Anton Bruckner: Symphonie Nr. 6 in A-Dur
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Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks/Bernard Haitink
BR-Klassik (D 2017)
So sicher wie das Christkind kommen auch die jährlichen Empfehlungen des EVOLVER-Klassikexperten für allfällige musikalische Weihnachtspräsente. 2017 sind ebenfalls wieder hervorragende Sachen dabei - wenn auch die Auswahl an qualitativ wirklich hochwertigen Interpretationen immer kleiner wird. Umso kürzer sind diesmal auch die einzelnen Musiktips. 12.12.2017
1. Ein wahrhafter Altmeister beweist wieder einmal, woran es vielen jüngeren, "technokratischen" Dirigenten am meisten fehlt: an Musikalität. Bernard Haitink führt in einem Live-Mitschnitt des Orchesters des Bayerischen Rundfunks vor, daß Bruckners 6. Symphonie viel öfter gehört werden sollte. Ein grandioses Werk in einer ebensolchen Interpretation.
2. Der erst 26jährige Daniil Trifonov ist ohne Übertreibung eines der größten Klavierwunder - und das ist nicht nur auf die derzeit agierenden Pianisten bezogen. Er begeisterte schon 2012 und auch heuer (2017) in Grafenegg und mit zwei interessanten Neuerscheinungen. Sowohl bei der Chopin-Doppel-CD als auch bei Schuberts "Forellenquintett" (mit der etwas exaltierten Anne Sophie-Mutter) beweist er eindrucksvoll seinen singulären Status in der Pianistenwelt.
3. Symphonischen Mendelssohn auf allerfeinste Art präsentieren Yannick Nézet-Séguin und John Eliot Gardiner. Während ersterer mit dem Chamber Orchestra of Europe eine höchst beachtenswerte Gesamtaufnahme aller fünf Symphonien liefert, komplettiert John Eliot Gardiner mit der 2. Symphonie - "Lobgesang" - des deutschen Komponisten seinen Zyklus. Bei Gardiner spielt das London Symphony Orchestra, und es singt der einzigartige Monteverdi Choir.
4. Von Londons orchestereigenem Label stammt die Gesamtaufnahme von Debussys Oper "Pelléas et Mélisande". Sir Simon Rattle als Chef des London Symphony Orchestra dirigiert sein Ensemble hervorragend. Es singt unter anderem seine Ehefrau Magdalena Kozena.
5. Krystian Zimerman bringt nach langer Zeit wieder ein Album heraus. Auf seinem Stammlabel Deutsche Grammophon läßt er Schuberts Sonaten zauberhaft erklingen. Eine absolute Empfehlung.
6. Die lettische Sopranistin Marina Rebeka beeindruckt mit einer neuen Rossini-Arien-CD, die Vokalfreunde sicher begeistern wird.
7. Philipp Jordan, der zukünftige Musikdirektor der Wiener Staatsoper, startet mit der Aufnahme von Beethovens 1. und 3. Symphonie "Eroica" einen neuen Beethoven-Zyklus. Hier spielen ganz hervorragend die Wiener Symphoniker, und Jordan trifft interessanterweise einen wunderbaren "Beethoven-Ton". Die philharmonischen Kollegen aus der österreichischen Bundeshauptstadt beginnen mit Andris Nelsons gleichzeitig ebenfalls ein Beethoven-Komplettwerk, das Schlimmes befürchten läßt. Es ist also durchaus möglich, daß Jordan und die Symphoniker hier in jeder Hinsicht federführend sein werden.
8. Nach einer mehrfach preisgekrönten "Alpensinfonie" von Richard Strauss spielten Kent Nagano und das Göteborgs-Symfoniker-Orchester das "Heldenleben" des bayrischen Komponisten ein. Auch hier beweisen Nagano und das Orchester wieder, daß Richard Strauss mehr als gut bei ihnen aufgehoben ist.
