Musik_Archivmaterial der großen Orchester

Aus den Tonverliesen

Wenn große Orchester ihre Schatzkammern öffnen und Mitschnitte von erlesenen Konzerten und Opern in Ton und Bild veröffentlichen, ist für Musikfreunde Feiertagsstimmung angesagt. Ganz neue Perspektiven eröffnet die Tatsache, daß sich viele renommierte Orchester mittlerweile von den Musikkonzernen distanzieren und lieber auf dem eigenen Label veröffentlichen.    30.10.2015

Sehr aktiv in Sachen eigene Veröffentlichungen ist derzeit das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, das gleich mit zwei beispielgebenden Opern-Gesamtaufnahmen aufwarten kann. Wagners "Das Rheingold" unter Sir Simon Rattle und Tschaikowskis "Pique Dame" unter Mariss Jansons lassen sich in die Kategorie "Best of" einordnen.

Rattle dirigierte im Frühjahr 2015 an der Wiener Staatsoper zwei Zyklen von Wagners "Ring der Nibelungen", im Rahmen derer der EVOLVER-Klassikexperte unter anderem auch Das Rheingold besuchte und dabei erleben mußte, wie die Aufführung mehr oder minder vor dem Abgrund stand. Ganz anders die vorliegende CD: Hier zaubert Rattle mit einem erlesenen Sängerensemble (das man damals an der Staatsoper vermißte) und dem grandiosen Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks eine sternstundenreife Aufführung. Es brillierten vor allem Michael Volle als Wotan, Elisabeth Kulman als Fricka und Burkhard Ulrich als Loge. Diese Neuaufnahme schreit direkt nach einer Fortsetzung des Ring-Zyklus.

Bei Tschaikowskis Pique Dame lotete Jansons die Untiefen der (russischen) Seele musikalisch beeindruckend aus. In dem Drama um den Spieler Hermann, den Lisa erfolglos liebt und dabei den ihr versprochenen Fürst Jeletzkij verstößt, ist das mit dem Selbstmord von Hermann endende Kartenspiel nur die Pseudo-Rechtfertigung eines vorgezeichneten Todes. Jansons gießt Tschaikowskys manchmal sperriges Werk in wunderbare Klänge und spart dabei nicht mit Vehemenz und Dramatik, die man bei ihm sonst gar nicht gewöhnt ist. Großartig sind vor allem auch die Sänger, allen voran Tatjana Serjan als Lisa.

Eine Plattenaufnahme im "alten Stil" (also mit Studio-Aufnahmesitzungen) wagte Warner (die frühere EMI): Mit einer durchaus unitalienischen Solistenbesetzung produzierte man Verdis Monumentalwerk Aida in Rom. Unter Sir Antonio Pappano hört man unter anderem Jonas Kaufmann als Radames, Anja Harteros als Aida und Ekaterina Semenchuk als Amneris, wobei die Russin das tatsächliche Ereignis der Aufnahme ist. Sie strahlt mit ihrem profunden Mezzo und übertrifft alle Erwartungen. Harteros und Kaufmann sind ein interessantes und stellenweise beeindruckendes Liebespaar. Jonas Kaufmann ist, wie alle wissen, als Bühnenerscheinung ein "Blickfang". Vor dem Mikro nützt das natürlich herzlich wenig; da ist allein die Stimme ausschlaggebend. So schön er die Rolle singt und interpretiert - stellenweise "schummelt" er sich schon kräftig durch die Partitur. Bei der großen Arie "Celeste Aida", die mit einem hohen B endet, singt er den Ton mit einer reinen Kopfstimme/Falsett an und kann diesen damit leichter ausklingen lassen. Unvergessen bleibt da Luciano Pavarotti (der 2015 seinen 80. Geburtstag feiern würde), der 1984 bei der "Aida"-Premiere unter Lorin Maazel den Ton mit voller Bruststimme ansang und im fast unhörbaren Pianissimo ausklingen ließ.

