Musik_Nurse With Wound - Angry Eelectric Finger

Noch mehr verärgerte Aalfinger

Wie ein Berserker bastelt Steve Stapleton an seinem Klanguniversum - und schiebt drei neue Werke nach.    03.05.2005

"Angry Eelectric Finger" hieß eine der letzten Nurse-With-Wound-CDs und präsentierte Kollaborationen mit der Crème de la Crème der Avantgarde-Szene. Bald stellte sich jedoch heraus, daß das (noch auf dem dahingeschiedenen Label World Serpent erschienene) Album nur ein Teaser auf das gesamte Machwerk sein sollte, das dann auf drei CDs verteilt herauskommen würde.

Nun ist es also so weit und die drei vollständigen Alben liegen dem geneigten Hörer zum Gebrauch vor. Teil 1 (siehe Foto oben) ist eine Zusammenarbeit mit Sonic-Youth-Gitarrist und Gehörvirtuoso Jim O' Rourke. Jim teilt das Nurse'sche Originalmaterial in zwei etwa gleich lange Stücke, beide ruhig und eher ambientlastig, doch gegen Ende mit wunderschönen Streicherarrangements und Saxophon versehen. Seine Bearbeitung ist vielleicht die eingängigste, und auch die schönste. Die komplette CD fließt wie aus einem Guß gemacht dahin und hat als einzigen Nachteil nur, nach knapp über 40 Minuten schon auszufaden.

Ossian Brown und Steven Thrower, ehemals Mitglieder bei Coil und Death in June, legen als Cyclobe als zweite Hand an das Nurse-Rohmaterial an. Sie liefern die mit Abstand trippigste Variante der Aalfinger ab, an- und abschwellende Soundteppiche werden von hereinbrechendem Klirren und Knistern unterbrochen, die Lautstärke schwillt an, nur um bald wieder abzunehmen und tausende kleine Effekte scheinen weit hinten im Klanguniversum verborgen zu sein. Die schrägste Variante des Albums und nichts für schreckhafte Gemüter.

Wieder ruhiger geht es danach die amerikanische Formation Irr. App. (Ext.) an. Die 1996 gegründete Truppe um Matt Waldron emanzipiert sich langsam vom Nurse-With-Wound-Klon zu einer interessanten eigenen Formation und legt die abwechslungsreichste Interpretation der elektrischen Finger ab. Vielleicht ist sie deshalb auch die dem Original am nächsten stehende, denn Irr. App. (Ext.) lieben es wie Nurse, den Hörer mit unerwarteten Effekten und musikalischen Stilbrüchen zu überraschen. Außerdem haben sie das schönste Cover (siehe Bild) abgekriegt, und das ist ja immerhin auch nicht übel.

Apropos Cover: Die drei Alben sind jetzt doch nicht als Box-Set erschienen, sondern als einzelne CDs in Digipacks. Ein kleiner Kritikpunkt ist die auffallend schlechte Qualität des Verpackungskartons, auch die Druckqualität selbst läßt zu wünschen übrig. Doch all dies stört den Hörgenuß kein bißchen. Das Label Beta Lactam Ring bietet übrigens noch weitere (teurere) Varianten des neuen Releases an: So gibt es nicht nur eine 3- und eine 4-LP-Vinylversion, sondern auch eine auf 25 Stück limitierte Sonderausgabe, für die Steve Stapleton selbst die Cover handbearbeitet hat. Kostenpunkt pro Stück 300 Dollar, bei Interesse: fröhliches Sparen.

Live in Concert:

6. & 7. Mai 2005 - Wien / Narrenturm

Walter Robotka