Musik_Mysterymen - Everything But An Answer

Was war die Frage?

Ein britisches Electro-Duo, über das man sich noch wundern wird: Denn was war denn bei all dieser stilistischen Vielfalt die Frage, auf die es keine Antwort gibt?    11.01.2005

Welche Frage könnte man also den Mysterymen gestellt haben, daß sie aber auch auf gar keinen Fall eine Antwort darauf geben möchten? Vielleicht diese ewige Kritikerfrage, diese peinigende Journalistenpeitsche, welchem musikalischen Genre sich die Künstler denn selber zuschreiben würden? Medienversierte Kreative werden darauf eine umfangreiche, aber nichtssagende Antwort haben. Unerfahrenere Musiker werden vielleicht den Fehler machen und aus voller Inbrunst ein oder mehrere Genres aufzählen und Zeit ihres Lebens darauf festgenagelt werden. Die meisten jedoch werden hauptsächlich die Stirn in Falten legen und zugeben müssen, daß sie sich schwer tun, ihre eigene Kunst irgendeinem strikten und abstrakten Genre zuzuordnen.

Dies würde zum Beispiel erklären, warum "Everything But An Answer" einerseits an Synth-Pop-Bands à la Mesh, andererseits an Electroclasher wie Fischerspooner und dazwischen auch mal an die Techno- und EBM-Pioniere Kraftwerk erinnert. Da ist der Charme der Mysterymen begraben. Dachte man nach dem ersten Track zu wissen, wohin das ganze führen soll, ist man sich nach Track zwei schon gar nicht mehr so sicher - und spätestens nach dem dritten Track hat sich alles Schubladendenken aufgehört und man lauscht gespannt. Das soll allerdings nicht heißen, daß sich Mysterymen durch ihren Kraut- und Rübengarten wühlen und einfach alles bunt und wahllos miteinander vermischen. Mitnichten. Das Album weist eine ganz klare Linie auf, der Sound ist kohärent. In keinem Takt stellt sich daher eine andere Frage, nämlich jene, ob das überhaupt noch dieselbe Combo ist, die man da hört.

 

Viel mehr als die Mysterymen braucht man auch nicht. Getreu ihrem gewählten Bandnamen sind sie nämlich mysteriös ohne Ende. Sowohl um ihre Personen, als auch in ihrer Musik erzeugt das Duo eine verschwörerische Atmosphäre, eine Aura unterschwelliger Geheimnisse und schwer greifbarer Botschaften. Eine verzerrte Stimme, die einen durch das ganze Album begleitet, eröffnet den Reigen mit "Don’t Look Back" und der Aufforderung zu einer neuen Reise aufzubrechen. "Waiting" breitet einen warmen Teppich aus zurückhaltenden Beats und hallenden Synthie-Melodie-Stückchen aus, die schon beinahe etwas Deep-House-artiges an sich haben. Geräuschvoll kracht "Fast Bitches" durch die Decke, steigert aber auch hier das Tempo nicht, denn Mysterymen müssen nicht rennen um zu laufen. Synth-Pop mit starken Kraftwerk-Anleihen wird in "Your Best Friends" vermittelt. "Sleepy Elvis" ist in Wahrheit ein Pop-Song, der sich nur als Electro verkleidet hat, doch nach dem Ruhm romantischerer Vorbilder strebt. Und "Electromode" wirkt mit seinem hypnotischen Grummel-Bass und den repetitiven pitched Samples auf das Opfer und versetzt es in einen Zustand von Electro-Techno-Tanz-Meditation.

Muß hinter dieser Artenvielfalt also Hexerei stecken? Wenn man so möchte, ja. Es ist schwer zu fassen wie diese zwei Personen mit nur wenig analogem Equipment und einem geradezu historischen Atari dieses Album gemacht haben. Aber es wird ja oft behauptet, daß Zurückhaltung und Einschränkung zu besonders guten Ideen führen können. Wie kommt es aber, daß Mysterymen trotz Wiederholungen von bereits vorhandenem einzigartig klingen und wirken? Einserseits sei gesagt, daß sie zwar nichts gestohlen haben, sich aber auch nicht damit brüsten können, etwas Neues eingeführt zu haben oder besonders innovativ ans Werk gegangen zu sein. Andererseits könnten sie zu ihrer Verteidigung ein großes Maß an Ehrlichkeit anführen, sowohl in der Ausführung ihrer Musik als auch in deren Wirkung. Es kann also vom klassischen inspirierten Albums gesprochen werden, das "den Vorbildern in Nichts nachsteht". Hiermit hören sich dann auch alle Fragen auf, denn am Ende zählt nur die Freude, die man beim Hören des Debütalbums der Mysterymen hat und die ist wahrlich nicht zu knapp.

:: werwolf ::

Nuri Nurbachsch

Mysterymen - Everything But An Answer

ØØØØ


Disko B/Ixthuluh (GB 2004)

 

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