Musik_Elvis Costello - The Delivery Man

Im Süden nichts Neues

Nach Ausflügen in Richtung Jazz, Orchesterwerk und Kammermusik kehrt Elvis Costello wieder zu seinen rockigen Wurzeln zurück.    03.12.2004

Nach vielen teils geglückten, teils entsetzlich mißglückten Ausflügen in diverse Musikgenres wirft Elvis Costello mit "The Delivery Man" wieder einmal ein trockenes Rock-Album auf den Markt. Begleitet wird der Meister dabei von seiner neuen Band The Imposters, die mit wenigen Ausnahmen eigentlich die guten alten Attractions sind.

Der Opener des Albums, "Button My Lip", ist ausgezeichneter klassischer Costello-Rock. "I don´t wanna talk about the government" lautet die erste Textzeile auf der Platte, was die politische Ausrichtung Costellos sympathischerweise gleich einmal vorwegnimmt. Trotzdem flattern während der Nummer mehrmals Klavierpassagen aus Leonard Bernsteins "America" vorbei ...

Danach wird es ruhiger, und die erste Ballade bremst gleich einmal ganz gewaltig den Flow des Openers. In fast mathematischem Rhythmus wechseln schnelle und langsame Nummern einander ab, wobei der Gesamteindruck eher ein besinnlicher bleibt. Das Flair der amerikanischen Südstaaten zieht sich durch die gesamte LP, gospelartiger Memphis-Soul klingt genauso durch wie Steel-Gitarren und die Südstaaten-Gastsängerinnen Emmylou Harris und Lucinda Williams.

Produziert wurde das Werk von Dennis Herring (der beispielsweise für die Counting Crows gearbeitet hat), und genauso klingt "The Delivery Man" leider auch: nach einem von vielen Tausend nicht schlechten, aber auch nicht wirklich notwendigen Ami-Rock-Alben, die keine Tiefe besitzen, aber auch nicht wehtun. Würde nicht Costellos außergewöhnlich schöne Stimme über all dem durchschnittlichen Sound schweben, bliebe die CD wohl keine zehn Minuten im Player.

Herausragende Titel zu nennen ist fast unmöglich; neben dem Opener erinnert eventuell noch das Piano in "The Name of This Thing Is Not Love" an frühe Meisterwerke. "The Scarlet Tide" ragt in seiner kargen Instrumentierung aus Gesang und Ukulele auch noch ein wenig heraus, klingt jedoch dank Emmylou Harris´ Stimme zu Country-lastig, um wirklich Freude aufkommen zu lassen. Fazit: Costello ist wieder in dem Genre gelandet, das ihm am besten steht, aber von einer wirklich guten Platte noch meilenweit entfernt. Doch was nicht ist, kann ja noch werden.

Walter Robotka

Elvis Costello - The Delivery Man

ØØØ


Lost Highway/Universal (USA 2004)

 

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