Neujahrskonzert 2006
ØØØ
Deutsche Grammophon/Universal (D 2006)
Werke von Johann, Josef und Eduard Strauß, Josef Lanner, W. A. Mozart
Wiener Philharmoniker/Mariss Jansons
Selbstverständlich darf die Massenhysterie "Mozartjahr" auch vor dem Philharmoniker-Jahresevent nicht haltmachen: Die Musik Wolferls stand ebenfalls zweimal auf dem Programm. 14.02.2006
Der lettische Dirigent Mariss Jansons ist ein freundlicher Mann und ernsthafter, akribischer Arbeiter. Seine Akribie ging so weit, daß die Proben zum heurigen Neujahrskonzert beinahe langweilig waren und man als Hörer überhaupt nicht den Charme der Musik verspüren durfte. Jansons verlor sich dabei in Details, die bei der Aufführung gar nicht mehr hörbar wären. Und dabei übersah er fast, daß es bei Walzern oder Polkas auch Übergänge gibt - die klangen dann auch mehr als hölzern. Gott sei Dank riß Konzertmeister Rainer Küchl letztlich das Ruder an sich und verabreichte der Aufführung damit den letzten Schliff. So ist es auch gelungen, aus dieser Produktion eine recht ordentliche, wenn auch nicht weltbewegende CD zu machen, sozusagen die musikalisch umgesetzte Version des Spruchs "Der Erfolg hat viele Väter".
Die Neujahrskonzerte sind nicht nur eine liebgewordene Tradition, sondern auch ein bewährter Kassenfüller für die Tonträgerindustrie und natürlich für die Wiener Philharmoniker. Dies verleitet natürlich zu einem gewissen Opportunismus - der darin gipfelte, daß Seiji Ozawa eines der schwächsten Konzerte leitete, das sich dennoch am besten verkaufte (natürlich in Japan, wo auch sonst). Klarerweise ist Musik noch immer Geschmackssache, doch die "unschlagbaren" Konzerte sind nach wie vor die von Karajan (1987), die beiden von Carlos Kleiber, die von Harnoncourt und einige von Lorin Maazel (vor allem das von 1996). Die anderen (Mehta, Abbado und Muti) schwirren irgendwo im Mittelfeld herum, wobei das diesjährige von Jansons gerade noch in dieser Kategorie Platz findet.
Das Programm war bunt gemischt: Mozart war mit der "Figaro"-Ouvertüre vertreten, seine Musik aber auch in einem Lannerschen Walzer namens "Mozartisten" hörbar mißbraucht. Jansons bewies zwar, daß er ein hervorragender Mozart-Dirigent ist, doch besagtes Stück war ein sehr entbehrliches Vergnügen. Wer braucht schon eine in Walzerform verpackte Aneinanderreihung von Opernmotiven, in der der Walzerrhythmus kaum mehr zu hören ist?
Die bekannteren Stücke wie der Einzugsmarsch aus dem "Zigeunerbaron", der "Frühlingsstimmenwalzer", das "Künstlerleben" usw. hat man schon alle viel besser gehört (vor allem unter Karajan und Kleiber). Jansons Interpretation ist insgesamt irgendwie schwerfällig; manchmal hat man den Eindruck, die Stücke kämen nicht recht vom Fleck. Die Übergänge in den Walzern gelangen zwar durchwegs besser als bei den Proben - trotzdem klingen manche der Stücke auf CD eher herb, wie bei Schostakowitsch. Besonders negativ fällt hier die Polka "Im Krapfenwaldl" auf: Unter Carlos Kleiber hatte man uim Musikverein direkt den Frühlingsduft gerochen, bei Jansons hatte man das Gefühl eines dichten Herbstnebels.
Wenn man schon ätzen muß, dann auch gegen Teile der Philharmoniker (namentlich die Schlagwerkgruppe). So harmlos hat man beispielsweise den "Banditengalopp" noch nie gehört. Die große Trommel, die hier auftrumpfen könnte, war ganz dezent versteckt. Vor solchen Banditen fürchtet sich wirklich keiner. Und ein solches Neujahrskonzert ist kein Highlight in der traditionsreichen Geschichte dieser Veranstaltung.
Neujahrskonzert 2006
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Deutsche Grammophon/Universal (D 2006)
Werke von Johann, Josef und Eduard Strauß, Josef Lanner, W. A. Mozart
Wiener Philharmoniker/Mariss Jansons
Hören darf man heuer auch ganz ohne Maske. Grund genug für den EVOLVER-Klassikexperten Herbert Hiess, seine Musiktips für die Weihnachtszeit unter den virtuellen Christbaum zu legen.
Nicht nur Thomas Angyan, der zukünftige Ex-Chef des Wiener Musikvereins, hätte sich den Abschluß seiner Karriere - ebenso wie Staatsoperndirektor Dominique Meyer - anders vorgestellt. Wie so viele Kulturschaffende gingen beide der angeblichen Pandemie in die Falle.
Wer Rudolf Buchbinder ist, braucht man eigentlich niemandem mehr zu erklären. Der sich im 74. Lebensjahr befindende Star-Pianist ist in Kulturkreisen weltweit ein Begriff - und vor allem in Sachen Beethoven eine Kapazität, an der man nicht vorbeigehen kann und darf.
Pech oder Schicksal - wie auch immer man es bezeichnen mag: Daß die großartige Berliner "Carmen" schon nach der zweiten Aufführung von Amts wegen gestoppt werden musste, hätte sich niemand gedacht. Jetzt kann man sie wohl einige Zeit nur als Stream oder Aufzeichnung betrachten. Die Staatsoper unter den Linden zeigt mit ihr jedenfalls, daß sie dank ihrer hervorragenden Musiker viele der angeblichen Spitzenhäuser übertrifft.
Wie Political Correctness als brutale Verlogenheit entlarvbar ist, zeigt das Stück "Der Vorname" des Autorenduos Patellière und Delaporte. Herbert Hiess hat es in den Kammerspielen erlebt.
Alle Jahre wieder ... kommt nicht nur das Christuskind, sondern auch der "Streß", der oft zu Geschenkskäufen in letzter Minute führt. Um Verlegenheitsgaben wie Socken oder Bonbonnieren zu umgehen, hat der EVOLVER-Klassikexperte einige Tips zusammengestellt, die nicht nur eingefleischten Klassikliebhabern Freude bereiten werden.
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