9. Richard Strauss´ "Bürger als Edelmann" und Anton Bruckners 2. Symphonie sind auf dem Live-Mitschnitt der Deutschen Grammophon unter Riccardo Muti enthalten. Hier brilliert das Orchester aufs Allerfeinste, während der italienische Maestro sein ganzes musikalisches Gewicht in die Interpretation legt. Eine gelungene Neuerscheinung!
10. Semyon Bychkov, der designierte Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie, produziert mit "seinem" Orchester einen Tschaikowski-Zyklus. Als Neuerscheinung kam nun die "Manfred"-Symphonie auf den Markt. Das etwas sperrige Werk ist bei Bychkov und dem Orchester in den besten Händen. Der Dirigent wurde zu Recht als Chef des Orchesters bestellt; hier ist eine vielversprechende Zusammenarbeit zu erwarten.
11. Der 40jährige Wiener Baß-Bariton Horst Lamnek brachte mit der CD "Der heitere Wolf" seine erste Solo-CD heraus. Ob Hugo Wolfs Kompositionsweise je wirklich humorvoll sein kann, muß der Hörer beurteilen - jedenfalls ist die Aufnahme exzellent gelungen und man freut sich, Lamneks wunderschönen Bariton zu hören.
12. "Händel Goes Wild" heißt eine neue CD bei Erato. Christina Pluhar produzierte mit ihrer L´Arpeggiata eine zwitterhafte Werkschau des deutschen Komponisten. Man hört hier mehr Jazz und Swing als Händel - aber Pluhar und vor allem der grandiose Valer Sabadus (Counter) machen aus der Aufnahme ein Fest.
13. Richtig weihnachtlich wird es mit den Alben "Weihnachten in Dresden" und "The Christmas Album" mit den Berliner Philharmonikern. Bei letzterem dirigiert der große Meister Herbert von Karajan barocke (weihnachtliche) Musik, unter anderem Weihnachtskonzerte von Manfredini und Locatelli. Natürlich erklingt das alles in Karajans romantischer Sichtweise - und ist trotzdem ein Erlebnis. Bei den Dresdner Weihnachten wird man zu Orchester- und Chormusik sowieso Gesängen in die sächsische Stadt "entführt".
14. Zum Abschluß noch etwas Gedrucktes: Alice Harnoncourt brachte im Residenz-Verlag eine Zusammenfassung ihrer Aufzeichnungen und Sammlungen unter dem Titel "Wir sind eine Entdeckergemeinschaft" heraus. Auf sympathische Weise läßt sie hinter die Kulissen des musikalischen Werdegangs ihres Mannes Nikolaus und des Concentus Musicus blicken. Das Barockensemble war und ist fix mit dem Namen Nikolaus Harnoncourt verbunden; sein Tod war auch für die Musiker eine gewaltige Zäsur. Nun möchte man einen Verein gründen und sucht Förderer und Sponsoren. Interessierte können sich hier melden.
Anton Bruckner: Symphonie Nr. 6 in A-Dur
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Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks/Bernard Haitink
BR-Klassik (D 2017)
Chopin Evocations
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Doppel-CD
Werke von Frederic Chopin
Daniil Trifonov, Sergei Babayan, Klavier
Mahler Chamber Orchestra/Mikhail Pletnev
Deutsche Grammophon/Universal (D 2017)
Felix Mendelssohn-Bartholdy: Symphonien 1-5
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Gesamtaufnahme
RIAS-Kammerchor
Chamber Orchestra of Europe/Yannick Nézet-Séguin
Deutsche Grammophon/Universal (D 2017)
Felix Mendelssohn-Bartholdy: Symphonie Nr. 2 in B-Dur "Lobgesang"
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Monteverdi Choir
London Symphony Orchestra/John Eliot Gardiner
LSO-Label (GB 2017)
Claude Debussy: Pelléas et Mélisande
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Gesamtaufnahme
Magdalena Kozena, Christian Gerhaher u. a.
