Musik_Idomeneo und La Fura dels Baus
Farbenrausch in St. Pölten
Anläßlich des 10-Jahres-Jubiläums des Opernhauses an der Wien konnte man Mozarts "Idomeneo" als konzertantes Remake zur szenischen Aufführung erleben - zumal diese die Bühnenproduktion in jeder Hinsicht verblassen ließ. In St. Pölten wiederum verwandelte die katalanische Künstlergruppe La Fura dels Baus Respighis römische Tondichtungen in berauschende Bilder.
22.02.2016
Es ist nun auch schon wieder mehr als zwei Jahre her, daß im hochgeschätzten Theater an der Wien Mozarts "Idomeneo" gegeben wurde. Überhaupt ist das zehnjährige Jubiläum des Hauses ein guter Anlaß, Intendant Geyers Parforceakt zu würdigen, gegen den ebenso allmächtigen wie entbehrlichen Ioan Holender ein neues Opernhaus als Counterpart zur Wirkungsstätte des Rumänen zu gründen. Holender behält man nur als Tyrann gegenüber seinen "Untergebenen", als Produzent teurer Müll-Inszenierungen ("Rienzi", "Il Trovatore", "Lohengrin" ...) und vor allem als Wegbereiter des Abstiegs der musikalischen Qualität in Erinnerung. Daß er sich mit vielen großartigen Künstlern so zerstritt, daß diese die Staatsoper nicht mehr betreten wollten, wurde den vielen Speichelleckern aus Politik und Medien ja niemals bewußt.
Nach dem Resümee nur zurück zur Jubiläums-Gegenwart: Die Inszenierung von "Idomeneo" 2013 war nicht wirklich von Erfolg gekrönt, da der ansonsten begabte Regisseur Damiano Michieletto Mozarts geniale Musik geradezu im Sand ersticken ließ. Zwei Jahre später hatte man die Gelegenheit, die Opera seria in ungleich besserer Qualität als Jubiläumsvorstellung zu genießen.
Natürlich waren wieder René Jacobs und das Freiburger Barockorchester die Hauptausführenden; dafür hatte man aber ein rundum besseres Sängerensemble zur Hand - angefangen vom interessanten Jeremy Ovenden als Idomeneo, dem noch besseren Julien Behr als Arbace und vor allem Gaelle Arquez als großartiger Idamante. Sophie Karthäuser als Ilia und Alex Penda als Elettra paßten perfekt zu der Spitzenaufführung.
Eine richtige Performance bot dann der Respighi-Abend im Festspielhaus St. Pölten, der alles andere als eine "konventionelle" Konzertaufführung war. Diesmal konnte man die drei an Rom orientierten Tondichtungen Respighis endlich auch sehen. Unter dem Titel "Trilogia Romana" wurden die "Feste Romane" ("Römische Feste)", "Fontane die Roma" ("Römische Brunnen") und letztlich die monumentalen "Pini di Roma" ("Römische Pinien") visualisiert.
Carlos Padrissa ist einer der Gründer der katalanischen Theatergruppe La Fura dels Baus (frei übersetzt: "Das Frettchen der els Baus"), die die Theaterwelt regelrecht revolutioniert haben. Sie lassen ihrer Phantasie immer freien Lauf, wobei sie nie ihre hohe Musikalität verlieren. Die meisten ihrer Inszenierungen ordnen sich der Musik unter.
In St. Pölten konnte man nun die Österreich-Premiere dieser Video-Performance bestaunen und bewundern. Es war einfach umwerfend, wie die Katalanen die faszinierende Musik in berauschende Bilder umsetzten, ohne daß die Klänge dabei je gestört oder "übertüncht" wurden. Dank der exzellenten Technik der St. Pöltner wurde aus diesem Abend eine Reise ins Reich der Phantasie, die jedoch immer Bezug zur (römischen) Mythologie und zeitgemäßer Realität hatte.
Die musikalische Aufführung der brillanten Tonkünstler lag in der Hand des jungen Mallorquiners Antonio Méndez, der als Einspringer schon 2014 in Grafenegg einen Vorgeschmack mit den "Pini di Roma" lieferte. Auch diesmal hätte man sich zwar gelegentlich mehr Leidenschaft (vor allem bei den "Pini") gewünscht, doch Méndez dürfte ein ausbaufähiges Talent sein. Großartig waren auch die solistischen Leistungen der einzelnen Orchestermusiker. Diese Performance sollte man öfters bringen, weil sich etwas derartiges nur live genießen läßt.
Herbert Hiess
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