Bonnie "Prince" Billy - The Letting Go
ØØØØ 1/2
Domino/edel (USA 2006)
Melodienmangel und Ideenlosigkeit sind für ihn ebenso Fremdwörter wie Schreibblockaden. Auf seinem aktuellen Album übt Will Oldham sich in der Kunst des Loslassens. 12.10.2006
Kurzsichtigkeit kann mehr als eine Beschneidung der Sehschärfe sein. Mitunter schlägt sie sich auch auf die Ohren. Trotz einer bereits erstaunlich in die Länge geschossenen Diskographie ist das unter Bonnie "Prince" Billy veröffentlichte "The Letting Go" für die Autorin der erste Tonträger von Will Oldham. Warum eigentlich? Mit nachvollziehbaren, vor allem aber akzeptablen Begründungen hierfür ist man bald einmal am Ende.
Das aktuelle Album macht die Schwere des Vergehens "Weigerung der Zur-Kenntnisnahme" deutlich. Will Oldham bietet kein Futter für ein hastiges Zwischendurchhören oder eine hohe Pulsfrequenz, sondern zeigt den Weg, auf dem man zur Ruhe kommt.
Bei "The Letting Go" mag die Umgebung als ausgleichendes Element mitgespielt haben. Die Aufnahmen dazu fanden nämlich im Greenhouse Studio in Reykjavik statt. In den Stücken spiegelt sich die weitläufige Harmonie der Naturschönheit Islands wider. Das Album paßt somit in den Raum zwischen hell und dunkel und gibt sich wie ein Buch, das nicht bei grellem Lampenschein, sondern viel lieber bei diffusem Tageslicht oder Kerzenflimmern gelesen werden will. Ist es seine Handlung, die so zu fesseln versteht? Das kann man zwar nicht abstreiten, doch die Akzente setzt es auf andere Weise.
Wäre "The Letting Go" tatsächlich ein Buch, so würde es weniger durch den Strang, an dem sich der Inhalt entlangbewegt, an Aussagekraft gewinnen, als durch die Färbung der Sprache.
Wörter fügen sich zur Melodie und werden durch eine gefühlige Betonung weitergeschoben. Instrumente stützen meist nur spärlich Wills Gesang, der auf diese Hilfe ohnehin gar nicht angewiesen wäre. Seine Stimme kommt aus eigener Kraft zum Tragen, da sie es zuläßt, durch Emotionen bei aller Deutlichkeit brüchig werden zu dürfen. Dann wieder wirbeln Streicher um seine Stimme herum, reißen für einen kurzen Moment aus der Verinnerlichung in die Erhabenheit. Eine gute Stunde lang dehnt der Songwriter Empfindungen - und wirkt gerade in den Momenten höchster Behutsamkeit (etwa in "No Bad News") besonders eindringlich.
Bonnie "Prince" Billy - The Letting Go
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Domino/edel (USA 2006)
Thomas Hansen hat den Heiligenschein wieder hervorgeholt und aufpoliert. Der Norweger nimmt sich Zeit zum Erzählen von Geschichten, die der Nachdenklichkeit genug Raum und der Melodie ausreichend Auslauf bieten, um in Schwung zu kommen.
Seit 2002 geben vier Schwedinnen leise Laute von sich. Schlicht und bescheiden schwelgen sie in wohliger Traurigkeit, um gleich darauf mit einem Hochgefühl aufzuerstehen.
Für ihre Ausdauer beschenken sich die Lassos mit eigenen Songs und legen nach elf Jahren Band-Geschichte ihr drittes Album vor. Motto: wie früher, aber anders.
Melodienmangel und Ideenlosigkeit sind für ihn ebenso Fremdwörter wie Schreibblockaden. Auf seinem aktuellen Album übt Will Oldham sich in der Kunst des Loslassens.
Die Schweden machten nicht nur durch ihre Musik, sondern auch durch rotzfreche Vergleiche auf sich aufmerksam. Der naive Übermut ist weg - aber goschert sind sie heute noch.
Es war einmal ein Songwriter, der auf der Suche nach Musikern und einem passenden Namen in Hollywood fündig wurde. Wo ließe sich Erfolg auch besser lernen?
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