London Symphony Orchestra/Sir Simon Rattle
LSO-Label (GB 2017)
Franz Schubert: Sonaten D959 und D960
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Krystian Zimerman, Klavier
Deutsche Grammophon/Universal (D 2017)
Amor Fatale
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Rossini Arias
Marina Rebeka, Sopran
Münchner Rundfunkorchester/Marco Armiliato
BR-Klassik (D 2017)
Beethoven: Symphonien Nr. 1 und Nr. 3
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Wiener Symphoniker/Philippe Jordan
Sony (D 2017)
Richard Strauss: Ein Heldenleben
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inkl. "Tod und Verklärung"
Göteborgs Symfoniker/Kent Nagano
FARAO classics (D 2017)
Anton Bruckner/Richard Strauss
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Richard Strauss: "Der Bürger als Edelmann"
Anton Bruckner: Symphonie Nr. 2 in c-moll
Wiener Philharmoniker/Riccardo Muti
Deutsche Grammophon/Universal (D 2017)
Tschaikowski: Manfred-Symphonie
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Tschechische Philharmonie/Semyon Bychkov
Decca/Universal (D 2017)
Der heitere Wolf
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Lieder von Hugo Wolf
Elena Larina, Piano
Horst Lamnek, Baß-Bariton
Coviello-Classics (Ö 2017)
Händel Goes Wild
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Valer Sabadus, Counter
Nuria Real, Sopran
L´Arpeggiata/Christina Pluhar
Warner Classics (D 2017)
Alice Harnoncourt: Wir sind eine Entdeckergemeinschaft
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Aufzeichnungen zur Entstehung des Concentus Musicus
Herausgegeben von Alice Harnoncourt
Residenz-Verlag (Ö 2017)
Weihnachten in Dresden
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div. Solisten, Dresdner Kreuzchor, Musica Antiqua Köln u. a.
Deutsche Grammophon/Universal (D 2017)
The Christmas Album Vol. 2
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div. Konzerte und Barockmusik
Berliner Philharmoniker/Herbert von Karajan
Deutsche Grammophon/Universal (D 2017)
Hören darf man heuer auch ganz ohne Maske. Grund genug für den EVOLVER-Klassikexperten Herbert Hiess, seine Musiktips für die Weihnachtszeit unter den virtuellen Christbaum zu legen.
Nicht nur Thomas Angyan, der zukünftige Ex-Chef des Wiener Musikvereins, hätte sich den Abschluß seiner Karriere - ebenso wie Staatsoperndirektor Dominique Meyer - anders vorgestellt. Wie so viele Kulturschaffende gingen beide der angeblichen Pandemie in die Falle.
Wer Rudolf Buchbinder ist, braucht man eigentlich niemandem mehr zu erklären. Der sich im 74. Lebensjahr befindende Star-Pianist ist in Kulturkreisen weltweit ein Begriff - und vor allem in Sachen Beethoven eine Kapazität, an der man nicht vorbeigehen kann und darf.
Pech oder Schicksal - wie auch immer man es bezeichnen mag: Daß die großartige Berliner "Carmen" schon nach der zweiten Aufführung von Amts wegen gestoppt werden musste, hätte sich niemand gedacht. Jetzt kann man sie wohl einige Zeit nur als Stream oder Aufzeichnung betrachten. Die Staatsoper unter den Linden zeigt mit ihr jedenfalls, daß sie dank ihrer hervorragenden Musiker viele der angeblichen Spitzenhäuser übertrifft.
Wie Political Correctness als brutale Verlogenheit entlarvbar ist, zeigt das Stück "Der Vorname" des Autorenduos Patellière und Delaporte. Herbert Hiess hat es in den Kammerspielen erlebt.
Alle Jahre wieder ... kommt nicht nur das Christuskind, sondern auch der "Streß", der oft zu Geschenkskäufen in letzter Minute führt. Um Verlegenheitsgaben wie Socken oder Bonbonnieren zu umgehen, hat der EVOLVER-Klassikexperte einige Tips zusammengestellt, die nicht nur eingefleischten Klassikliebhabern Freude bereiten werden.
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