Console - Mono
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Disko B (D 2006)
Martin Gretschmann überrascht auf seinem neuen Album mit "Classic Ambient" und feinen Songs - wie es sich für einen manischen Nonkonformisten gehört. 06.12.2006
Console, das überaus ehrgeizige Nebenprojekt von Notwist-Keyboarder Martin Gretschmann, hat schon viele Stilrichtungen bearbeitet. Am Anfang war elektroakustische, Beat-getriebene Improvisationsmusik ("Rocket In My Pocket"). Danach stand Elektropop auf der Speisekarte; erste Charts-Erfolge gemeinsam mit Tocotronic ("Freiburg V.3.0") ließen nicht lange auf sich warten. Ende der 90er Jahre war Console ein genreprägendes Zwitterwesen, die perfekte Symbiose aus Pop und Elektronik, mit einer gehörigen Portion Techno (um Platz für Remixe aller deutschen DJ-Größen zu schaffen).
Wie ein Chamäleon wechselt Gretschmann immer wieder seine Instrumentierung. Nach dem gemeinsam mit The Notwist eingespielten, grandios-rockigen "14: Zero Zero" handelte er sich sogar einen Major-Deal ein (bei EMI/Virgin). Mit dem darauffolgenden fulminanten Doppelalbum "Reset the Preset" befand er sich 2002 unzweifelhaft auf dem Zenit seiner Karriere.
Umso erstaunlicher ist es, daß Consoles neuester Streich "Mono" auf Disko B erscheint, einem Münchner Label, das auf Techno aller Richtungen spezialisiert ist. Es sieht so aus, als habe Gretschmann auf seinen "großen" Plattenvertrag verzichtet, um endlich wieder in aller Ruhe dem nachzugehen, was er am liebsten macht: Sounds basteln.
Somit erscheint uns die Consolesche Evolution als kohärent: Ambient Music, von Brian Eno in den 60ern und 70ern entwickelt, kommt ohne Stimmen aus und besteht ausschließlich aus Sound. Beim Hören der elf Tracks von "Mono" geht einem daher vieles durch den Kopf. Gleich der Opener erinnert mit seinen - dank LoFi-Distorsion verwaschenen - Melodie-Loops an Popol Vuhs magische Mäander. Gretschmann paßt fürsorglich auf, um seinen Kompositionen einen antiken Anstrich zu verpassen. Auf dem fast schon prophetischen "To Catch A Beat" sorgt er mit digitalem Schallplattenknistern dafür, daß wir uns zurückfallen lassen, in eine Zeit, als Synthesizer statt PCs die Studios zierten.
Die 70er Jahre markieren schließlich den Frühling, die Kindheit der Elektronik. Und Gretschmann steht mit dem Willen, an die Zeiten der "Großen Kosmischen Musik" (wie das in den Seventies hieß) zu erinnern, keineswegs alleine da - man denke nur an das letzte Album von Jan Jelinek.
Völlig ohne Lyrics kommt Herr Console dann aber doch nicht aus. Miriam Osterrieder leiht ihm auf einigen Tracks ihre Stimme (wie schon auf "Reset The Preset", da aber ohne Credit), etwa auf der Cover-Version "By This River". Einen deutlicheren Hinweis auf Gretschmanns Intention, alte Zeiten heraufzubeschwören, kann man sich nicht wünschen; immerhin waren für das Original die drei Großmeister der Ambient-Musik (Eno, Moebius & Roedelius) verantwortlich. Es möge sich also bitte niemand wundern, wenn "Mono" beim Hörer Flashbacks an Harmonia oder La Düsseldorf auslöst.
Die zweite Coverversion, "Starpower" (von Sonic Youth) paßt da schon weniger ins Konzept, ist sie doch ein Relikt aus den weit weniger spacigen Achtzigern. Allerdings rechtfertigt der Text die Aufnahme ins Repertoire, weil "Peace, Love, Open Sex" immerhin als Schlüsselworte des Flower-Power-Zeitgeistes gelten und genauso symbolbeladen sind wie die erste bemannte Mondlandung. "Mono" verweist aber noch auf etwas anderes: In den 70er Jahren setzte "Stereo" schließlich auch hierzulande seinen Siegeszug fort, und immer mehr Menschen entschlossen sich, in die damals noch unverschämt teure Stereoanlagen zu investieren.
Fazit: Console kehrt auf "Mono" zu seinen eigenen Wurzeln (und jenen der elektronischen Musik insgesamt) zurück. Er verzichtet auf Techno- oder Pop-Spielereien und taucht uns in einen Pool verträumter Ambient-Melodien.
Und da drin lassen wir uns gern taufen ...
Console - Mono
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