Optimo - Psyche Out
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Eskimo Recordings/Soul Seduction (B 2005)
Sphärenklänge meets lustige Kekse: Auf seiner neuen Mix-CD bringt das Glasgower DJ-Duo die psychedelischen Siebziger zum Glühen. Und das beeindruckend gut. 29.07.2005
Sogenannte Musikexperten können, wie man weiß, ganz schön anstrengen. Wen interessiert schon unspannendes Strebertum, das mit faden Fußnoten, unhörbaren Nischenfreaks und theoretischem Spekulantentum der frühen Spexschen Schule aufwartet? Wenn sie dann noch die gesamte Populärmusikgeschichte der Neuzeit auf zwei, drei ewig gleiche Rockkasperl und -krokodile reduzieren, dann ist das, da sei Greil Marcus vor, mehr Fluch als Segen. Jedenfalls sexy ist das nicht.
Ganz im Gegensatz zu JG Wilkes und JD Twitch, besser bekannt als Optimo. Das seit langem begnadetste DJ-Duo unserer Zeit besitzt anscheinend ein enzyklopädisches Popwissen – endete damit aber zum Glück nicht vereinsamt in einem Nerd-Jugendzimmer, sondern hat den zur trockenen Theorie unbedingt nötigen physischen Teil intus und den schweiß- und alkoholgetränkten Glam-Faktor unter Discokugeln und in verqualmten Probekellern in den schottischen Highlands offenbar schon mit der Muttermilch aufgesogen. Ekstase und Sinnenfrohsinn sind der Humus, in dem die böse Saat von derbem Rock und gnadenlosen Vierviertelbeats am besten aufgeht. Auf ihrer grandiosen Doppel-CD für Ivan Smagghes "How To Kill The DJ"-Serie verschmolzen Optimo feinst selektierte 80ies-Pop- und Postpunk-Perlen mit aktuellen Electronica-Dance-Beats zum superb tanztauglichen Endlosmix. Jetzt widmen sie sich, nachdem das 80er-Revival wie die Originaldekade am eigenen Edelkitsch still untergeht, auf ihrem neuen Werk vorzüglich den eben stark vernachlässigten Spätsechzigern und -siebzigern. "Optimo Present Psyche Out" arbeitet also das buntwaberige Erbe einer Ära auf, in der kruder Krautrock und magic mushrooms aus halluzinogenverseuchten Böden sprossen. Und wo auch die aus Kunsthippietum und Esoterik geborenen, wegweisenden Genres Synthie-Pop und Industrial entstanden, bevor sie viele Jahre später unter den plumpen Händen geistloser Rechtsausleger, Dumpfmetaller und plastischer Chirurgen schnöde zu Staub verfielen. Optimo aber breiten in ihrer unnachahmlich gewitzten und kenntnisreichen Art die Glanzzeiten von Soundpionieren wie Throbbing Gristle, Chris and Cosey und den Psychedelic-Rockern Hawkwind aus. Diese Album-Highlights verknüpfen stimmig mit Acid-Tracks von Mr. Fingers, Fast Eddie und Sweet Exorcist oder mit dem in plüschigen Seventies-Discos gerne gehörten Soul und Funk eines Herbie Hancocks oder der Temptations. Relevant heißt das Zauberwort bei den angeführten House-, Techno- und Rockklassikern. Mitten drin wandern Dorau/Köhncke und die Skat Bros durch die Nacht und treffen auf die Punkapostel Stranglers oder gar die Simple Minds.
War das vorige Meisterstück energetisch und dancelastig, so heißt es beim diesmal eher im Midtempo dahinfließenden, aber trotzdem stark groovigen Seelen-Freakout öfters: Lagerfeuer einschalten, sich das Shillum der Eltern borgen und sitztanzen. In Wahrheit – und da zeigt sich die ziemlich kluge, trendweisende Wahl von Twitch & Wilkes – kehren viele Inhalte der Space-Ära immer wieder, egal wie die späteren Genres auch heißen: mit Beats, die hypnotisch oder dark sein wollen, viel Psychoaktivität und blubbernden Sounds. Dennoch hüten sich die Eklektizismusextremisten aus Glasgow natürlich vor Plattheiten. Im Gegenteil: "Optimo Present Psyche Out" (erschienen auf dem belgischen Label Eskimo Recordings) ist ein hoch interessanter Beitrag zur Pophistorie, zum plattenverlegenden Mix-Genre und zum Spacerock-Gewerbe, das nie richtig ausstirbt. Wegen des gesammelten Materials nicht ganz so flockig wie der Vorgänger, aber sehr hörenswert.
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