Musik_Mnemonists - Gyromancy

Wall of Sound

Mit diesem Album macht das legendäre Label Recommended Records einen weiteren Meilenstein der US-Avantgarde wieder zugänglich.    22.12.2004

Bis zum heutigen Tag gibt es ein amerikanisches Künstler-Großkollektiv namens Biota. Entstanden 1979 in Colorado, USA, ursprünglich als Mnemonist Orchestra, war die Truppe damals ein spontanes Zusammentreffen verschiedener Interessierter aus den Bereichen Musik, bildende Kunst und Wissenschaft. Man traf sich, um die Möglichkeiten des musikalischen Live-Improvisierens zu erforschen und erzielte damit alle möglichen Sounds zwischen Freejazz, Noise, Folk und moderner Komposition.

Von Beginn an verweigerte die Gruppe die Zuhilfenahme elektronischer Instrumente, und so entstanden alle Kompositionen mit rein akustischen Mitteln. Die vorliegende CD, "Gyromancy", erschienen 1983 unter dem Bandnamen Mnemonists und beinhaltet unter anderem Klavier, Cello, E-Gitarre, Baß, Bratsche, Sitar, Harpsichord, Dudelsack, Klarinette, Schlagzeug und Metronom. Was dabei herauskommt, ist ein an- und abschwellender "wall of sound", aus dem in einzelnen Passagen das eine oder andere Instrument ausbricht. Manchmal finden sich auch eine versteckte Melodie oder ein angedeuteter Rhythmus, doch die Grundstimmung bleibt schräg und konzeptionell.

William Sharp, eines der Hauptmitglieder der Truppe, erklärte in einem seiner seltenen Interviews, daß es den Mnemonists vor allem darum gehe, die Aufmerksamkeit des Zuhörers zu erlangen und aufrechtzuerhalten. Musik dürfe nicht in den Hintergrund treten und zu einer akustischen Tapete verkommen. Um dies zu erreichen, müßten Komponisten traditionelle Strukturen aufbauen, diese jedoch im Laufe eines Stückes auch wieder zerstören und unerwartete Pfade beschreiten. Nur so könne man den potentiellen Hörer interessiert und neugierig halten.

Die Gefahr, daß "Gyromancy" zu Hintergrundmusik verkommt, ist minimal. Zu abrupt sind die Stil- und Lautstärkewechsel; zu interessant die aufkeimenden Melodien und Rhythmen. Und wie bei allen Veröffentlichungen der Formation ist auch diese CD mit einem umfangreichen Booklet ausgestattet, das die visuelle Seite der Mnemonists dokumentiert. Düstere und oft surrealistische Bilder begleiten die Musik und werfen noch mehr Fragen auf, als es der Sound allein schon tut.

Ein wunderbares Album ist nach 20 Jahren endlich wieder erhältlich und hat seit damals nichts an Faszination verloren, sondern eher noch dazugewonnen.

Walter Robotka

Mnemonists - Gyromancy

ØØØØ 1/2


Recommended/Extraplatte (USA 2004)

 

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Kommentare_

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