Pappano macht mit seinem römischen Orchester aus Verdis Oper ein musikalisches Ereignis. Der Dirigent ist ein feiner und hochmusikalischer Mensch, von dem man sich vielleicht manchmal mehr dramatischen Zugriff wünschen würde. Trotzdem kann man die Produktion unter die Top-Aufnahmen einreihen.

Auf dem Konzertsektor kann wiederum das bayerische Symphonieorchester mit einem großartigen Mitschnitt von Beethovens Missa Solemnis aufwarten. Der bereits 86jährige niederländische Stardirigent Bernard Haitink dirigierte mit dem Orchester und dem großartigen Chor Beethovens mehr als schwieriges Werk. Die Missa könnte man als "formlose" sakrale Kriegserzählung betrachten; vor allem im Finalsatz "Agnus Dei" hört man sehr das Kriegsgeschmetter und verängstigte Vokaleinsätze. Dafür ist im Benedictus (einem Teil des Sanctus) ein Violinsolo zu vernehmen, bei dem Beethoven die Menschwerdung des Heiligen Geistes durch Jesus Christus symbolisiert. Haitink und das großartige Solistenquartett dokumentieren mit dieser CD eine denkwürdige Aufführung.

Aktiv in Ton und Bild sind die Berliner Philharmoniker: In einer exquisiten Box präsentiert das Orchester alle sieben Symphonien des finnischen Komponisten Jean Sibelius auf Audio-CDs und zwei Blu-ray-Discs. Einfach wunderbar, wie Simon Rattle hier mit den grandiosen Berliner Philharmonikern die Seelenwelt von Sibelius nachzeichnet!

Es ist kein großes Geheimnis mehr, daß sich viele Stardirigenten lieber auf die orchestereigenen Label zurückziehen (z.B. Gergiev mit den Labels LSO live oder mit dem Mariinski-Label). Nun machte der russische Maestro eine Ausnahme und produzierte gemeinsam mit dem phantastischen Cellisten bei Erato die Cellokonzerte von Dmitri Schostakowitsch. Gergiev und sein Mariinski-Orchester demonstrieren wieder einmal, wie Schostakowitschs Musik klingen kann und soll. Hier ist den Musikern ein wahrhaftes Meisterstück gelungen.

Herbert Hiess

Richard Wagner - Das Rheingold

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Vorabend zum "Ring des Nibelungen"

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Solisten: Michael Volle, Elisabeth Kulman, Benjamin Bruns, Burkhard Ulrich, Annette Dasch

 

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks/Sir Simon Rattle

 

BR (D 2015)

Links:

Peter I. Tschaikowski - Pique Dame

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Oper in drei Akten

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Solisten: Tatjana Serjan, Misha Didyk, Alexey Markov u. a.

 

Kinderchor der Bayerischen Staatsoper, Chor des Bayerischen Rundfunks

 

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks/Mariss Jansons

 

BR (D 2015)

Links:

Giuseppe Verdi - Aida

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Oper in vier Akten

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Solisten: Anja Harteros, Ekaterina Semenchuk, Jonas Kaufmann u. a.

 

Coro e Orchestra Santa Cecilia Rom/Sir Antonio Pappano

 

Warner (D 2015)

Links:

Ludwig van Beethoven - Missa Solemnis

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Messe für Soli, Chor und Orchester

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Solisten: Genia Kühmeier, Elisabeth Kulman, Mark Padmore, Hanno Müller-Brachmann

 

Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks/Bernard Haitink

 

BR (D 2015)

Links:

Jean Sibelius - Die Symphonien

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Gesamtaufnahme

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Berliner Philharmoniker/Sir Simon Rattle

 

Berliner Philharmoniker (D 2015)

Links:

Dmitri Schostakowitsch - Die Cellokonzerte

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Gesamtaufnahme

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Gautier Capucon, Cello

 

Mariinski-Orchester/Valery Gergiev

 

ERATO/Warner (D 2015)

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