Musik_Jovanotti - Buon Sangue

Habemus Papam!

Nach langer Zeugungspause hat der Papa des italienischen Rap endlich wieder ein Baby zur Welt gebracht. Und was für ein fröhliches Kind es geworden ist!    08.07.2005

Silvio Berlusconi hatte eben erst der finnischen Ministerpräsidentin ausrichten lassen, was eine wahre Kulturnation von Menschen hält, die mariniertes Rentierfleisch verzehren. Die Touristen zieht es scharenweise übers Meer nach Istrien, weil es dort gleich schön, aber ungleich billiger ist. Und dann fordert auch noch so ein Provinzpolitprofi lautstark die Lira zurück.

Italien war unsympathisch geworden. Das Land hatte eine Charmeoffensive noch dringender notwendig als Michael Jackson einen vertrauenswürdigen Vermögensverwalter. Und dann kam Jovanotti. Bringt nach drei Jahren Pause endlich wieder ein Studioalbum raus. Ausgerechnet jetzt. Kann das Zufall sein? Oder sollte der Schulterschluß zwischen Musikindustrie und Fremdenverkehrsbüro doch tadelloser funktionieren, als wir uns das überhaupt vorstellen können?

Glaub eh nicht, daß das so passiert ist. Um so einen Deal einzufädeln, müßte man mindestens in Hollywood sitzen, Europäer kriegen das nie hin. Wenn überhaupt, dann Italiener, stimmt schon, aber Jovanotti ist einfach der falsche Mann dafür. Ein Adriano Celentano für Wollhaubenträger. Der halt auch wieder einen Sommerhit haben will.

"Buon Sangue" bietet politisch korrekte Badeschlapfen für die Ohren. Schöner Schunkel-Groove, der ab und an durch eine schrille Attacke unterbrochen wird. So wie wenn du mit deiner Liebsten am Strand spazierst und auf einen spitzen Stein steigst. Kurzes Anheben der Lautstärke, Adrenalin schießt aus den Poren, aber gleich danach ist alles wieder gut und easy geht das Listening weiter.

Was dieser Mann nicht schon alles war und noch sein wird. Mit 39 schon seit 24 Jahren im Geschäft, damit käme Lorenzo Cherubini (das nur als weiteres Service unserer Abteilung "Wie Menschen wirklich heißen") in Österreich bei jeder Hacklerregelung durch. Aber ein Mensch, der Maler, Musiker, Schriftsteller und Familienvater, Berlusconi-Verweigerer, Mafia-Feind und Globalisierungsgegner, kurz das gute Gewissen in Gesamtunion geworden ist, der denkt ohnehin nicht an Pension. Der plappert lieber. Und das kann Jovanotti richtig gut.

In Italien ist Jovanotti der Papa des Rap. Der Großmeister eines gemütlich-groovigen Plaudertons, mittlerweile verfeinert mit Gewürzen, die aus allen möglichen Ecken kommen, vom Elektronik-Piepsen über acid-Bass bis hin zur Weltmusik. Das funkt und gleitet, schmutzt und schmalzt, rockt und rollt, shaked und schunkelt, daß es eine Freude ist. Irgendwann ganz knapp vorm Ende gibt es sogar einen Hauch von Bill Haley - kurz bevor so ein halb versteckter Bonustrack auftaucht, der dich dann wirklich glücklich macht und den Billigflieger nach Bibione buchen läßt. Vielleicht steckt also doch die Tourismusindustrie dahinter. Ob die EU das erlaubt?

Peter Krobath

Jovanotti - Buon Sangue

ØØØØ


Universal (Italien 2005)

 

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