein Album voll ruhiger Gitarren-Songs und verbitterter Selbsterkenntnis (à la "I´m not like other girls/You can´t straighten my curls") einfach zu intensiv und sowohl dem Publikum als auch der Künstlerin unangenehm wäre. Dennoch ist es wichtig, sich auf die neuen Elemente in Harveys Songwriting zu konzentrieren.

Der Track "Slow Drug", in dem PJ über eine minimalistische Keyboard-Melodie flüstert, wirkt wie eine langsam eindringende Betäubung. Unheimlich kommt auch "It´s You" daher - eine dunkle Ode an komplizierte Liebschaften und Teenager-Rebellion. Da es sich dabei (selbst im fortgeschrittenen Alter) um das Lieblingsthema der Künstlerin handelt, wird hier mit genügend Pathos gearbeitet.

Alles in allem ist "Uh Huh Her" eine Mischung aus dem Klaren und dem Komplizierten, ein Album voller Anspannung, das um seine - niemals auftauchende - Katharsis bettelt. Polly Jean Harvey ist eine Gefangene im "Desperate Kingdom of Love". So richtig gemütlich kann man sich´s bei ihr nie machen ...

 

Barbara Matthews

PJ Harvey - Uh Huh Her

ØØØ 1/2


Island/Universal (USA 2004)

 

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