Musik_Engelbert Humperdinck - Hänsel und Gretel

Ein Männlein steht im Walde

Böse alte Weiber, Kannibalismus, Tod durch Feuer - nein, dabei handelt es sich nicht um die neuen Schulhof-Handy-Videocharts, sondern um alte Märchenmotive. Vor denen sollte man die lieben Kleinen auch musikalisch nicht verschonen.    17.02.2003

Das Märchen "Hänsel und Gretel", das für die zartfühlenden Kinder von heute als zu grausam eingestuft wird, gibt es auch in einer wunderbaren Vertonung von Engelbert Humperdinck, der seine Affinität zu Richard Wagner nicht verleugnen kann. Obwohl die Oper sehr eigenständig komponiert ist, erinnert ihre Instrumentierung sehr oft an die Werke "Rheingold" oder "Walküre" der musikalischen Vaterfigur. Bekannte Kinderlieder wie "Suse, liebe Suse" oder "Ein Männlein steht im Walde" wurden als Attraktion für die Kinder - wenn sie´s denn hören dürfen - meisterhaft eingearbeitet.

Sir Georg Solti hat "Hänsel und Gretel" 1978 in den Wiener Sofiensälen produziert, wobei ihm eine unvergleichliche Glanzbesetzung zur Verfügung stand: Lucia Popp und Brigitte Fassbaender geben hier das Geschwisterpaar, Julia Hamari und Walter Berry die Eltern, und Anny Schlemm eine beeindruckende und furchterregende Hexe. Edita Gruberova ist noch dazu in der "Nebenrolle" des Taumännchens zu hören. Und last but not least zaubert Solti mit den Wiener Philharmonikern einen formidablen Klangteppich unter dem Märchen.

Die Aufnahmetechnik beweist, was für ein superbes Tonstudio die Wiener Sofiensäle waren. Besser kann man diese Oper auf CD nicht bekommen - und live leider gar nicht mehr hören.

Herbert Hiess

Engelbert Humperdinck - Hänsel & Gretel

ØØØØØ


Decca Classics/Universal (D 2002)

 

Gesang & Chor: Brigitte Fassbaender, Lucia Popp, Julia Hamari, Walter Berry, Anny Schlemm; Wiener Sängerknaben

Wiener Philharmoniker/Sir Georg Solti

Links:

Kommentare_

Musik
Weihnachtliche Musiktips im Corona-Jahr

Geschenktips für Klassikfreunde

Hören darf man heuer auch ganz ohne Maske. Grund genug für den EVOLVER-Klassikexperten Herbert Hiess, seine Musiktips für die Weihnachtszeit unter den virtuellen Christbaum zu legen.  

Musik
Orchesterkonzert der Wiener Philharmoniker

Seltsame Zeiten

Nicht nur Thomas Angyan, der zukünftige Ex-Chef des Wiener Musikvereins, hätte sich den Abschluß seiner Karriere - ebenso wie Staatsoperndirektor Dominique Meyer - anders vorgestellt. Wie so viele Kulturschaffende gingen beide der angeblichen Pandemie in die Falle.  

Print
Rudolf Buchbinder im Interview

Reise durch den Beethoven-Kosmos

Wer Rudolf Buchbinder ist, braucht man eigentlich niemandem mehr zu erklären. Der sich im 74. Lebensjahr befindende Star-Pianist ist in Kulturkreisen weltweit ein Begriff - und vor allem in Sachen Beethoven eine Kapazität, an der man nicht vorbeigehen kann und darf.  

Musik
Wiederaufnahme in der Berliner Staatsoper

Carmen in der Corona-Krise

Pech oder Schicksal - wie auch immer man es bezeichnen mag: Daß die großartige Berliner "Carmen" schon nach der zweiten Aufführung von Amts wegen gestoppt werden musste, hätte sich niemand gedacht. Jetzt kann man sie wohl einige Zeit nur als Stream oder Aufzeichnung betrachten. Die Staatsoper unter den Linden zeigt mit ihr jedenfalls, daß sie dank ihrer hervorragenden Musiker viele der angeblichen Spitzenhäuser übertrifft.  

Stories
"Der Vorname" in den Kammerspielen

Makabre Wohnzimmerkomödie

Wie Political Correctness als brutale Verlogenheit entlarvbar ist, zeigt das Stück "Der Vorname" des Autorenduos Patellière und Delaporte. Herbert Hiess hat es in den Kammerspielen erlebt.  

Musik
Last-Minute-Ideen für Klassikliebhaber

Weihnachtliche CD-Tips aus Wien

Alle Jahre wieder ... kommt nicht nur das Christuskind, sondern auch der "Streß", der oft zu Geschenkskäufen in letzter Minute führt. Um Verlegenheitsgaben wie Socken oder Bonbonnieren zu umgehen, hat der EVOLVER-Klassikexperte einige Tips zusammengestellt, die nicht nur eingefleischten Klassikliebhabern Freude bereiten werden.