Musik_Nurse With Wound - Shipwreck Radio

Signale aus dem Eis

Die britischen Avantgardisten produzierten im Sommer 2004 ganze 24 Radiosendungen auf den norwegischen Lofoten. Sieben davon liegen jetzt als Doppel-CD vor.    03.01.2005

Steve Stapleton und Colin Potter, seit einigen Jahren die klassische Nurse-With-Wound-Besetzung, wurden im Juni 2004 in die Gegend des nördlichen Polarkreises eingeladen. 24mal schickten sie unangekündigte Radiosendungen auf Einladung der "Kunst I Nordland" durch den Äther. Bedingung für ihre Anreise war es, daß sie keine musikalischen Instrumente mitbringen, sondern alle Sounds "on location" auf den winzigen Fischerinseln, die man unter dem Namen Lofoten kennt, aufnehmen und bearbeiten würden.

Im Sommer geht die Sonne auf den kleinen Eilanden nie unter. In den Gärten stehen selbstgebastelte Trolle und Kobolde, Zeugen der lange währenden heidnischen Vergangenheit dieses Ortes. Der Geruch von Fisch und Seetang liegt über allem, und geköpfte Fische hängen zum Trocknen an riesigen Seilen. So beschrieben die beiden Musiker ihre Erfahrungen im hohen Norden ...

Natürlich prägte eine solch ungewöhnliche Umgebung die Arbeit der Sound-Bastler. Das Geschrei von Möwen ist auf den CDs ebenso präsent wie das Rauschen des Meeres oder das Aufmarschieren lokaler Gruppen zu ihrem eigenen kleinen Musikfestival Codstock.

Im Gegensatz zu den vorangegangenen Releases von Nurse With Wound dominieren auf "Shipwreck Radio" keine Rhythmen den Sound; Field-Recordings und bis zu einer halben Stunde lange Ambient-Stücke machen den Großteil des Albums aus.

Insgesamt sieben der gesendeten Programme liegen nun als Tondokument vor. Wer zu den glücklichen 150 Personen gehört, die die Erstauflage des Albums ergattern konnten, dem werden noch drei weitere Sessions auf einer Bonus-CD dargeboten. "Lofoten Deadhead" ist noch um eine Spur abstrakter als das reguläre Album und gehört zu den ungewöhnlichsten Releases, die diese seltsame Band je herausgebracht hat. Das halbstündige Mittelstück klingt

schon fast mehr nach Hörspiel als nach Komposition, so unbearbeitet und abstrakt werden die Aufnahmen präsentiert.

"Shipwreck Radio" ist sicher kein leichtverdauliches Stück Musik, doch in seiner Kargheit liegt eine abstrakte Schönheit, die man sich nicht entgehen lassen sollte, wenn man sich auch nur ein klein wenig für ko(s)mische Klänge begeistern kann.

Walter Robotka